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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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seinen Fingern. »Das Schiff ist wahrlich zu groß, um spurlos zu verschwinden, sogar in einem Ozean.« Baratte mußte dahinterstecken. Es war nicht viel, aber ein Strohhalm, nach dem er greifen konnte. In der Vergangenheit hatte Baratte Neutrale benutzt, sogar gegeneinander, um seine Absicht zu verschleiern.
    An Deck polterten Füße und erklangen Rufe, als ein Leichter zum Löschen längsseits kam.
    Adam fragte: »Darf ich auf mein Schiff zurückkehren, Sir Richard?«
    Bolitho nickte. Er wußte, daß Adam es haßte, ihn so formell anzusprechen. »Vielleicht besuchst du mich einen Abend, bevor wir Kapstadt verlassen?«
    Adam grinste wie ein großer Junge. »Es wird mir eine Ehre sein.«
    Auch Kapitän Trevenen entschuldigte sich, wie erwartet, und ging.
    Bolitho hörte Ozzard in der Pantry herumhantieren und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis man ihn wieder störte. Er nahm den ersten Brief hervor und öffnete ihn behutsam. Er enthielt eine kleine Locke von ihrem Haar, von einem grünen Bändchen zusammengehalten.
    Mein liebster Richard. Draußen singen noch die Vögel, und die Blumen leuchten in der Sonne. Ich kann nur vermuten, wo du bist. Ich benutze den Globus in der Bibliothek, um wie eine Nymphe in deinem Kielwasser zu schwimmen … Heute war ich in Falmouth, fühlte mich aber wie eine Fremde. Sogar meine schöne Tamara suchte dich … Ich vermisse dich so…
    Er hörte bellende Kommandos und wußte, daß Adam das Schiff verließ. Jedenfalls hatte er die Feindseligkeiten Trevenens mitbekommen, die von einer alten Fehde herrührte, an die er sich aber nicht erinnern konnte.
    Ozzard trat mit einem Tablett ein, und Bolitho legte den Brief neben den anderen auf den Tisch.
    An Deck wandte sich Adam dem anderen Kapitän zu, die Hand grüßend an den mit Goldlitzen verzierten Hut gelegt. Trevenen zischte: »Wagen Sie es nicht, sich mit mir anzulegen, Sir!«
    Jeder Zuschauer hätte nur gesehen, daß Adam lächelte, seine Zähne blitzten im tiefgebräunten Gesicht. Aber sie wären zu weit entfernt gewesen, um seine Antwort zu verstehen.
    »Und wagen Sie es nie wieder, mich vor irgend jemandem bloßzustellen, Sir. Ich mußte einstecken, als ich jünger war, aber jetzt nicht mehr. Ich denke, Sie wissen, was ich meine!« Unter dem Zwitschern der Pfeifen schwang er sich über die Seite in seine Gig.
    Der Erste kam über das Deck heran. »Man sagt, daß er ein gefährlicher Duellant ist, Sir. Egal, ob mit Degen oder Pistole.«
    Trevenen funkelte ihn an. »Halten Sie Ihre Zunge im Zaum! Kümmern Sie sich um Ihre Pflichten!«
    Viel später, als eine kühle Abendbrise durch das Schiff strich, erlaubte sich Bolitho, ihren Brief nochmals zu lesen. Er hielt nur einmal inne, als er eine Stimme hörte, die anscheinend etwas vorlas. Vielleicht ein Gebet. Sie kam aus Averys kleiner Kabine, die seine Unterkunft von der Messe trennte. Dann wandte er sich wieder dem Brief zu, alles andere war vergessen.
    Mein liebster Richard …
Der Kapitän des Sträflingstransporters
Prince Henry,
Robert Williams, zog ein abgenutztes Gebetbuch aus der Tasche und wartete darauf, daß seine Männer einen Leichnam für die Seebestattung vorbereiteten. Den vierten, seit sie England verlassen hatten, und unter diesen Bedingungen würden es auf dem Weg zur Botany Bay immer mehr werden.
    Er blickte über die Decks und Laufbrücken, auf denen aufmerksame Wachen neben den geladenen Drehbrassen standen, dann nach oben, wo weitere Seeleute in der Takelage hingen wie die Affen. Die Arbeit hörte nie auf. Das Schiff war zu alt für diese Einsätze, bei denen es Wochen und Monate auf See war. Er hörte das Klappern der Pumpen und war dankbar, daß er die Gefangenen für diese ermüdende Arbeit einsetzen konnte, wenn schon zu sonst nichts.
    Es befanden sich zweihundert Sträflinge auf dem Schiff. Wegen ihrer großen Anzahl konnten immer nur wenige aus den faulig stinkenden Laderäumen an Deck gelassen werden, einige davon in Eisen. Getrennt waren ein paar Frauen untergebracht, überwiegend Huren und Taschendiebinnen, deportiert von Gerichtsherren, die Ruhe in ihrem Bezirk haben wollten. Zumindest die Frauen würden in der Kolonie nicht leiden, aber viele andere würden nicht überleben.
    Sein Steuermann rief: »Fertig, Sir!« Ihre Augen trafen sich. Sie dachten an die Zeitverschwendung. Der Leichnam gehörte einem Mann, der einen anderen in einer Schlägerei getötet hatte und dem Galgen nur wegen seiner beruflichen Kenntnisse als Küfer entgangen war. Er

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