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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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entschieden hatten, noch am selben Tag nach Chelsea zurückzufahren. Der erste hatte sich ereignet, als die Geschenke der Gäste betrachtet wurden. Darunter war übrigens auch ein schön geschnitztes Schaukelpferd von Allday. Aber bevor sie alle gemeinsam in die Kirche gingen, hatte Bolitho es nicht vermeiden können, durch eine offene Tür die ärgerliche Stimme von Keens Vater zu hören: »Manchmal denke ich, daß du ein verdammter Narr bist! Du bist ein Kapitän des Königs und ein tapferer obendrein – aber Verstand? Du hast nicht mehr den Verstand, der dir in die Wiege gelegt wurde!« Catherine hatte ihn am Ärmel gezupft, aber Bolitho konnte noch die folgenden Worte hören: »Warum wartest du nicht ab, wie sich der Junge entwickelt? Ich jedenfalls hoffe, daß er in der City in meine Fußstapfen tritt oder Jurist wird. Ich will ihn wenigstens nicht auf den Verlustlisten sehen!« Der Anlaß für den Ärger war Keens Geschenk für seinen kleinen Sohn, ein wunderschön gearbeiteter Fähnrichsdolch. »Den wird er eines Tages voller Stolz tragen«, hatte Keen Bolitho erklärt, der aber bei diesen Worten einen Anflug von Verzweiflung auf Zenorias Gesicht entdeckt hatte. Außerdem hatte sie Catherine, wahrscheinlich ihrer einzigen wahren Freundin, einen Blick zugeworfen.
    Er erinnerte sich daran, wie er Adam während der Überfahrt von der Karibik beim Trinken in der Kabine überrascht hatte. War das wirklich erst zwei Monate her?
Ich hätte es ahnen und ihn zur Rede stellen müssen.
    Ein anderer Zwischenfall war fast vorhersehbar gewesen. Eine Dame hatte sich Bolitho genähert und nach einem herausfordernden Blick auf Catherine laut verkündet: »Vor ein paar Tagen war ich bei Ihrer Frau in London zum Tee, Sir Richard. Es war wirklich ganz reizend!«
    Zwei rote Flecken waren auf ihren Wangen erschienen, als Bolitho ruhig erwiderte: »Für Sie, gnädige Frau, nur für Sie, würde ich sagen.«
    Er hatte die verkniffenen Mienen und die heimlichen Rippenstöße einiger Gäste bemerkt, aber vielen Bewohnern der umliegenden Dörfer schien es eine große Freude zu sein, ihn und Catherine das erste Mal zusammen zu sehen.
    »Lassen Sie ihn nicht wieder gehen, meine Liebe! Sollen doch auch mal andere die Drecksarbeit machen!«
    »Ein Hurra für unseren Dick und seine schöne Lady!«
    Der Ausruf stammte wahrscheinlich von einem Seemann, der irgendwann unter Bolitho gedient hatte. Es war ihm wie eine Geisterstimme erschienen, die für so viele sprach, deren Gesichter er nie wiedersehen würde.
    In der Kutsche war Allday, eine starke Rumfahne verbreitend, schnell in Schlaf gefallen. Catherine hatte sanft gefragt: »Werden wir bald Gewißheit haben?«
    Bolitho hatte ihren Arm gedrückt. Sie mußte nicht deutlicher werden. Das Damoklesschwert der Trennung schwebte immer über ihnen, deshalb genossen sie jede gemeinsame Stunde um so intensiver.
    »Ich glaube schon. Sir Paul Sillitoe hat von einem neuen Flaggleutnant gesprochen, also nehme ich an, daß er mehr weiß, als er mir sagen darf.«
    »Wirst du seinen Neffen nehmen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Manchmal ist es besser, wenn man jemanden nicht so gut kennt, weil er einen dann auch nicht enttäuschen – ja, verletzen kann.« Er zögerte. »Wir haben zu lange über den Indischen Ozean gesprochen, als daß es Zufall sein könnte. Ein schneller Schlag scheint notwendig, um weitere Angriffe auf unsere Versorgungslinien zu unterbinden.«
    »Das bedeutet eine Rückkehr nach Kapstadt?«
    Beide schwiegen und hatten den Alptraum des Schiffbruchs wieder vor Augen.
    »Diesmal werde ich auf einem Schiff des Königs segeln und mich vom Hundertmeilenriff gut fernhalten.«
    Sie preßte sich näher an ihn und flüsterte: »Ich würde gerne bei dir sein, wo immer sie dich auch hinschicken.«
    Er sah die Häuser im roten Licht des Sonnenuntergangs vorbeigleiten und fragte sich, wie viele Matrosen und Möchte-gerne-Admirale über diese Straßen schon gefahren sein mochten.
    »Ein Freund bei der Admiralität sagte mir, daß Adams Schiff demnächst auslaufen wird. Es wird wohl nach Gibraltar gehen.«
    Wieder sah er Adams Gesicht vor sich, als er gesagt hatte: »An meinem letzten Geburtstag hat mich eine Frau geküßt.« Er hätte spüren müssen, was damit gemeint war. Besonders deshalb, weil Adam auf seine Nachfrage gemeint hatte, daß niemand die Dame richtig kennen würde. Adam hatte schon damals tief gelitten. Wieviel schlimmer würde es noch werden, wenn er nicht lernte, seine Gefühle zu

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