DAEMON
Vertreter an, die gerade ihr Gepäck aus einem Mietwagen luden, legte noch einen Zahn zu und stürmte durch die Schwingtür in die Lobby.
Am Empfang saß ein milchgesichtiger Jüngling. Er sah Ross streng an. «Vorsicht mit der Tür bitte, Sir.»
Ross kam keuchend am Empfangstresen zum Stehen. «Ich muss auf Ihr Abrechnungssystem zugreifen. Es ist ein Notfall.»
«Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen, Sir.» Er bezog an einer Tastatur Posten, die Pfoten vor sich in der Luft wie ein Präriehund.
«Verbuchen Sie Internetbenutzung auf Ihren Gastkonten?»
«Was Sie im Internet machen, erscheint nicht auf Ihrer Rechnung.»
«Das meine ich nicht. Sind Ihre Abrechnungsdaten mit einer internen I P-Adresse verbunden?»
«Sir, wir sind gesetzlich verpflichtet, keine –»
«Verdammt.» Ross schwang ein Bein auf den Tresen und zog sich hinauf, wobei er Broschüren und Telefone zu Boden fegte. «Es geht nicht um Pornos, du Schwachkopf.»
«Sie können nicht –»
Ross rutschte auf einem Stapel Broschüren aus und plumpste auf der anderen Tresenseite zu Boden.
Der Nachtportier sperrte seine Workstation und drückte dann einen Knopf unter der Tischplatte. «Die Polizei ist unterwegs!» Er rannte in den angrenzenden Büroraum, als Ross gerade wieder auf die Beine kam.
«Halt!» Ross versuchte die Bürotür noch zu erreichen, aber der Bursche knallte sie ihm vor der Nase zu und schob einen massiven Riegel vor. Ross schlug mit der flachen Hand gegen die Tür. Es war eine Sicherheitstür.
Die Stimme des Bürschchens drang gedämpft heraus: «Sie sind nicht der erste Blödmann, der auf ein Hotelkonto Pornos guckt, Sir. Aber gerade haben Sie’s um Klassen schlimmer gemacht.»
«Das hier ist ein
polizeilicher
Notfall.»
«Ich habe keine Dienstmarke gesehen.»
«Hören Sie, ich arbeite für die Feds an dem Daemon-Fall. Sobols Haus ist fünf Minuten die Straße runter. Da ist es doch wohl plausibel, dass ich hier wohne.»
«Sie wohnen schon seit Wochen hier – da war Sobol noch gar nicht tot. Warten Sie einfach auf die Polizei.»
«Aber bis die hier sind, ist es zu spät. Der Daemon wird Ihre Server angreifen, um herauszubekommen, wer ich bin.»
«Ich höre Ihnen gar nicht zu, Sir.»
«Falls der Webserver dadrin bei Ihnen ist, ziehen Sie einfach nur die Kabel hinten heraus. Das ist alles, was ich will.»
Keine Antwort.
«Junge! Das ist kein Scherz! Der Daemon hat schon über ein Dutzend Menschen getötet. Wenn er herausfindet, wer ich bin –»
«Ich schlage vor, Sie reden mit der Polizei drüber, Sir.»
Mist.
Ross ging an den Computer am Tresen. Der Bildschirm zeigte ein browserbasiertes Hotelmanagementprogramm. Ein Anmeldefenster starrte ihm ins Gesicht. Ross drehte das Mousepad um und fand einen kleinen Haftzettel, bekritzelt mit Benutzernamen und Passwörtern. Er bediente sich einer Kombination, um sich anzumelden. «Na, wenigsten eins, was ich dem Daemon voraushabe …»
Wie die meisten PO S-Systeme war auch dieses darauf angelegt, möglichst leicht bedienbar zu sein. Auf dem Monitor erschien ein Standard-Übersichtsmanager für das Abrechnungssystem. Ross wählte Gastkonten und suchte nach seinem Namen. Seine Abrechnung hatte er schnell gefunden, aber er konnte sie nicht bearbeiten. Das Login des Nachtportiers hatte nicht genügend Rechte, um bereits vorhandene Daten zu ändern – nur um neue hinzuzufügen. Da standen klar und deutlich Ross’ Name und Kreditkartennummer. Und es gab einen Link zu seinen Internet- und Telefongebühren.
Verdammt.
Der Server von
The Gate
hatte ja bereits die Haupt-I P-Adresse des Hotels – also würde der Daemon genau wissen, worauf er seinen Angriff zu richten hatte. Wenn das Hotel ein gebräuchliches Hotelmanagementsystem benutzte – was anzunehmen war –, war die Anlage der Datenbank Allgemeingut. «Verdammter Mist.»
Im Büroraum telefonierte der Portier mit der Notrufzentrale. Hinter ihm standen zwei Rack-Server, ein Router und ein Switch mit träge blinkenden Leuchtdioden. Zum gesamten Rack hatte er keinen Zugang, aber ein Flatscreen-Monitor zeigte das Server-Anmeldefenster, das wild auf dem schwarzen Bildschirm hüpfte.
Dann, als ob ein Schleusentor nachgäbe, begann plötzlich das ganze Arsenal von Leuchtdioden wild zu flackern. Das Netzwerk wurde von Datenverkehr überrannt. Selbst der verunsicherte Knabe bemerkte es. Er hörte die Festplatte ächzen.
«Hey! Was immer Sie da draußen machen, hören Sie auf.»
Ross neigte lauschend den
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