Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
dann also hergekommen?«, fragte Danielle.
»Ich glaube, unsere Mutter hat etwas im Innern des Spiegels versklavt. Hat es gezwungen, ihr zu dienen.«
Etwas, das sich losgerissen hatte, als der Spiegel zersprungen war, dachte Danielle und sagte: »Schnee hat nie davon gesprochen. Du hast uns erzählt, Schnee habe dich erschaffen, dich aus ihren eigenen Gedanken und Erinnerungen geformt …«
»Sie hat nie davon gesprochen«, pflichtete Gerta ihr bei, »aber nachts lag sie immer wach und grübelte über den Preis von Mutters Magie nach. Als sie größer wurde, lernte sie, solche Dinge nicht infrage zu stellen. Einen großen Teil der Magie unserer Mutter überließ man am besten den Schatten. Schnee war ein Kind; hätte sie sich erlaubt, über die Qualen nachzudenken, die unsere Mutter anderen zufügte, die Rituale, die sie ersann, es hätte sie zerstört. Also sperrte Schnee diese Bedenken weg, vergrub sie so tief in ihrem Innern, dass sie sie nicht einmal in ihren Träumen erreichen konnten.«
Kein Wunder, dass Schnee sich eine Gefährtin für sich ausgedacht hatte. Ein Kind, dass sich solchen Albträumen alleine gegenübersah … bei dieser Vorstellung wünschte sich Danielle, sie könnte irgendwie zurückgehen und Schnee bei ihrer Geburt schnell verschwinden lassen.
»Und dann, gestern, zerbrach der Spiegel.«
»Und ließ was frei?«, fragte Isaac.
»Wir sind einmal mit einer Meerjungfrau aneinandergeraten, die Menschenseelen einsperrte und als Sklaven benutzte«, sagte Danielle. »Könnte der Spiegel etwas Ähnliches gemacht haben?«
»Keine Menschenseele wäre mächtig genug.« Gerta schüttelte den Kopf. »Wenn sie so stark wären, wäre meine Mutter nie imstande gewesen, sie zu versklaven.«
»Ein Dämon!« Vater Isaac war es, der sprach. »Kein unbedeutender Unhold, sondern ein echter Bewohner der Hölle.«
»Schnee hat es nicht gewusst«, sagte Gerta schnell. »Selbst wenn sie versucht hätte, diese Wahrheit herauszufinden, so wäre es unmöglich gewesen, Sicherheit zu erlangen, außer durch die Zerstörung des Spiegels.« Sie deutete auf Armand. »Das hier hat sie nie beabsichtigt.«
Talia murmelte einen aratheanischen Fluch vor sich hin. »Schnee hat auch das letzte Stäubchen Glas eingesammelt. Wenn jeder Splitter ein Widerschein der Macht des Dämons ist, dann könnte sie halb Lorindar infizieren!«
Danielle beobachtete Vater Isaac. »Sagt Gerta die Wahrheit?«
»Ich glaube schon«, meinte Isaac. »Sonderbar … in mancherlei Hinsicht wirkt sie wie eine geistige Konstruktion, aber ihr Fleisch ist menschlich.«
Gerta streckte die Hand aus und zog an den Locken seines Bartes, was ihr einen überraschten Aufschrei eintrug. »Ist das echt genug für Euch, Vater?«
»Von dem Moment an, als sie aus ihrer Bibliothek herauskam, trug sie einen Dämon bei sich«, sagte Talia. »Wieso hat ihn niemand entdeckt? Was nützen diese verdammten Schutzvorkehrungen und Abwehrzauber, wenn …?«
»Schnee hat viele dieser Schutzvorkehrungen selbst erschaffen«, legte Danielle dar. »Sie ging Vater Isaac aus dem Weg, und von Tymalous weiß ich, dass sie auch ihn nicht besuchte.« Sie schaute Gerta an. »Kannst du mithilfe des Glases in Armands Blut Schnee ausfindig machen?«
»Das habe ich sie schon gefragt«, warf Talia ein.
Gerta wandte sich ab. »Schnee hat sich mich immer als die schwächere Schwester vorgestellt; jemanden, den sie mit ihrer eigenen Zauberei beeindrucken konnte. Ich bin, wie sie mich gemacht hat. Wenn ich Magie benutze, um den Splitter zu berühren, könnte der Dämon mich wahrscheinlich auch holen.«
Verzweiflung stieg in Danielle auf. Sie würde weitersuchen, bis jeder Winkel des Palasts überprüft war, doch tief im Innern wusste sie, dass es aussichtslos war. Schnee war fort, und sie hatte Jakob mitgenommen.
Ein Lachen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ihren Mann. Es war nichts Angenehmes an dem Geräusch, nur Hohn, wie bei einem aufsässigen Kind. »Du hast sie beide verloren. Wie lange brauchst du noch, um dir dein Versagen einzugestehen, Aschenputtel?«
Zu ihrer Überraschung half Armands Gebrauch ihres alten Spitznamens ihr, die Beherrschung wiederzugewinnen. Diese Art von Hass war ihr vertraut, war leichter beiseitezuschieben. Sie ging zu ihm hin. »Der Mann, den ich liebe, würde mich nie bei diesem Namen nennen.«
»Der Mann, den du liebst?« Wieder lachte er. »Es heißt zu Recht, Liebe macht blind! Du empfindest nicht mehr Liebe für mich, als ich für dich empfunden habe. Du
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