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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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nicht.«
    »Aber ich weiß es.«
    »Okay. Wann?« fragte Padillo.
    »Wenn es verdammt zu spät ist. Dann.«
    Haynes beobachtete Erika McCorkle, während sie die letzte Seite der Memoiren seines Vaters zu Ende las und auf den Papierstoß legte, der neben ihr auf dem Bett lag. Sie seufzte, lehnte sich in die vier Kissen zurück, die sie am Kopfende des Bettes aufgestapelt hatte, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte die Decke des Motelzimmers an.
    Sie starrte sie immer noch an, als Haynes eine Minute später mit knapper, prononcierter Stimme zu sprechen begann, deren Tonfall und Klang eine frappierende Ähnlichkeit mit der Stimme seines toten Vaters hatte.
    »Ohne gewisse Operationen, die ich auf Geheiß der Central Intelligence Agency in Afrika, im Nahen Osten, in Mittelamerika und in bestimmtem Umfang auch in Südostasien durchführte, ächzten noch heute mindestens fünf – womöglich sechs – Länder der Dritten Welt unter dem Joch ihrer marxistisch ausgerichteten Regierung.« Haynes legte eine dramatische Pause ein, bevor er fortfuhr. »Mein einziger Fehlschlag war in Südostasien. Und der ergab sich aus einem Nervenversagen. Aber es waren Amerikas Nerven, die versagten – nicht meine.«
    Erika senkte zuerst den Blick, dann die Arme und klatschte dreimal leise in die Hände.
    Haynes grinste. »Eine gerechte Zusammenfassung?«
    »Gerecht, aber vage«, sagte sie. »Ich habe noch nie solche Scheiße gelesen.«
    »Zumindest nicht so gut geschriebene Scheiße. Keine Längen. Jede Menge Action und jede Menge Klatsch. Häppchen leicht verdaulicher Geschichtslektionen. Und man wird so schnell von einem Abenteuer ins nächste gestürzt, daß man kaum Zeit hat, sich zu fragen, was wohl als nächstes passiert. Isabelle hat gute Arbeit geleistet. Sie brachte es sogar dazu, wie Steady zu klingen, wenn er zwei oder drei Gläser intus hatte und mitteilsam wurde.«
    »Bist du sicher, daß sie es geschrieben hat?«
    Haynes nickte. »Ich denke, daß Steady ihr die Entwürfe gab und genaue Angaben machte, und sie fügte alles zusammen. Ist dir der Telegrammstil nicht aufgefallen? Kurze Stakkatosätze, höchstens zwei pro Absatz. Alle Schurken eindeutig definiert, etikettiert und zahlenmäßig unserem Haupthelden – Steady natürlich – überlegen, zehn zu eins. Aber besonders schlau ist, wie die CIA als schusselige, beinahe wohlwollende Denkfabrik erscheint, besetzt mit freundlichen Kumpeln in Tweed, die Pfeife rauchen und ganz viel zwinkern. Zwanzigtausendfach Allen Dulles, Tag und Nacht über die Republik wachend. Wunderbar.«
    »Ist das der Dulles, nach dem der Flughafen benannt ist?«
    »Das war John Foster, sein Bruder und Außenminister unter Eisenhower. Allen war Direktor der CIA.«
    »Jetzt erinnere ich mich.«
    »Bestimmt.«
    »Nun, ein scharfes Exposé ist es nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Wieso kann die CIA dann etwas dagegen haben?«
    »Kann sie eben nicht. Das ist die Pointe.«
    »Wovon?«
    »Von Steadys sehr geistreichem, sehr ausgeklügeltem Witz.«
    »Du klingst erleichtert.«
    »Ginge es dir nicht genauso, wenn du entdeckst, daß dein Vater ein Schelm und kein Erpresser ist?«
    »Nicht, wenn seine Streiche drei Menschenleben kosten.«
    »Vier – wenn man Horace Purchase mitzählt.«
    »Okay. Vier. Aber wenn Steadys Memoiren so etwas wie ein unaufhörlicher Streich sind, wäre seine Genugtuung nicht gewachsen, wenn er der CIA klarmachte, daß der Witz auf ihre Kosten ging?«
    »Sicher. Genau dadurch. Und durch das Geld. Du darfst das Geld nicht vergessen.«
    »Das Geld macht ihn zum Schwindler, nicht zum Spaßvogel.«
    »Immer noch besser als Erpresser.«
    »Und wann sollte die CIA herausfinden, daß sie die Zielscheibe des Spotts war?«
    »Nachdem sie Steady Geld dafür gezahlt hätte, daß er nicht veröffentlicht. Und nachdem man dort das Manuskript gelesen hätte, das er ihnen geschickt hätte, um dafür zu sorgen, daß sie wußten, was sie mit ihrer Zahlung unterdrückt hatten.«
    »Und erfuhren, daß er sie übers Ohr gehauen hatte.«
    Haynes wirkte nachdenklich und, zum ersten Mal, ein bißchen bekümmert. »Er muß alles bis ins Detail geplant haben – alles, bis auf seinen Tod.«
    »Seinen und den der anderen«, sagte sie und setzte die Füße auf den Boden. »Okay. Und jetzt?«
    »Jetzt besuchen wir Howard Mott, stellen den Wagen bei ihm ab und überlegen, wie wir das kriegen, was Steady haben wollte.«
    »Den letzten Lacher – oder das Geld?«
    Haynes grinste sein ererbtes Grinsen.

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