Dämmerschlaf - Roman
glänzende Parkett und alle Spiegel für sich. So war sie eben: Sie besaß das Talent, die ganze Tanzfläche leer zu fegen, ganz gleich, wie leise sie eintrat. Und heute Aben d …!
Nun ja, dachte Manford, vielleicht waren die anderen Frauen wirklich ein wenig zu festlich angezogen. Alle Frauen neigten dazu, sich zu elegant anzuziehen, wenn sie bei den Manfords speisten; immer trugen sie zu viel Schmuck und glitzernde Gewänder. Selbst in Cedarledge herrschte bei Paulines Einladungen eine New Yorker Atmosphäre. Und Lita in ihrem glatten, weißen, schlichten Kleid, schlank und schmucklos wie ein Renaissanceengel, mit ihrer knappen Kappe aus goldfischfarbenem Haar, keine Pailletten, kein einziges Schmuckstück, nicht einmal eine Perle, ließ die Kleider der anderen Frauen aussehen wie Polsterbezüge.
Manford, am Kamin, schon im Voraus leicht gelangweilt und dennoch gezwungen anzuerkennen, dass alles wirkungsvoll arrangiert war, wie jede Inszenierung seiner Frau – Manford spürte das Provozierende dieses lautlosen Auftritts, dieses Schimmerns, das sich allmählich in ein Leuchten verwandelte, und drehte sich zu Mrs Herman Toy um. Dort war es taghell. Die gewohnte Rubens-Üppigkeit, gerötet vom Golfspielen bei starkem Wind, von einem letzten Cocktail vor dem Anziehen und von einem dieser elastischen Futterale, in das sich die Frauen – die üppigen Frauen – unter hektischem Geschlängel hineinzwängten. Nun ja, er hatte es gern reif bei einer Frucht, die man frisch gepflückt aß. Und Gladys’ maisgelbes Haar besaß fast so viel Sprungkraft und Farbschattierungen wie das rote der anderen. Aber die Stimme, das Kleid, der Schmuck, dieser marktschreierische Schmuck! Ein Cartier-Schaufenster, ausgestreut über einer Erdbeermouss e … und der lebhafte, besitzergreifende Blick, so taktlos, so dreist und dennoch irgendwie verschämt! Wo es doch die wichtigste Aufgabe einer Frau war, sich für das eine oder das andere zu entscheide n … Ein Mann musste sich darum nicht scheren, solange sie einen mit ihrem Augengeklimper nicht lächerlich macht e … Warum konnten manche Frauen nicht immer Golfkleidung tragen – wenn sie schon etwas tragen mussten? Galagarderobe war nicht jedermanns Sach e … Jetzt unterhielt sich Lita mit Gladys und hob die kastanienbraunen Augenbrauen nur ein ganz klein wenig. Was für ein Gegensatz! Und Gladys noch purpurroter und befangener – mein Gott, warum trug sie nur ein so eng anliegendes Kleid? Und dieser Salonschwulst! Warum konnte sie nicht einfach «Hallo!» trällern, wie draußen im Freien?
Die Marches a … Wie oft musste er sich von Pauline noch sagen lassen: «Amalasuntha zu deiner Rechten, mein Lieber.» Ach, hätte er nur in eine Welt entkommen können, wo niemand Dinner veranstaltete und es keine Marchesas zur Rechten gab! Er wusste auswendig, wie die kleinen Käsesoufflés aussahen, die, leicht wie Cherubimfedern, vor der Suppe gereicht wurden, auf den vergoldeten Silbertellern mit dem Familienwappen. Alles in Cedarledge war vergoldetes Silber. Pauline hatte es wie immer zuwege gebracht, die Einladung nach New York zu verpflanzen, wo er doch nichts weiter wollte als seine Ruhe haben, seine Pfeife rauchen und mit Nona und Lita reiten oder wandern. Warum merkte sie das nicht? Ihr wachsamer Blick suchte den seinen – anerkennend oder mahnend? Was sagte sie gerade? «Der Kardinal? O ja. Es ist alles geregelt. Ganz reizend von ihm! Natürlich müssen Sie alle kommen. Aber nach dem Essen habe ich noch eine kleine Überraschung für Sie. Nein, vorher kein Wort, und wenn Sie mich foltern.» Was in aller Welt meinte sie?
«Eine Überraschung? Ist das eine Überraschungsparty?» Das war jetzt Amalasuntha. «Dann muss ich meine Überraschung auch hervorholen. Aber Pauline hat es Ihnen sicher schon gesagt. Das mit Michelangelo und Klawhamme r … Cesare Borgi a … eine Summe, die ich nicht zu nennen wage; Sie würden glauben, ich hätte die Zahlen durcheinandergebracht. Aber ich habe es schwarz auf weiß. Natürlich ist Michelangelo, wie die Produzenten sagen, haargenau der richtige Typ – mehr, als sie je zu hoffen gewagt haben.» Was fantasierte diese Frau da? «Sein Schiff läuft morgen aus», sagte sie. Sein Schiff – fuhr dieser verfluchte Michelangelo denn ständig auf den Weltmeeren herum? Waren seine Schulden nicht unter der ausdrücklichen Bedingung bezahlt worde n … Aber nein. Man hatte nichts schwarz auf weiß, wie die Marchesa das nannte. Er hatte die Schulden in der
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