Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
Vom Netzwerk:
Gertas Lippen zuckte es, während sie mit dem Zauberspruch fortfuhr und die Hand nach Danielle ausstreckte. Danielles Gesicht straffte sich bei der Berührung. Ihre Haut fühlte sich plötzlich warm und trocken an, als hätte sie zu viel Zeit in der Sonne verbracht. Als sie die Arme beugte, fühlte ihre Haut sich so steif an, wie es die übermäßig gestärkten Abendkleider getan hatten, die in der letzten Saison so beliebt gewesen waren.
    Talia zog das Messer und fuhr sich mit der Schneide über den Daumen: Es gelang der Klinge nicht, die Haut zu ritzen. »Nicht übel!«
    »Es ist kein Ersatz für eine Rüstung!«, warnte Gerta sie. »Ein kräftiger Schwerthieb wird euch töten, aber vor Streifschlägen und kleineren Stichen dürften wir geschützt sein.« Sie rieb mit dem Daumen über die Schrift auf dem getrockneten Fisch, dann zuckte sie die Schultern und biss hinein. »Schmeckt zauberhaft!«
    Der See bot ihnen keine Deckung. Danielle sah weder Wachen noch Fenster, aber sie zweifelte nicht daran, dass Schnee Ausschau hielt. »Im Schutz der Nacht haben wir besse …«
    »Nicht gegen Schnee. Der ganze See dient ihr als Spiegel. In dem Moment, wo wir ins Freie treten …« Gerta zeigte aufs Schloss. »In den Verwehungen befinden sich Kreaturen. So kalt, dass sie kaum noch leben.«
    »Gefangene?«, fragte Talia.
    »Das glaube ich nicht.« Gerta schaute durch die Bäume.
    Danielle bemühte sich, ruhig zu atmen. Jakob war dort, hinter diesen vom Schnee belagerten Mauern. So nah, dass er vielleicht ihre Stimme hören würde, wenn sie rief. »Das spielt keine Rolle.«
    Gertas Zauberkraft war nicht stark genug, um Schnee zu überwältigen. Der Dunkeling würde sie auch nicht verbergen können – nicht hier. Der ganze See diente Schnee als Spiegel. In dem Moment, wo sie das Eis betraten, würde sie es wissen.
    »Wie kommen wir rein?«, fragte Talia. »Es gibt keine Türen.«
    »Sie braucht auch keine«, sagte Gerta. »Das Eis reagiert auf ihren Willen. Wir werden die Außenmauer ersteigen oder durchbrechen müssen.«
    Danielle ging ans Ufer hinunter. Der äußerste Rand des Sees war zu einem spitzenartigen Band aus Reif gefroren, das unter ihren Füßen knirschte.
    Die Verwehungen am Fuße der Schlossmauer erzitterten. Große Gestalten lösten sich daraus. Die meisten waren humanoid, gekleidet in Fell und Reif und Eis. Andere gingen auf allen vieren, obwohl sie keinem Tier glichen, das Danielle jemals gesehen hatte. Aus dieser Entfernung war es schwierig, Einzelheiten zu erkennen. Sie entdeckte eine Schlange mit weißen Flügeln, die doppelt so hoch wie ein Mann war. Ein Tier, das eine Kreuzung zwischen Hund und Bulle zu sein schien, schüttelte sich den Schnee vom stachelbedeckten Fell. Jedes der Wesen war weiß, als wäre alle Farbe in ihren Körpern gebleicht worden.
    »Ich schätze sie auf annähernd hundert«, sagte Talia mit ruhiger, abwägender Stimme.
    »Die sind nur aus dem vorderen Bereich des Schlosses«, legte Gerta dar. »Sie könnte fünf Mal so viel in den übrigen Verwehungen warten haben.«
    »Willkommen, Danielle!« Schnees Stimme dröhnte über den See. »Hast du kein Wort der Begrüßung für deine treue Mannschaft, die Männer, die so kurz, aber tapfer gekämpft haben, um die Phillipa zu beschützen?«
    Danielle schluckte. »Gerta?«
    »Sie sagt die Wahrheit.« Gerta war blasser als sonst. »Es sind Menschen. Oder jedenfalls waren sie das einmal.«
    Dies waren Männer, mit denen Danielle gesegelt war. Männer, mit denen sie gescherzt und sogar Seite an Seite gekämpft hatte, vor mehr als einem Jahr. »Bist du stark genug, um es rückgängig …«
    »Es tut mir leid.« Gerta starrte auf die tierische Armee vor ihnen. »Einen oder zwei könnte ich vielleicht verwandeln, wenn ich genug Zeit hätte, aber unter diesen Umständen nicht.«
    Seit sie Lorindar verlassen hatte, hatte Danielle sich ausgemalt, was sie sagen würde, wenn sie Schneewittchen fände. Sie hatte nach den Worten gesucht, die die Macht des Dämons durchbrechen und ihrer Freundin helfen würden, seinen Griff lange genug abzuschütteln, dass sie ihn vernichten könnten. Lange genug, dass sie sie retten könnten.
    »Dein Sohn hat mir schon gesagt, dass ihr heute ankommen würdet«, fuhr Schnee fort. »Ein erstaunliches Kind, das weitaus mehr sieht als die meisten. Ich vermute, dass er dich und Armand schnell vergessen wird. Er wird alles vergessen, außer mir.«
    »Verzeih mir!« Danielle schloss die Augen. Viele Male hatte sie im Lauf der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher