Daemmerung ueber der See
dreitausend Meilen achteraus in Falmouth war. Wann würde er ihren ersten Brief bekommen? Er vermutete, daß sie direkt nach Kapstadt geschrieben hatte, aber sogar dann … Avery kam aus der Nachbarkabine und blickte ihn forschend an, seine braunen Augen reflektierten das Sonnenlicht, das durch die Heckfenster kam.
Er würde genau wissen, was soeben vorgefallen war.
Bolitho hörte weitere Kommandos, das Quietschen der Taljen, als die Boote eingesetzt wurden. Die Bootsbesatzungen würden wahrscheinlich nie etwas von seiner Intervention erfahren, auch waren sie vermutlich zu ausgepumpt, als daß es sie etwas scherte. Er stand auf, als Ozzard mit einem sauberen Hemd aus dem Schlafraum kam.
Avery fragte: »Wird es einen offiziellen Empfang geben, Sir Richard?«
Bolitho nickte nachdenklich. »Ein Kapitän kommandiert hier die Antisklavereipatrouillen. Ich denke, daß ich ihn kenne.« Er lächelte trotz seines Ärgers mit Trevenen. Über kurz oder lang stolperte man immer über ein bekanntes Gesicht in dieser Familie namens Navy.
Das Deck legte sich wieder über. »Flaggensignal an die
Laertes
: ›Position hinter Flaggschiff einnehmen!‹« Er zog das frische Hemd an. Avery sah ihm zu, sagte aber nichts, weil ihm klar war, daß der Befehl dazu diente, Trevenen die Schande durch die bessere Führung des anderen Schiffs zu ersparen.
Ozzard hielt den Uniformrock hin und wartete geduldig, bis Bolitho hineingeschlüpft war. Er lächelte vor sich hin, denn er hatte den Ausdruck in Trevenens Augen gesehen, als er den Admiral in einem zerknitterten Hemd vorgefunden hatte. Sollten sie jemals in ein Gefecht kommen, so würde jedenfalls Trevenen der Kleiderordnung gemäß angezogen sein.
Als sich Avery abwandte, rief ihm Bolitho nach: »Lassen Sie mich wissen, ob die Brigg
Larne
vor Anker liegt.« Er ging zu den Heckfenstern und zuckte zusammen, als er die Hände auf das Fensterbrett legte. Es wäre gut, wenn Tyacke hier wäre. Er hatte schlimme Erinnerungen an diesen Hafen, aber nicht, wenn er an den tapfersten aller Männer dachte.
An Deck schien sich kein Windhauch zu regen, trotzdem standen alle Segel.
Laertes
lief gehorsam im Kielwasser, die Kriegsflagge und der Kommandantenwimpel zeichneten sich scharf gegen den dunstigen Hintergrund ab.
Allday stand neben ihm, den Hut ins Gesicht gezogen, die mächtigen Arme vor der Brust gekreuzt.
Ein paar Seeleute befestigten mit einigen letzten Laschings die Boote, obwohl alles von vorne losgehen würde, sobald das Schiff vor Anker lag. Die meisten waren jetzt braun gebrannt, aber einige hatten einen schweren Sonnenbrand, weil sie an derartige Wetter- und Lebensverhältnisse nicht gewohnt waren. Ein junger Seemann hatte eine blutige Wunde auf der Schulter, die er während des Füllens vom »Starter« erhalten hatte. Er schien zu spüren, daß ihn jemand beobachtete und drehte sich in Richtung des Achterdecks um. Als sich ihre Augen trafen, nickte Bolitho kaum merklich. Der Seemann blickte sich um, als ob er befürchtete, ertappt zu werden, dann lächelte er schnell zurück, bevor er sich wieder den Laschings widmete.
Allday murmelte: »Immerhin ein Anfang.« Ihm entging nichts. Bolithos Auge schmerzte, er wandte sich ab, damit Allday nicht auch noch das bemerkte.
Der erste Salutschuß rollte von der kleinen Batterie auf dem Hügel über das Wasser, er wurde Schuß für Schuß von der
Valkyrie
beantwortet, fünfzehn insgesamt für den Mann, dessen Flagge im Vortopp wehte. Allday blickte auf Bolithos durchgedrückte Schultern und konnte nur vermuten, was er dachte. Kaum jemand würde den Mann verstehen, noch nicht einmal im Ansatz, entschied er. Der Salut, die Ehre und die Macht bedeuteten ihm nichts. Aber das ängstliche Grinsen eines unbekannten Decksbauern hatte sein Herz berührt. Kein Wunder, daß man ihn liebte.
»Aufentern! Marssegel aufgeien! Klar zum Aufgeien des Großsegels!«
Ein Leutnant rief: »Bootsmann! Machen Sie den Männern Beine! Auf geht's, Mr. Jones!« Aber der Bootsmann, der einen Brustkorb wie ein Faß hatte, zuckte nur mit den Schultern und unternahm nichts. Urquhart, der Erste Leutnant, legte grüßend die Hand an den Hut. »Wachboot ist klar, Sir!« Trevenen blickte starr über ihn hinweg, seine Hände auf dem Rücken.
»Klar bei Steuerbordanker, bitte!« Er blickte Bolitho nicht an.
»Den Besan und die Bramsegel bergen! Klar zum Aufschießer!«
Avery meldete: »Kein Anzeichen von der
Larne,
Sir Richard.«
»An die Brassen!«
Bolitho überschattete
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