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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Straßengraben und rannte dann keuchend über das Feld auf die Bäume zu. Ihre hohen Absätze versanken in der weichen Erde, und das kniehohe Unkraut zerriß ihre Strümpfe und zerkratzte ihre Beine. Sie trat in ein Loch und verstauchte sich den Fuß – doch das alles ignorierte sie, während sie, so schnell sie konnte, auf das Pferd zurannte.
    Das Tier tänzelte zur Seite, und da sah sie den Mann.
    Bis jetzt hatte sie ihn nicht bemerkt, weil er auf der anderen Seite des Tieres gestanden und durch das Gebüsch verdeckt gewesen war.
    Das Dilemma lag nicht an den Zügeln. Der Mann hielt sie in der Faust und in der anderen einen Ast, mit dem er roh auf das Pferd einschlug.
    Blinde Wut flammte in Roanna empor und erfüllte sie mit neuer Kraft. Sie hörte sich laut rufen, sah, wie der Mann überrascht in ihre Richtung blickte; dann schoß sie auch schon durchs Unterholz, warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen ihn und stieß ihn beiseite. Das hätte sie nie geschafft, wenn er darauf gefaßt gewesen wäre – doch sie hatte ihn unvorbereitet erwischt. »Hören Sie sofort auf!« kreischte sie und stellte sich zwischen ihn und das verängstigte Pferd. »Wagen sie es ja nicht, dieses Tier nochmals zu schlagen!«
    Er fing sich wieder und hob den Arm, als ob jetzt sie an der Reihe wäre. Roanna sah sein wutverzerrtes Gesicht, die gefährlich blitzenden Augen, doch sie wich nicht vor ihm zurück. Vor eigenen Gefühlsausbrüchen mochte sie sich ja hüten; doch das hieß noch lange nicht, daß sie zusah, wie ein unschuldiges Tier, ganz besonders ein Pferd, mißhandelt wurde. Sie wappnete sich gegen einen möglichen Schlag. Wenn er sie angriff, konnte sie sich ducken und versuchen, seinen Hieb zu unterlaufen, wodurch er vielleicht nochmals aus dem Gleichgewicht geriete. Wenn ihr das gelang, würde sie keine Zeit mehr verlieren, sich rasch aufs Pferd schwingen und davonreiten, was das Zeug hielt.
    Seine Augen besaßen eine stählerne, hellblaue Farbe, sehr außergewöhnlich. Mit erhobenem Arm trat er einen Schritt auf sie zu. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen, der Mund geifernd verzogen, und er fauchte: »Du miese elende Schlampe ...«
    »Wer sind Sie?« zischte Roanna und trat ihrerseits einen Schritt vor, um ihm zu zeigen, daß sie keine Angst hatte. Es war nur ein Bluff – auf einmal fürchtete sie sich ganz grauenhaft –, aber ihre Wut war immer noch so groß, daß sie nicht zurückwich. »Was haben Sie auf unserem Grund zu suchen?«
    Vielleicht dachte er ja, daß es doch keine so gute Idee war, sie zu schlagen. Auf alle Fälle blieb er stehen und ließ den Arm zögernd sinken. Er stand etwa einen halben Meter von ihr entfernt und schleuderte ihr zornige Blicke zu. Sein Atem ging schwer und keuchend.
    »Wer sind Sie?« wiederholte sie bellend. Etwas an ihm kam ihr fast unheimlich vertraut vor. Aber sie wußte ganz genau, daß sie ihn noch nie gesehen hatte, denn diese messerscharfen Augen und den dicken Schopf grauer Haare hätte sie bestimmt nicht vergessen. Er war sehr kräftig gebaut und mußte bereits über die Fünfzig sein. Seine breiten Schultern und der massige Brustkorb verliehen ihm eine Erscheinung von primitiver Kraft. Was sie jedoch am meisten verstörte, war das Böse, das ihn irgendwie greifbar umgab. Nein, nicht ganz, es war unpersönlicher als das – es war eine vollkommene Amoralität, ein Fehlen jeglichen Gewissens. Ja, genau. Seine hellen Augen funkelten, doch es war ein kaltes, totes Gleißen.
    »Wer ich bin, geht Sie nichts an«, schnauzte er. »Und was ich tue, genausowenig.«
    »Wenn Sie es auf unserem Grund und Boden tun, dann schon. Wagen Sie es ja nicht, dieses Pferd nochmal zu schlagen, haben Sie verstanden?«
    »Das ist mein Pferd, und ich mach, verdammt nochmal, was ich will mit ihm. Das Biest hat mich abgeworfen.«
    »Dann sollten Sie vielleicht erst mal reiten lernen«, erwiderte sie hitzig. Sie drehte sich um und schnappte sich die herunterhängenden Zügel. Dann sprach sie beruhigend auf das Tier ein, während sie ihm den Hals klopfte. Es schnaubte nervös, beruhigte sich aber allmählich unter ihrer Hand. Das Pferd war kein teures Vollblut, wie Lucindas verhätschelte Babys; von Rasse und Herkunft konnte keine Rede sein; doch für Roanna war das noch lange kein Grund, es zu mißhandeln.
    »Warum kümmern Sie sich nicht um Ihre eigenen Angelegenheiten, Allergnädigste ... dann verzichte ich vielleicht darauf, Ihnen Manieren beizubringen!«
    Seine bedrohliche Stimme ließ sie

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