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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
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die Lügen und die Verderbtheit dieser Welt ausmerzen!«
    »Was ist mit der Freude?«, fragte Danielle. »Willst du die auch ausmerzen?«
    Schnee tippte mit dem Fuß auf den Boden. Ihr Spiegelbild zitterte, und für einen Moment sah Talia nicht den Dämon, sondern Schneewittchen, narbenlos und in dem eisigen Spiegel gefangen. »Der Geist eurer Freundin lebt noch, müsst ihr wissen«, sagte sie leichthin. »Es war Jakob, der diesen letzten verbliebenen Funken Menschlichkeit gefunden und geglaubt hat, er könnte ihn retten. Tötet mich, und ihr tötet auch, was von ihr noch übrig ist.«
    Talia trat vor, und als wäre die Bewegung ein Signal, kam plötzlich ein kalter Sturmwind auf. Sie versuchte, sich an Gertas Hand festzuhalten, aber der Wind riss Talia fort und schleuderte sie an die Wand. Eis und Schnee ließen sie praktisch blind werden, sodass sie die anderen nur noch als Schatten wahrnahm.
    »Nicht dass ich vorhätte, euch die Gelegenheit dazu zu geben«, fügte Schnee hinzu.
    »Talia!« Sie konnte Gertas Schrei hören, sie aber nicht sehen. Und dann wurde der Wind schwach genug, dass Talia sich abstoßen konnte.
    Gerta klammerte sich Halt suchend an Danielles Arm. Ihre Augen waren fest zugedrückt, die Fäuste verkrampft.
    »Du versuchst, von einem Dämon Besitz zu ergreifen?« In Schnees Stimme lag keine Anstrengung, vielmehr klang sie erfreut, als ob ein Haustier gerade ein unerwartetes Kunststück gelernt hätte. »Nicht einmal Schneewittchen war dreist genug, das zu versuchen.«
    Gerta brach auf dem Boden zusammen. Sie kehrte Talia das Gesicht zu. »Bitte …«
    »Ich werde nicht zulassen, dass sie von dir Besitz ergreift!«, versprach Talia. Tränen froren auf ihren Wangen.
    Schnees Stimme verhärtete sich. »Sie war mein von dem Moment, in dem ich sie erschaffen habe.«
    Gertas Lippen bewegten sich synchron zu denen Schnees. Ihr Gesicht war erschlafft. Welche Zauberei sie bei dem Versuch, den Dämon unter Kontrolle zu bringen – dem Versuch, Talia zu beschützen – auch benutzt hatte, sie hatte sie bloß der Macht des Dämons zugänglich gemacht.
    Mit einem Sprung zur Seite stellte Talia sich zwischen Schnee und den Dunkeling. Das Sonnenlicht war zwar warm, für einen Menschen im Gegensatz zu dem Schattenwesen aber harmlos. Der Dunkeling fiel hinter ihr auf alle viere. »Tu es!«, herrschte Talia ihn an.
    Der Dunkeling kroch los; sein Körper schwelte noch von Schnees Angriff. Schnees Krone schien strahlend hell, aber Talia blieb vor dem Dunkeling und schirmte ihn ab, als er nicht auf Schnee, sondern auf Gerta zukrabbelte. Als er sie erreichte, zog er sie auf den Rücken und drückte ihr einen einzelnen Finger aufs linke Auge.
    Ein Schrei erfüllte den Palast – er kam von Gerta und Schnee gleichermaßen. Der Wind erstarb, das Sonnenlicht erlosch. Talia rannte zu Gerta hin. »Geht es dir …«
    Gerta wälzte sich auf die Seite und presste die Hand auf das zerstörte Auge. Weißer Staub fiel von ihren Fingern. »Ich kann ihren Schmerz und ihre Wut fühlen.«
    Talia zögerte.
    Gerta stieß sie weg. »Geh, verdammt noch mal!«
    Danielle rannte bereits auf Jakob zu. Talia riss sich von Gerta los und lief der fliehenden Schnee hinterher. Sie griff in die Jacke und zog die magiehemmende Kette heraus, die sie aus dem Palast mitgenommen hatten. In der Nacht davor hatte sie Griffe aus Seil durch die Endglieder geflochten, während die anderen schliefen; jetzt nahm sie einen davon in jede Hand und zog die Kette straff.
    Auch Schnee hielt sich eine Hand vors Auge; in der anderen lag ein neu erschaffenes Schwert aus Eis. Sie blinzelte mit dem guten Auge, als versuche sie, es scharf einzustellen. Talia rannte schneller und rutschte dabei fast auf dem Eis aus. Sie musste zuschlagen, solange der Dämon noch desorientiert war.
    Eis wirbelte um Schnees Körper und formte eine Rüstung, die aussah, als bestünde sie aus trüben Quarzglasplatten. Sie stieß ihre Klinge in den Boden und fuchtelte mit der Hand in Talias Richtung. Danielle stieß einen Warnschrei aus, denn die Scherben, mit denen Jakob gespielt hatte, wurden seinen Händen entrissen und flogen durch die Luft. Zwei trafen Talia, aber die Magie der Riesin beschützte sie. Der Dunkeling hatte weniger Glück: Drei Scherben durchbohrten seine Brust, und er fiel zu Boden; Schwärze quoll über das Eis.
    Schnee nahm ihr Schwert wieder auf. Talia ließ sich im Laufen fallen, schlitterte übers Eis und trat ihr die Beine weg, sodass sie mit dem Gesicht nach unten
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