Daemmerung der Leidenschaft
Stuhl ein wenig, damit er sie voll ansehen konnte, und starrte sie nur eine ganze Weile wortlos an, bis Roanna so nervös wurde, daß sie anfing zu schwitzen. Ein seltsames, heißes Funkeln stand in seinen Augen. »Warum nicht?« fragte er schließlich leise.
Roanna wünschte verzweifelt, sie hätte den Mund gehalten. Ihr impulsives Nein beruhte auf Klatsch, den sie heute nachmittag auf dem Organisatorentreffen des Jazzfestivals aufgeschnappt hatte. Wenn Webb sie nun anhörte und dann mit einem nachsichtigen Lächeln abtat, wie man es mit einem Kind machte, das eine amüsante Schnapsidee auftischte – was dann? Ihr kostbares neues Selbstwertgefühl würde den Kopf hängen lassen wie eine Blume.
Lucinda war es gewöhnt, sich Roannas Beobachtungen anzuhören; aber diese hatte sich bisher stets unter Vorbehalt geäußert; die letzte Entscheidung hatte sie immer ihrer Großmutter überlassen. Nie zuvor hatte sie unmißverständlich »nein« gesagt.
»Komm schon, Ro«, meinte Webb. »Du beobachtest die Leute, dir fallen Dinge auf, die uns entgehen. Was weißt du über Mayfield?«
Sie holte tief Luft und straffte ihre Schultern. »Heute nachmittag sind mir bloß Gerüchte zu Ohren gekommen. Mayfield braucht dringend Geld. Naomi hat ihn gestern verlassen; sie soll eine enorme Abfindung verlangen, weil sie ihn mit einer von Amelias Collegekommilitoninnen, die für ein paar Wochen auf Besuch war, in der Wäschekammer erwischt hat. Außerdem munkelt man, daß das Techtelmechtel schon seit Weihnachten im Gange ist, und obendrein soll diese Neunzehnjährige schwanger sein.«
Schweigen legte sich auf den Raum, dann sagte Lucinda: »Ja, ich glaube, ich kann mich erinnern, daß Amelia tatsächlich ihre Schulfreundin über die Osterferien zu Besuch hatte.«
Webb schnaubte, und ein anzügliches Grinsen breitete sich auf seinen verführerischen Zügen aus. »Klingt, als ob Mayfield seine ganz persönliche Auferstehung erlebt hätte, oder?«
»Sei bitte nicht blasphemisch, Junge!« Doch trotz ihrer offensichtlichen Entrüstung über seine Bemerkung konnte Lucinda, die selbst einen eher deftigen Humor besaß, ein Lächeln nicht ganz unterdrücken. Sie warf Roanna einen raschen Blick zu.
»Sorry«, entschuldigte Webb sich prompt, doch in seinen Augen stand immer noch dieses freche Funkeln. Er hatte Lucindas Blick auf Roanna bemerkt: eindeutig machte sie sich Sorgen, daß Roanna etwas Ungehöriges aufschnappen könnte. Es war eine altmodische Einstellung, daß eine Jungfrau, egal wie alt, vor sexuellen Anspielungen abgeschirmt werden müßte. Daß Lucinda Roanna immer noch für eine Jungfrau hielt, bedeutete, daß diese nie irgendwelche romantischen Neigungen und Interessen an den Tag gelegt haben mußte, nicht mal während ihrer Collegezeit.
Lucinda hat absolut recht, dachte Webb, und sein Herz klopfte schneller, als er an jene Nacht in Nogales dachte. Roanna war tatsächlich noch Jungfrau gewesen, bis ungefähr eine Stunde nach ihrer Begrüßung in jener Bar. Länger hatte es nicht gedauert, bis sie nackt und mit gespreizten Beinen unter ihm lag und er ihrem Zustand ein rasches Ende bereitete.
Die Erinnerung daran durchglühte ihn wie ein feuriger Sonnenuntergang, brachte sein Blut in Wallung und ließ ihn ganz krank werden vor Sehnsucht. Ihr weicher, schlanker Körper unter ihm hatte sich so ... perfekt angefühlt. Ihre Brüste, so rund und köstlich und zart ... unwiderstehlich. Ihre enge, heiße Scheide, die sein Glied wie ein seidener Handschuh umschloß ... absolut hinreißend. Und wie sie ihre Arme so vertrauensvoll um seinen Nacken geschlungen, sich unter ihm aufgebäumt hatte, der ekstatische Ausdruck auf ihrem süßen Gesicht, als sie kam ... Himmel, da hatte es ihm ganz schön den Atem verschlagen!
Seine Erektion fühlte sich an wie ein Eispickel. Er rückte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her und war froh, daß er hinter dem Schreibtisch saß. Das hatte er nun davon, daß er Erinnerungen an jene Nacht aufsteigen ließ, an den unglaublichen Höhepunkt in ihr. Und das gleich mehrmals! Nicht ein einziges Mal hatte er, o Schreck, einen Gummi benutzt!
Noch nie zuvor war er so nachlässig gewesen, egal wieviel er auch getrunken haben mochte. Ein beinahe elektrisierender Schauder überrann ihn, und seine Nackenhaare sträubten sich. Der Gedanke an Verhütung war ihm kein einziges Mal gekommen in jener Nacht; mit einem geradezu archaischen männlichen Instinkt hatte er sie wieder und wieder genommen, ihr seinen
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