Daemmerung der Leidenschaft
Dieser Shit brachte einen nur um. Alkohol ging einigermaßen, aber ihre wahre Liebe galt dem süßen weißen Pulver. Ein Zug und alle Sorgen verflüchtigten sich; dann war man die Größte, die Beste, die Schönste! Einmal war sie so verdammt heiß gewesen, daß sie es gleich mit drei Typen aufgenommen hatte, einen nach dem anderen und dann gleich alle drei auf einmal. Und sie hatte sie alle fertiggemacht. Sie war einfach umwerfend gewesen, ganz fantastisch, so tollen Sex hatte sie seitdem nie mehr gehabt. Das würde sie gerne nochmal erleben, doch mittlerweile brauchte sie mehr zum Abheben, und außerdem genoß sie nun lieber ihr Hochgefühl alleine, als sich aufs Bumsen konzentrieren zu müssen. Im übrigen hatte sie danach ein paarmal ein kleines Problem gehabt und nach Memphis fahren müssen, um es aus der Welt zu schaffen. Ein Balg war wirklich das letzte, was sie gebrauchen konnte – das verdarb einem nur den ganzen Spaß.
Aber all ihre schönen Verstecke waren leer. Sie hatte kein. Koks und auch kein Geld. Verzweifelt durchmaß sie die Suite und zermarterte sich das Hirn. Tante Lucinda schleppte immer einen schönen Batzen Geld in der Brieftasche mit sich rum, aber die lag auch immer in ihrem Zimmer; und die alte Dame befand sich noch dort, also konnte sie da im Moment nicht ran. Großmutter und Mama waren in die Stadt zum Einkaufen gefahren und hatten mit Sicherheit ihre Börsen mitgenommen. Aber Roanna war im Arbeitszimmer und schlief ... Corliss lachte laut auf und schlüpfte auf den Flur. Sie eilte den Gang entlang nach hinten, zu Roannas Reich. War wohl doch nicht so schlecht, daß Webb mich davon abgehalten hat, die dumme Kuh aufzuwecken, dachte sie. Wir wollen sie doch schlafen lassen, die süße reiche Roanna. Doofe Henne!
Leise öffnete sie Roannas Tür und schlich sich hinein. Roanna bewahrte ihre Handtasche immer im Schrank auf, wie es sich gehörte. Corliss brauchte nur einen Moment, um die Brieftasche zu filzen und das Geld darin zu zählen. Nur dreiundachtzig Dollar, verdammt nocheins! Selbst jemand, der so beschränkt war wie Roanna, würde merken, wenn ein paar Zwanziger fehlten. Aus diesem Grund lohnte sich auch die Mühe bei der Cousine selten, denn diese Ziege trug normalerweise nie viel Geld bei sich.
Corliss beäugte nachdenklich die Kreditkarten, widerstand jedoch der Versuchung. Zum Abheben brauchte man eine Unterschrift, und außerdem erkannte der Bankangestellte sie vielleicht. Das war der Nachteil an diesen verkackten Kleinstädten: Jeder kannte jeden.
Die EC-Karte war dagegen etwas anderes. Wenn sie jetzt noch Roannas Geheimnummer rauskriegte ... Rasch durchsuchte sie jedes Brieftaschenfach. Eigentlich sollte niemand seine Nummer notieren, doch jeder tat es. Sie entdeckte ein kleines Blatt Papier, schön ordentlich gefaltet, mit vier Zahlen darauf. Hämisch grinsend fischte sie einen Kugelschreiber aus Roannas Handtasche und schrieb sich die Zahlen auf die Handfläche. Möglicherweise half ihr diese dämliche Nummer nicht weiter, aber was machte das schon? Im Zweifelsfall spuckte halt der Automat kein Geld; es war ja nicht so, daß er anrufen und sie bei Roanna verpfeifen würde!
Lächelnd steckte sie die Karte in ihre Tasche. Das war besser, als hie und da einen Zwanziger zu klauen. Sie könnte gleich ein paar Hunderter abheben, die Karte zurücklegen, bevor Roanna etwas auffiel, und sich heute abend ein wenig amüsieren. Teufel nochmal, sie würde sogar den Quittungsabschnitt in die kleine Mappe tun, in der Roanna solche Dinge aufbewahrte; auf diese Weise fiele ihr bestimmt nichts auf, wenn sie den Kontoauszug erhielt. Ein verflucht guter Plan; sie würde öfter davon Gebrauch machen ... obwohl es nicht dumm wäre, auch gelegentlich Tante Lucindas EC-Karte zu benützen, falls sie an sie rankommen konnte – aus taktischen Gründen. Abwechslung war die Würze des Lebens. Außerdem verringerte sich dadurch das Risiko, erwischt zu werden, was am allerwichtigsten war – das und das Geld!
Um acht Uhr an diesem Abend ging es Corliss schon bedeutend besser. Nachdem sie das Geld aus dem Automaten bekommen hatte, hatte sie ein Weilchen gebraucht, um ihren Dealer zu finden, doch schließlich war es ihr gelungen. Das weiße Pulver lockte sie, und sie hätte am liebsten gleich alles aufgeschnüffelt; doch zweckmäßigerweise rationierte sie es brav, da sie nicht wußte, wie oft sie die EC-Karte würde benutzen können. Also erlaubte sie sich nur eine einzige Line, um ihre Nerven zu
Weitere Kostenlose Bücher