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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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«Ich bin gestern mit ihm zu dem Handelsgipfel in Montreal geflogen.»
    «Er hat die Stadt verlassen, während hier solche Probleme bestehen? Ist er wieder zurück?»
    Hempers nickte. «Wir haben einen von den Gulfstreams genommen – Ludivic, Ryans, Lindhurst und ich.»
    Mehrere Stimmen sagten gleichzeitig: «Er ist hier.»
    Sie rochen Blut – das jähe Ende einer Karriere und einen möglichen Topjob für einen Freund oder Verwandten.
    Vanowen baute Dampf auf, ein zu Recht gefürchteter Vorgang. «Tja, jetzt weiß ich, warum er nicht hier ist. Seine Leute haben mit dem Buchhaltungssystem Mist gebaut und mir die Probleme verschwiegen. Ich hoffe nur, Lindhurst hat ein Drogenproblem, weil das so ungefähr das Einzige ist, was diese Sache erklären könnte. Janice, holen Sie ihn auf der Stelle an dieses Telefon hier.» Er zeigte auf das Speakerphone in der Mitte des Konferenztischs.
    «Ich habe es gerade nochmal auf seinem Apparat probiert, Russ. Mailbox.»
    «Verdammt!» Vanowen sah in die Runde. «Meine Herren, bitte fahren Sie in der Tagesordnung fort. Ryans, Sie übernehmen den Vorsitz. Ich werde unseren Mr.   Lindhurst auftreiben, und dann werden wir dieser Sache hier und jetzt auf den Grund gehen.»
     
    Wie die meisten Firmen unterhielt die Leland Equity Group ihr Datencenter dort, wo keine Fensterräume darauf vergeudet wurden – unter der Erde. Daher hatte der fünfzigstöckige Büroturm mehrere temperaturkontrollierte Tiefgeschosse, die direkt an das Faseroptiknetz unter den Straßen von Downtown-Chicago angeschlossen waren. Von den Tiefgeschossen drangen die Rankenfortsätze der I T-Abteilung in jeden Winkel des Gebäudes, indem sie sich Hauptleitungsschächte emporschoben und in jedem der fünfzig Stockwerke auffächerten, um jeden einzelnen Beschäftigten zu erfassen.
    Als Vanowen einen der separaten Aufzüge nahm, die in die Tiefgeschosse führten, wurde ihm bewusst, wie ähnlich die I T-Abteilung dem Parasiten Sacculina war. Und in letzter Zeit war sie noch weiter gewachsen. Unautorisiert.
    Lindhurst hat gesagt, er hat das im Griff.
    Vor Monaten war Lindhurst aus seinem Eckbüro im neunundvierzigsten Stock in die fensterlosen Tiefen des Gebäudes umgezogen. Eine nie da gewesene Geste des Hands-on-Management. Zu Vanowens Freude hatte Lindhurst in der I T-Abteilung ein zweimonatiges Entlassungsblutbad veranstaltet. Die Abteilung von «dubiosen Individuen» gesäubert, das Unternehmen weltweit durchforstet und neue Leute eingestellt, die zweifelsfrei wussten, wem ihre Loyalität zu gelten hatte. Und Leland Equity hatte nicht nur überdauert, nein, die Firma stand besser da als je zuvor. Der Möchtegern-Daemon war gestoppt, Lindhurst hatte aufgeräumt, und kein Wort über ihr kleines «Problem» war an die Öffentlichkeit gedrungen.
    Aber jetzt war etwas Beängstigendes im Gange. Das Buchhaltungssystem versagte. Sie waren ein Private-Equity-Unternehmen, Herrgott nochmal. Da mussten sie doch wohl addieren und subtrahieren können.
    Vanowen begann sich zu fragen, ob Lindhurst diese ganzeBedrohung inszeniert hatte. War er so ehrgeizig? War er so clever?
    Nie und nimmer.
    Lindhurst hatte sein kleines Imperium wirklich hermetisch gesichert. Selbst Vanowen musste die Lobby-Security anweisen, einen Code in das Ziffernfeld des Fahrstuhls einzugeben, damit er überhaupt ins Tiefgeschoss hinunterkam. Das war ja wie ein Raketensilo. Vielleicht entfernte sich Lindhurst zu weit vom übrigen Management. Vielleicht war es Zeit, ihn wieder in die oberen Etagen zurückzubeordern. Oder zu feuern. Vanowen dachte gerade darüber nach, als sich die Fahrstuhltür zu einem langen, kahlen Flur auf Ebene B-2 öffnete. Atypischerweise führte der Flur vom Fahrstuhl geradeaus, rechts und links ging es nirgends hin. Vanowen war noch nie hier unten gewesen. Der Flur schien mindestens dreißig Meter lang. Er roch nagelneu, nach Plastik. Kein Wegweiser, kein Empfangstisch, nichts. Vanowen zögerte.
    Aber in ihm war immer noch Zorn, also marschierte er den Flur entlang. Seine teuren Schuhe klackten auf dem schwarzen Fliesenboden.
    Was zum Teufel ist das hier?
    Er versuchte sich an irgendwelche Beschreibungen der I T-Abteilung durch andere Führungskräfte zu erinnern, vergebens. Er klackte weiter den endlosen Flur hinunter. Nirgends Türen. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er geradeaus, aber irgendwie schien sich der Flur im Halbdunkel zu verlieren. Er müsste doch wohl das Ende sehen können.
    Er blickte zum Fahrstuhl zurück. Der

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