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Dämmerschlaf - Roman

Dämmerschlaf - Roman

Titel: Dämmerschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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stillschweigenden Annahme getilgt, dass nur die nackte Not Michelangelo dazu bewogen hätte, seine Reize an New York zu verschwenden. Die nackte Not – oder die Chance, sie für immer zu überwinden! Ein Vermögen durch einen Klawhammer-Film. Unermesslich, wie Amalasuntha sagt e …
    «Es ist der Typus, verstehen Sie? Unter uns gesagt, geht seit jeher das Gerücht, in den Adern der San Fedele fließe auch Borgia-Blut. Eine unartige Ahni n … Vielleicht ist Ihnen die Ähnlichkeit aufgefallen? Kennen Sie das wunderbare Profilporträt 56 von Cesare Borgia in schwarzem Samt? In welchem Museum hängt das noch gleich? Ach, ich weiß – das war in der ‹Vogue› 57 !» Amalasuntha warf sichtlich stolz auf ihr Wissen den Kopf zurück. Da behaupteten die Neider, die Italiener verstünden nichts von ihrem künstlerischen Erbe! «Ich weiß noch, wie beeindruckt ich damals war; ich sagte zu Venturino: ‹Das ist ja ein Bild von unserem Jungen!› Allerdings muss Michelangelo sich einen Bart wachsen lassen, und das macht ihn wüten d … Aber bei diesen vielen Millionen!»
    Manford schaute hoch und fühlte zwei Blicke auf sich gerichtet. Gladys Toys große blaue Augen hatten ihn schon immer an Suchscheinwerfer erinnert, heute Abend allerdings schrieben sie ihrer beider Geschichte regelrecht wie ein Reklameflugzeug über seinen Kopf… Diese Närrin! Aber galt der andere Blick auch ihm? Litas halb verschleiertes Funkeln – hing das nicht eher an den Lippen der Marchesa, straff gespannt wie ein Telefonkabel? Klawhamme r … Michelangel o … ein Borgia-Fil m … Diesen lauschenden Augen entging keine Silb e …
    «Die Angebote, die diese Burschen nach allen Seiten machen, nimmt doch niemand richtig ernst. Warten Sie, bis ich Ihren sogenannten Vertrag seh e … Falls Sie wirklich der Ansicht sind, dass sei eine Arbeit für einen Gentleman», brummte Manford.
    «Aber, lieber Freund, ein Gentleman kann nicht wählerisch sein! Aus wem besteht heutzutage die wirkliche Arbeiterklasse? Leider aus unserem uralten Adel! Abgesehen davon – ist es denn entwürdigend, ein Kunstwerk zu schaffen? Ich dachte, in Amerika hält man so viel von Kreativität ode r … wie nennen Sie es – Schaffenskraft. Ist es weniger kreativ, einen Film zu drehen, als Badewannen herzustellen? Gibt es eine edlere Aufgabe, als Millionen Menschen mit Hilfe schöner Bilder die Geschichte nahezubringen ? … Ja! Ich sehe, dass Lita zuhört, und weiß, dass sie mir recht gib t … Lita! Was für eine Lucrezia für seinen Cesare! Aber warum so entrüstet, lieber Dexter? Sie wissen doch, dass Lucrezia Borgia rehabilitiert ist? 58 Auch das habe ich in der ‹Vogue› gelesen. Sie war eine absolut untadelige Frau – und ihr Haar hatte genau die gleiche Farbe wie das von Lita.»
    Sie tranken im Salon gerade die letzten Schlucke Kaffee; die Türen zur großen Bibliothek, in der die Männer zu rauchen pflegten, standen offen – jener Bibliothek, die Pauline in ihrer (laut Stanley Heuston) grenzenlosen Ehrlichkeit tatsächlich mit Büchern vollgestellt hatte.
    «Oh, was ist das denn? Doch nicht etwa ein Feuer ? … Ein Kamin im Haus ? … Aber es ist hie r … doch kei n …»
    Aufgeschreckt vom plötzlichen Sirenengeheul, Hupen, Rennen und Rasseln in der Auffahrt, wogten die Frauen über das Parkett, strömten unter kleinen Schreckensschreien hinaus in die Halle und sahen, wie der unerschütterliche Powder zwei vollkommen gleich gekleidete Lakaien anwies, die Doppeltür aufzustoßen.
    «Brennt es? Die Feuerspritz e … di e … ach, es ist eine Feuerwehrübung ! … eine Vorführung! Wie realistisch! Wie reizend von Ihnen! Was für eine wunderschöne Feuerspritze!»
    Pauline stand, die Uhr in der Hand, lächelnd da, als das Feuerwehrauto die Auffahrt hinaufrasselte und sich hinter der Spritze in Stellung brachte. Die große Laterne über der Haustür warf ihr Licht auf den frischen leuchtend roten Lack, das auf Hochglanz polierte Messing, die erregt wippenden Helme und schweißnassen Gesichter der Feuerwehrmänner und die blitzenden Scheinwerferblenden.
    «Nur fünf Minuten, auf die Sekunde! Wunderbar!» Sie begrüßte der Reihe nach jedes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr mit Handschlag. «Ich kann Ihnen gar nicht genug gratulieren – jedem Einzelnen von Ihnen! Solch eine Leistun g … Sie agieren wirklich wie eine Berufsfeuerwehr. Niemand würde glauben, dass dies ihr erster Einsatz war! Dexter, sagst du ihnen bitte, dass unten ein warmes Abendessen auf sie

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