DAEMON
sollen.»
«Jon, ich konnte den Staatsanwalt davon abbringen, Anklage zu erheben, aber ich habe das deutliche Gefühl, dass wir unseren eigenen Schatten jagen. Sobol ist uns immer drei Schritte voraus.»
«Wollen Sie mich veräppeln oder was? Wir haben letzte Nacht Riesenfortschritte gemacht.»
Sebeck sah ihn genervt an. «Ich bin getötet und Sie sind verhaftet worden. Was ist daran ein Riesenfortschritt?»
«Tja, wenn Sie’s partout von der negativen Seite sehen wollen –»
«Steigen Sie ein.»
«Was haben Sie denn?»
«Ich habe heute Morgen wegen dieses kleinen Glanzstückchens ganz schön was zu hören bekommen. Mein Haus ist in der Hand von NS A-Agenten . Mein Sohn redet nicht mit mir, meine Frau hingegen
wohl
, und ich habe noch nicht mal einen Kaffee getrunken. Davon abgesehen, ist alles wunderbar.»
«Pete, wir müssen so bald wie möglich wieder Verbindung mit dem Daemon aufnehmen.»
«Wir stolpern doch nur blind herum.»
Ross dachte kurz nach. «Ich kenne hier in der Nähe ein gutes Café.»
«Das ist doch schon mal was.»
Calabasas war eine gehobene Trabantenstadt nicht weit von Woodland Hills. Es war Teil des Kreislaufsystems von L. A. und lag wie die meisten dieser Orte an einer Freeway-Arterie.
Ross lotste Sebeck zu einer neuen Shopping-Plaza – einer Orgie aus pastellfarbenem Verputz, imitiertem Naturstein und Palmen, die eher wie die Kulisse eines Tim-Burton-Films als wie ein Einkaufszentrum aussah. Der riesige Parkplatz war voll mit
Au-Pair
-Miniautos und den riesigen SUVs von Vollzeitmüttern.
Sebeck betrachtete die Szenerie vom Außensitzbereich eines pseudofranzösischen Cafés. Hinter einer Barriere befand sich eine plätschernde Wasseranlage, auf der Enten herumschwammen, als ob das hier keine Wüste wäre, sondern ein Mühlteich in Südfrankreich. Wenn jemand die Pumpen abstellte, dachte Sebeck, wären die Enten binnen sechs Stunden tot. Er warf ihnen ein Stück Croissant hin und nahm einen Schluck von seinem Kenia-A A-Kaffee .
Ihm gegenüber schlürfte Ross einen Triple Latte. Die riesige Tasse schien
Alice im Wunderland
entsprungen. Sebeckrunzelte die Stirn. «Was war das für ein Monstrum, das uns letzte Nacht angegriffen hat? Und woher wusste es meinen Namen?»
Ross stellte seinen Latte auf eine wagenradgroße Untertasse. «Dass es Ihren Namen kannte, erstaunt mich nicht, wohl aber, dass es ihn
ausgesprochen
hat – zumal ich es nicht gehört habe.»
«Was heißt, Sie haben es nicht gehört? Es hat mich mit dröhnend lauter Stimme beim Namen genannt.»
«Ja, aber ich glaube, die Datei ist nur für Sie gelaufen.»
«Welche Datei?»
«Die Sounddatei. Man hat jemanden Ihren Namen sagen lassen und eine Aufnahme davon gemacht. Diese Aufnahme wurde als Sounddatei abgespeichert, und Ihr Computer hat die Datei auf Befehl wiedergegeben. Aber auf meinem Laptop war sie nicht.»
«Warum sollte ich die Datei haben und Sie nicht?»
«Weil Sobol sie auf Ihrem Computer platziert hat.»
«Das war ja wohl nicht schwer. Sobols Presseerklärung sagt doch,
Ego
versieht jeden Computer, auf dem es läuft, mit einer Backdoor.»
Ross nahm noch einen Schluck von seinem Latte und schüttelte den Kopf. «Nein, das nehme ich ihm nicht ab.»
«Moment mal.
Sie
haben doch gesagt, Sobol konnte alles. Und wir dürften ihn nicht unterschätzen. Und jetzt sagen Sie, er hat gar keine Backdoor in die
Ego -KI
eingebaut?»
«Welchen Sinn hätte es, eine Backdoor in ein Programm einzubauen und es dann aller Welt zu erzählen? Es würde doch nur die Zahl der Rechner, zu denen Sobol Zugang hat, drastisch verringern. Das ist doch unlogisch.»
«Sobol war
verrückt
.»
«Ja, das scheint allgemeiner Konsens zu sein. Aber wissen Sie was? Es bräuchte die koordinierte Unterstützung vielerLeute, eine Backdoor in einer Release-Version unterzubringen.»
Sebeck ließ das auf sich wirken. «Aber warum sollte Sobol das mit der Backdoor erfunden haben? Damit hat er doch letztlich seine eigene Firma ruiniert.»
Beiden ging gleichzeitig ein Licht auf.
Ross fasste sich nachdenklich ans Kinn. «Dann war es also das Ziel, seine Firma zu ruinieren. Keine Ahnung warum, aber das muss der Zweck dieser Presseerklärung gewesen sein.»
«Absoluter Wahnsinn …»
«Mag sein, aber wenn in der
Ego
-K I-Engine keine Backdoor ist, sind wir wieder bei der Frage: Woher wusste der Daemon, dass das letzte Nacht
Sie
waren? Schließlich haben Sie auf ein fremdes Konto gespielt.»
Sebeck zuckte die Achseln. «Sie
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