Daemmerung ueber der See
ein Kutscher, der nervöse Pferde beruhigt.
»Notieren Sie den Namen des Mannes!«
Gwynne, der Bootsmann, war nach einem Nahgefecht mit einem französischen Kriegsschiff auf einem Ohr völlig taub. Er rief: »Wie viele, Sir?«
»Drei Dutzend!«
Der Gefangene schrie: »Sie verdammter Bastard, Sie sagten zwei Dutzend!«
»Ich habe meine Meinung geändert.«
Die Trommeln rollten dumpf, der erste Schlag klatschte auf den Rücken. Der Profos zählte: »Eins!«
Das erste halbe Dutzend Schläge hinterließ ein rotes Gewirr von blutigen Striemen, die aussahen, als stammten sie von den Klauen eines wilden Tieres.
Der Gefangene begann zu stöhnen, als die Bestrafung fortgeführt wurde. Sein Gesicht war dunkelrot, als der Bootsmann die neunschwänzige Katze an seinen Maaten übergab. Der Profos zählte rauh: »Sechsundzwanzig!«
Der Arzt hob die Hand. »Er ist bewußtlos, Sir.«
»Schneidet ihn los!« Adam sah zu, wie der Mann in sein eigenes Blut stürzte. Er wurde aufgehoben und ins Lazarett gebracht. Nachdem man seinen Rücken mit Salzwasser gespült und ihm soviel Rum zu trinken gegeben hatte, wie sein Magen fassen konnte, würde ein Mann seines Kalibers wieder zu Kräften kommen. Aber das Zeichen der Katze würde er bis ins Grab behalten.
Der Erste Offizier betrachtete ihn nachdenklich. Das war eine Stimmung, die er noch nicht kannte. Adam bemerkte: »Ich will keine Märtyrer auf meinem Schiff, Mr. Martin.« Er lächelte müde, als die Männer wieder an die Arbeit gingen oder in ihre Messen verschwanden. »Glauben Sie mir, man muß als Kommandant mehr einstecken können als Prisengelder!«
Er war kaum unter Deck gegangen, um seine Uniform zu wechseln, als der Regen wie ein Wasserfall losprasselte. Adam betrachtete sich wieder im Spiegel.
Was würde sie von ihm denken, wenn sie ihn jetzt sehen könnte.
Er ging an die Heckfenster und öffnete eins, um zum Horizont zu blicken. Der Regen war schon fast wieder vorbei. Er würde die Decks abgekühlt und die Segel dichter gemacht haben, um die nächste Brise besser einzufangen. Er blickte auf seinen Rock, der auf einem Stuhl lag. Die Epauletten blinkten düster. Er war so stolz gewesen, als er zum Kapitän zur See befördert worden war. Jetzt verspürte er nur leichte Übelkeit.
Drei Dutzend Hiebe! War das alles? Als sein Kapitän hätte ich ihn für den Schlag gegen den Unteroffizier an der Großrah hochziehen lassen können. Die Macht, die er über diese Männer besaß, irritierte ihn noch immer. Doch es war sein Recht.
Am Nachmittag saß er an seinem Tisch, neben ihm stand ein kaum angerührter Teller mit zähem Salzfleisch. Er dachte wieder an den Brief und fragte sich, ob sie ihn erhalten und wenn ja, ob sie ihn gelesen hatte.
Wenn sie sich doch nur einmal wieder per Zufall auf einem gewundenen Pfad treffen würden, wie damals, als er ihr die wilden Rosen geschenkt hatte. Und sie hatte ihn geküßt… Er saß stocksteif da, als er den Ruf des Ausgucks hörte: »An Deck! Segel in Lee voraus!«
Adam sprang auf die Füße. Das war eine Abwechslung! Zwischen der
Anemone
und den Schiffen seines Onkels gab es kein eigenes. Die Aussicht auf ein Gefecht würde sie wieder zusammenführen. Reinigend wie der Regen, der gerade das Blut von der Gräting gewaschen hatte.
Das Achterdeck war überfüllt, als er es erreichte. Leutnant Dacre salutierte, dann strich er das nasse Haar aus der Stirn.
»Ich bin mir nicht sicher, Sir, der Ausguck meint, es ist etwas unsichtig in Lee – könnte mehr Regen sein.«
»Dann werden wir ihn nicht stellen können.« Er eilte an die Karte, die die Steuermannsmaaten für ihn aufrollten.
Partridge knurrte: »Könnte ein Sklavenjäger sein, Sir, was sonst sollte sich hier draußen rumtreiben!«
»Das denke ich auch, Mr. Partridge! Beide Wachen an Deck und lassen Sie die Bramsegel setzen, sonst haut er ab, sobald er uns sichtet!«
Beim Schrillen der Pfeifen strömten die Männer an Deck. Adam versuchte ihre Stimmung einzuschätzen, als sie vorbeifluteten. Einige würden noch an die Auspeitschung denken, andere würden sie schon akzeptiert haben.
Er hatte selber schuld.
Oder:
Was kann man schon von einem verdammten Offizier verlangen?
Sie konnten ihn hassen, wenn ihnen danach war oder wenn er es verdiente. Aber ihn fürchten? Das durfte nie passieren.
Er sah, daß Fähnrich Dunwoody ihn anstarrte. »Hoch in die Wanten! Heute kann ich Ihre scharfen Augen gebrauchen!« Er sah ihm nach, wie er aufenterte, das lange Teleskop schlug bei jedem
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