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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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jedes Tau am richtigen Platz auf den Einsatz wartete.
Gleiche Belastung auf alle Teile
, so hatte es ihm ein alter Segelmeister oftmals erklärt.
    Er hörte Schritte im Niedergang, schwere, gewichtige Schritte. Wie erwartet, war es der Kommandant.
    »Klar zum Auslaufen, Sir Richard.« Seine tiefliegenden Augen blickten fragend, finster.
    »Ich komme nach oben.« Ihm wurde plötzlich klar, daß er seit dem Auslaufen aus Plymouth kaum jemals an Deck der
Valkyrie
gewesen war. Er sah sich in der Kabine um und bemerkte Ozzards kleinen Schatten hinter der Pantrytür.
    »Hoffentlich wird die
Anemone
unterwegs zu uns stoßen.« Es war nur ein Gedanke gewesen, den er laut ausgesprochen hatte.
    »Ich vermute, er wird eine gute Ausrede haben, Sir Richard.
    Anemones
Kommandant ist Ihr Neffe, glaube ich?«
    »Richtig.« Er blickte in Trevenens kalte Augen. »So wie mein Flaggleutnant der Neffe von Sir Paul Sillitoe ist, dem Berater des Premierministers. Mich überraschen derartige Verbindungen immer wieder.«
    Er ging schnell hinter ihm vorbei und fand es unpassend, daß er Trevenens Taktik wiederholt hatte. War es eine Herausforderung? Sei es drum!
    »Aufentern! Setzt die Marssegel!«
    Bolitho sah Allday bei den Finknetzen stehen. Er beobachtete mit grimmiger Miene, wie die Seeleute mit nacktem Oberkörper die Wanten emporkletterten wie die Affen. Viele von ihnen hatten Narben auf dem Rücken, alte verblaßte und frische rote.
    »Der Anker ist kurzstag, Sir!«
    Trevenen knurrte kurz angebunden: »Machen Sie den Faulpelzen am Spill Beine, Mr. Urquhart! Sie bewegen sich heute wie alte Weiber!«
    Als sich ein Bootsmannsmaat mit seinem Starter auf sie zubewegte, stemmten sich die Männer mit aller Kraft in die Spillspaken, ihre nackten Füße krallten sich wie Klauen in das Deck.
    »Anker aus dem Grund, Sir!«
    Bolitho sah die Erleichterung des Ersten Offiziers. Die Männer waren weiteren Schlägen entgangen. Für dieses Mal. Mars- und Vorsegel, dann blähte sich die große Fock und füllte sich mit Wind, die
Valkyrie
drehte ihr Heck dem Felsen zu, die Leeseite lag gut frei über dem Wasser. Noch bevor sie die Reede verlassen hatte, türmte sich eine Pyramide von Gut-Wetter-Segeln über den geschäftigen Decks und zeigte die Energie, mit der das Schiff durch das Wasser schob. Bolitho sah, daß die andere Fregatte wendete, um in ihrem Kielwasser zu folgen.
    Er blickte über die Heckreling und machte einen flachen Schatten aus: Spanien. Ein Teil hatte unter dem Schutz der Engländer Frieden gefunden, ein anderer würde noch immer von Napoleons Regimentern terrorisiert werden. Bolitho mußte an die optimistischen Worte auf Hamett-Parkers Empfang denken: »Dieser Krieg ist so gut wie gewonnen.« Wie oft hatte er diese Küsten gesehen, wohl wissend, daß viele Teleskope auf die auslaufenden Schiffe gerichtet waren. Schnelle Pferde warteten darauf, die Kuriere zu den Ausgucksposten und Küstenbatterien zu tragen.
Die Engländer sind auf See.
Er hatte die Spanier als widerstrebende Verbündete und als Gegner kennengelernt. Letzteres war ihm lieber gewesen.
    Er meinte zu Allday: »Komm mit mir nach achtern.« Er wußte, daß die Achterdeckwache ungläubig lauschte und es kaum glauben konnte. Wieder ein Teil der Legende. Der Vizeadmiral, der nur mit den Fingern schnippen brauchte, um sie in die Hölle segeln zu lassen, war zwar ein Mann, den die ganze Marine kannte, aber nur wenige hatten ihn gesehen oder gar unter ihm gedient. Jetzt ging er mit seinem untersetzten Bootssteurer den Niedergang hinab, als wären sie alte Freunde, Schiffskumpel wie sie selbst.
    Sie kamen in die relativ kühle Luft des Zwischendecks und gingen nach achtern, wo der Posten der Marines zwischen den Türen zu Trevenens und seinem Quartier stand. Er hatte ein ausdrucksloses offenes Gesicht. Die Muskete mit aufgepflanztem Bajonett preßte er an die Hüfte, sein Blick war auf einen Punkt hinter ihren Köpfen fixiert.
    In der Kabine wartete schon Ozzard. Rheinwein für den Admiral, Rum für den Bootssteurer. Bolitho setzte sich auf die Heckbank und blickte auf das gurgelnde Wasser, das das Ruder umspülte.
    »Was ist los mit den Männern, alter Freund?«
    Allday hob den Becher und blinzelte ins Sonnenlicht. »Ich habe mal einen alten Hund gesehen, der vor Angst fast verging, wenn sein betrunkener Herr seinen Stock nur hob.« Seine Stimme war weit weg. »Dann eines Tages griff er ihn an. Der Scheißer hat ihn nie wieder geprügelt!« Er nahm einen Schluck Rum und fügte

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