Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
sehr viel Glück, daß ich heute noch am Leben bin.«
McCorkle sah ihn besorgt an. »Tut es sehr weh, wenn dein Irisch sich so ausblutet, Harry?«
Warnock grinste zu ihm hoch und sah dann Padillo an. »Also gut, ihr wollt wissen, wer Horse engagiert hat, nicht wahr? Michael, du solltest dir selbst eine Frage stellen: Wer kann fünfzigoder fünfundsiebzigtausend in bar für die Dienste ausgeben, die der verstorbene Horse Purchase so bereit, fast bestrebt war anzubieten?«
»Größere Dealer«, sagte Padillo.
»Allerdings. Aber wer noch?«
»Die Reichen – Privatleute oder Firmen.«
»Und drittens?«
»Regierungen.«
»Aha!«
»Woher kennst du Purchase, Harry?« fragte McCorkle.
»Wir sind uns nur einmal begegnet – am Ende meines früheren Lebens.«
»Deiner IRA-Zeit«, sagte Padillo.
Warnock ignorierte ihn und sprach weiter mit McCorkle.
»Er und ich haben einmal Sondierungsgespräche geführt, die aber zu nichts geführt haben.«
»Warum nicht?«
»Weil für Horses Gefühl das Risiko zu groß und die Belohnung zu klein war. Aber wir sind in aller Freundschaft auseinandergegangen.«
»Du hast Regierungen erwähnt, Harry«, sagte Padillo.
» Du hast sie erwähnt, Michael. Nicht ich.«
»Welche Regierungen?«
»Woher soll ich so schlimme Sachen wissen?«
»Das gehört zu deinem Handwerkszeug.«
»Na gut, es sei mir fern, Gerüchte zu verbreiten – selbst über Scheißkerle wie Horse Purchase, Gott sei seiner Seele gnädig. Aber ich hab ein- oder zweimal was flüstern hören, daß er den Jungs in Langley ein bißchen zugearbeitet hat.« Warnock hielt inne und gab seinem Gesicht einen Anstrich von Frömmigkeit. »Aber das glaub ich keine Minute, Michael. Du etwa?«
»Nicht mal eine Sekunde«, sagte Padillo.
In Dark’s Garage in Falls Church, Virginia, hing ein Schild mit der Aufschrift: »Ausland & Inland, Je älter, desto besser. Ledell Dark, Inh.« Erika McCorkle las das Schild laut und mit offensichtlichem Beifall in der Stimme vor. Als sie es vorlas, sah Haynes sich in der langen, schmalen Werkstatt um und erkannte einen Packard aus den vierziger Jahren, einen Avanti, einen Buick Roadmaster, Baujahr 1948, eine uralte Citroën- Limousine (das Gangsterauto), einen Humber Super Snipe und einen TR-3, der fast wie neu aussah.
Der Cadillac, den Steadfast Haynes seinem Sohn vermacht hatte, wurde von Ledell Dark, Inh., aus dem hinteren Teil der Werkstatt mit würdevollen drei km/h herangefahren. Es war ein Eldorado-Cabrio, Baujahr 1976, das letzte, das vom Band gelaufen war, mit glänzend schwarzer Lackierung, einem schwarzen Stoffdach, das wie neu aussah, schwarzen Ledersitzen und – nach Haynes’ Schätzung – fünfhundert Kilo glitzerndem Chrom. Der Wagen schien einen ganzen Häuserblock lang.
Er kam langsam zum Stillstand, wie ein großes Schiff. Ledell Dark stieg aus und entfernte den zwei Meter langen, achtzig Zentimeter breiten, von einer Fleischereipapierrolle abgerissenen rötlichen Papierstreifen, der den Fahrersitz abgedeckt hatte. Nachdem er das Papier weggeworfen hatte, streifte Dark seine makellos weißen Baumwollhandschuhe ab und steckte sie in die Tasche.
Dark, ein zufrieden aussehender Mann von Mitte Vierzig, legte ein beflissenes, fast pedantisches Auftreten an den Tag und trug einen weißen Overall, auf dessen Rückseite mit roten Buchstaben »Je älter, desto besser« gestickt war. Er hatte die Figur eines Durchschnittsmannes von Mitte Vierzig, der sportliche Bewegung meidet. Eine leicht gebeugte Haltung. Ein bißchen Bauch. Und ein Gesicht, das Haynes für amerikanisch-sanft hielt – bis auf die flammend grünen Augen, die nur zu einem Fanatiker gehören konnten.
Die grünen Augen waren jetzt halb geschlossen und der Kopf leicht geneigt, als Dark dem Geräusch des Cadillac-Motors im Leerlauf lauschte. Er lächelte, nickte beifällig und ging dann zu Erika und Haynes hin. »Wissen Sie, was ich täte, wenn er meiner wäre?« fragte er. »Ich würde ihm einen Satz Gangsterweiße kaufen.«
Auf Erikas fragenden Blick hin erklärte Dark: »Breite Weißwandreifen, wie man sie in den Dreißigern und Vierzigern hatte – aber vor allem in den Dreißigern.«
»Meinen Sie damit, er braucht neue Reifen?«
»Es geht eigentlich nicht ums Brauchen«, sagte Dark, »obwohl die vier schon einige Meilen auf dem Buckel haben. Aber es ist mehr ein Fall von, wissen Sie …«
»Ästhetik«, schlug Haynes vor, als er für Erika die Beifahrertür öffnete.
»Genau«, sagte Dark.
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