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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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das kleine Stück Drahtseil wieder ein, das er eben freigegeben hatte. Der Windenmechanismus griff nicht, obwohl der Motor lief. Sebeck brachte den Schlüssel wieder in die Mittelstellung und zog ihn ab.
    «Das ist komisch. Obwohl – der Instandhaltungsmann hat ja auch gesagt, das Drahtseil sei nicht aus dem Boden gekommen, als er die Winde betätigt habe.»
    Ross guckte verdutzt. «Das Drahtseil war im Boden?»
    «Ja. Es war eingegraben, und der Servertechniker hatte eine gefakte E-Mail von der Hausverwaltung bekommen, dass er herkommen und die Winde anschalten soll.»
    Ross kam näher und musterte das Gehäuse. «Aber wenn die Winde auch in eingeschaltetem Zustand gar nichts bewirkt, warum dann eine gespoofte Mail, dass jemand sie einschalten soll?»
    «Das ist tatsächlich seltsam. Das FB I-Labor wird das Ding wohl auseinandernehmen.» Sebeck zog Notizbuch und Stift heraus. Er begann, Marke, Modell und Seriennummer der Winde abzuschreiben. «Steht auf Ihrer Seite noch irgendwas?»
    Ross schüttelte den Kopf.
    Es war schnell getan, und Sebeck steckte das Notizbuch wieder weg. «Wo ich schon hier bin, möchte ich nochmal einen Blick auf den Tatort werfen. Dauert nur ein paar Minuten.» Sie gingen zum Wagen zurück. Ehe er einstieg, nahm Sebeck die Fernbedienung aus dem Plastikbeutel, richtete sie aufs Tor und drückte darauf.
    Das Tor quietschte und schwang dann langsam auf. Zugleich war da noch ein Geräusch, das Sebeck bekannt vorkam, und er neigte den Kopf, um genauer hinzuhören. Ross’ Handrücken schlug ihm vor die Brust – was ihn erschreckte. Wütend funkelte er Ross an, der irgendwohin zeigte. Sebeck folgte seinem Zeigefinger.
    Die Winde lief und straffte das Drahtseil.
    Erst das Scheppern des am Anschlag stoppenden Tors riss sie aus ihrem verblüfften Gaffen. Das Drahtseil war jetzt so stramm gespannt wie eine Klaviersaite.
    Sebeck sah Ross an.
    Ross zeigte auf die Fernbedienung. «Wem gehört die?»
    Sebeck sah auf das Ding in seiner Hand. Nickte dann. «Die gehörte Joseph Pavlos. Dem Opfer.»
    Ross nickte zurück. «Das macht Sinn. Sonst hätte womöglich jemand das Drahtseil zu früh entdeckt, und der Mord wäre vereitelt worden.»
    Sebeck dachte darüber nach. «Aber warum sollte jemand einen Mann hierherschicken, um die Winde anzuschalten, wenn man mit dem Schlüssel gar nichts bewirken kann? Wie Sie selbst schon sagten: Wozu der gefälschte Arbeitsauftrag?»
    Beide überlegten einen Moment.
    Dann wandte sich Ross wieder Sebeck zu. «Was haben Sie als Erstes getan, nachdem Sie herausgefunden hatten, dass der Servicemann die Winde angestellt hatte?»
    «Wir haben ihn mit aufs Revier genommen und einen Durchsuchungsbefehl für die Immobilienverwaltungsfirma beantragt.»
    «Und wie lange haben Sie gebraucht, um den Durchsuchungsbefehl zu bekommen und die Firma zu durchsuchen?»
    Sebeck zog eine Grimasse. «So lange, dass in der Zwischenzeit das zweite Opfer starb.»
    «Vielleicht war es ja ein Ablenkungsmanöver, um Zeit zu haben, den zweiten Programmierer zu töten.»
    «Dann ist doch die Frage: Warum war es so wichtig, diese beiden Programmierer zu töten?»
    Ross runzelte die Stirn.
    Sebeck beobachtete ihn genau. «Was ist?»
    Ross zögerte. «Die ägyptischen Pharaonen brachten die Arbeiter um, die ihre Pyramiden erbaut hatten   –»
    «Die Programmierer wussten zu viel.»
    «Möglich. Vielleicht hatte Sobol ja Helfer beim Programmieren dieser ganzen Sache. Immerhin hatte er einen fortgeschrittenen Gehirntumor.»
    «Aber warum hätten sie ihm helfen sollen? Pavlos fuhr doch ständig auf seiner Cross-Maschine hier draußen herum. Er hätte doch merken müssen, dass das Programm dazu dienen sollte, ihn umzubringen.»
    Ross lehnte sich wieder gegen die Motorhaube. «Ich würde mal sagen, dass sie diesen Teil nicht programmiert haben. Das hat Sobol wahrscheinlich selbst gemacht. Sie haben vermutlich andere Sachen programmiert. Vielleicht etwas, wovon wir noch gar nichts wissen.»
    Sie standen eine Weile stumm da.
    Ross brach schließlich das Schweigen. «Es ist doch interessant, dass dieser Singh starb, als er eine Serverfarm betreten wollte.»
    «Was ist daran interessant?»
    «Na ja, eine Serverfarm ist im Grunde ein riesiger Datenspeicher. Racks um Racks voller Server.»
    «Und?»
    «Und wenn ich Programmierer wäre und an einen geheimen Datenspeicher herankommen wollte – oder irgendeinen elektronischen Vorgang manuell stoppen   –, würde ich doch vielleicht diese Serverfarm

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