DAEMON
liquiden Mitteln besitzen? Soll ich daraus schließen, dass Sie noch bei Ihren Eltern wohnen?»
John Ross rieb sich die müden Augen und versuchte sich auf die Frage zu konzentrieren – die Frage, die sie ihm schon in zwanzig verschiedenen Formulierungen gestellt hatten. Die Frage, auf die sie immer wieder zurückkamen.
Der größere FB I-Agent beugte sich näher an ihn heran. «Mr. Ross?»
«Ich bin Arbeitsnomade. In früheren Zeiten sind die Leute Rentierherden hinterhergezogen. Ich ziehe Software-Zeitverträgen hinterher.»
Der kleinere Agent blieb vor einem verspiegelten Fenster stehen und blätterte in seinen Notizen. «Bei Alcyone sind Sie jetzt … zwei Monate? Ist das für Ihre Verhältnisse lange?»
«Nicht besonders. Der Normalfall sind drei bis vier.»
«Ihre Kunden nennen uns für Ihre Firma verschiedene Adressen. Bisschen seltsam für ein Einmannunternehmen, oder?»
Ross raufte sich die Haare. «Sie kontaktieren meine
Kunden
? Wollen Sie mich geschäftlich ruinieren?»
«Warum geben Sie Ihren Kunden falsche Adressdaten?»
«Ich unterhalte
legale
permanente Kontaktadressen in mehreren Bundesstaaten. Das ist ganz normale Geschäftspraxis.Warum tun Sie mir das alles an? Ich habe doch nur versucht, Hadi zu helfen.»
«Das erklärt nicht, warum Sie eine falsche Privatadresse haben.»
Ross seufzte. «Ich habe mir die falsche Adresse zugelegt, weil in dieser Gesellschaft nun mal jeder einen festen Wohnsitz haben muss.»
«Warum haben Sie dann keinen?»
«Weil ich keinen brauche.»
Beide Agenten gingen wieder auf und ab. Der kleinere begann erneut mit der Fragerei. «Alleinstehend. Keine Immobilien. Zahlen Sie all Ihre Steuern, Mr. Ross?»
«Ich bin eine in Delaware eingetragene Firma. Ich zahle mir selbst ein anständiges Gehalt, schöpfe meine Altersvorsorgemöglichkeiten voll aus und nehme den Rest als Firmengewinn – minus Spesen und Betriebskosten. Und die Firma least meinen Wagen.» Er zögerte. «Hören Sie, ich habe nichts verbrochen. Ich wollte nur meinem Kunden helfen.»
Das Telefon auf dem Tisch klingelte. Der kleinere Agent nahm wortlos ab und hörte zu. Nach einem Weilchen nickte er und sah überrascht zu Ross hinüber. «Verstehe.» Pause. «Ja.»
Er legte auf. «Wie’s aussieht, sind Sie aus dem Schneider, Mr. Ross.»
Neal Decker und die anderen drei FB I-Agenten saßen im abgedunkelten Seminarraum des East-County-Präsidiums und verfolgten konzentriert eine Projektion von Sobols Video. Sebeck, Mantz, Burkow und der Vizechef des Ventura County Sheriff’s Department, Stan Eichhorn, schauten mit. Aaron Larson bediente den Beamer, an den ein Laptop angeschlossen war.
Auf der Leinwand flimmerte Sobols körniges Konterfei.«… möchte ich diese Gelegenheit nutzen, Ihnen viel Glück zu wünschen, Sergeant – das werden Sie nämlich brauchen.»
Das Bild gefror. Sobols Zuhörerschaft pfiff durch die Zähne und begann lautstark zu diskutieren. Larson machte Licht an. Agent Decker starrte immer noch auf die leere Leinwand. Schließlich kam er zu sich und trat nach vorn.
«Meine Herren, das ändert alles.» Decker sah Agent Straub an. «Wann kommt das I T-Forensikteam , Tom?»
«Ist schon auf dem Weg vom Oxnard Airport hierher.»
«Lassen Sie es sofort zu CyberStorm bringen. Wo sind die Alcyone-Computer?»
«Letzte Nacht noch per Flugzeug nach Washington gegangen.»
«Gut. Hoffentlich geben die Festplatten noch etwas her. In der Zwischenzeit sollen die Forensiker das CyberStorm-Netzwerk durchkämmen. Es muss auf Selbstzerstörungssequenzen durchsucht werden, und dann wenden wir uns schwerpunktmäßig Matthew Sobol zu.» Er zeigte auf den Projektor. «Machen Sie den Forensikern eine Kopie von dieser Videodatei.»
Larsen meldete sich. «Ich habe schon Kopien auf CD gebrannt. Wenn Sie möchten, mache ich gern noch mehr.»
Decker hob die Hände. «Das bringt uns zu einem wichtigen Punkt. Ich will strikte Geheimhaltung, was diesen Fall betrifft.» Er sah die Beamten der örtlichen Polizei an. «Das heißt kein Wort zu Freunden oder Familienmitgliedern und erst recht kein Wort an die Presse. Wir müssen die Kontrolle darüber behalten, welche Informationen rausgehen.»
Sebeck zeigte auf die Leinwand. «Hat jemand schon mal was von diesem Sobol gehört?»
Decker sagte nichts. Er sah lediglich ein paar Aktenordner auf einem Tisch neben ihm durch und schob dann einen zu Sebeck hinüber. Die Akte trug die Aufschrift «Matthew Andrew Sobol».
«Wie? Sie kannten den
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