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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
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Särge aus Eis aufgestellt waren. Danielle rieb mit der Hand über einen, um den Reif zu entfernen.
    »Mitglieder des Kreises der Edlen«, sagte Gerta mit unnatürlicher Stimme. »Tot. Sie hat ihr Blut benutzt, um den Kreis zu bilden.«
    Gerta fing an, das Zimmer zu durchqueren, stieß aber gegen einen der Särge. »Du wirst mir helfen müssen, Talia. Eine der Spiegelscherben steckt in ihrem Auge; sie blendet mich. Ich sehe, was sie sieht. Ich kann sie spüren. Sie beide. Schnee und der Dämon zerren mich beide zu sich hin.«
    Danielle schaute angestrengt in den gegenüberliegenden Korridor. »Scheint sauber zu sein.«
    »Ist es aber nicht«, sagte Gerta. »Der Boden wird hier dünner, sodass sie ungebetene Besucher in den See fallen lassen kann. Aber ich kann uns durchbringen. Das Schloss erkennt mich jetzt an.«
    Was bedeutete, dass Gerta immer schwächer wurde. Talia hielt ihren Arm und half ihr durch die Tür. Es war so kalt hier, dass sie selbst unter ihren schweren Fellen zitterte.
    Gerta wankte. »Es fühlt sich an, als würde sie versuchen, mich zu ertränken.«
    »Bleib bei uns!« Talia stimmte ein altes aratheanisches Lied an, das von einer Königin handelte, die in die Wüste reist, um ihren Geliebten vor einer Deev zu retten. Sie sang mit gesenkter Stimme, nur für Gertas Ohren bestimmt.
    »Ich dachte … du würdest Singen hassen.«
    »Tu ich auch.« Talia zog sie sanft am Arm und führte Gerta weiter. »Hilft es?«
    »Es ist wunderschön.«
    Einen gequälten Schritt nach dem anderen arbeiteten sie sich durch den Korridor. Noch drei weitere Male blieb Gerta stehen, und jedes Mal fürchtete Talia, sie hätten sie verloren. Wenn der Dämon jetzt Besitz von Gerta ergriff, konnte er sie alle durch sie angreifen, und alles, was sie getan hatten, wäre umsonst gewesen. Aber jedes Mal schob Gerta sich weiter und führte sie an einer Falle nach der anderen vorbei, bis sie an der Tür ankamen.
    Sie öffnete sich bei Gertas Berührung und schwang nach innen, sodass ein ausgedehnter, kuppelförmiger Raum sichtbar wurde. Schneeverwehungen säumten die Wände und verschmolzen nahtlos mit ihnen, wodurch die Illusion einer endlosen weißen Ebene entstand.
    »Willkommen zu Hause, Schwester.« Schneewittchen saß auf einem weißen Thron in der Mitte des Raums. Eisblöcke formten ein Podium, ein Miniaturgletscher auf dem zugefrorenen See. Zu Schnees Linken saß Jakob und spielte zitternd mit Eisscherben. Er schien sie nicht zu bemerken.
    »Jakob!« Danielle setzte sich in Bewegung.
    »Warte! « Nur die Schärfe in Talias Stimme hielt Danielle davon ab, zu ihrem Sohn hinzustürzen.
    »Danke, dass ihr sie mir zurückgebracht habt«, sagte Schnee. Sie trug ein ärmelloses weißes Kleid, ihre Haut war noch blasser als sonst, und aus ihren Lippen war alle Farbe gewichen. Sie hatte beide Augen geöffnet, aber eins war fahl und vernarbt. Sogar die weißen Strähnen in ihren Haaren verschmolzen fast unsichtbar mit der Umgebung, als ob das Schloss sie langsam verzehrte. Eine Krone aus Eis umwand ihre Stirn; jede Zacke glänzte wie Glas. Die Ränder ihres Kleides klirrten, als sie aufstand und hinuntertrat neben Jakob.
    »Fass ihn nicht an!«, warnte Danielle sie mit dem Kurzschwert in der Hand. Aber es waren zwanzig Schritte bis zu Schnees Thron; der Dämon würde sie alle niederstrecken, bevor jemand an sie herankäme.
    »Wie sah euer Plan aus?«, fragte Schnee. »Ich weiß, dass ihr mich nicht töten werdet. Danielle klammert sich an die Hoffnung, dass ich vielleicht noch zu retten bin, und Talia gebricht es an der Stärke, die Frau zu ermorden, die sie liebt. Ihr dürft es natürlich gerne versuchen – ihr wärt nicht die Ersten, die mich verraten.«
    In ihrer Stimme war nichts mehr von Schneewittchen zu hören. Ihr Körper war angespannt und erinnerte Talia an ein Reptil kurz vor dem Zuschlagen. Sie runzelte die Stirn, und Sonnenlicht schien aus ihrer Krone. Es durchbohrte den Dunkeling und nagelte ihn an die Wand. Er kreischte und wehrte sich, konnte sich aber nicht befreien.
    »Wie sah denn deiner aus?«, entgegnete Talia. »Wolltest du die Menschen umbringen, die versucht haben, dich zu retten? Dein Vaterland niederbrennen und seine Adligen lebendig begraben, so wie es deine Mutter einst mit dir gemacht hat? Dämonen auf die Welt loslassen und zusehen, wie sie zugrunde geht?«
    »Nicht niederbrennen, sondern reinigen. Ach Talia, du verstehst nicht, wie es ist, endlich zu sehen . Die Geister, die ihr Dämonen nennt, werden
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