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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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fortfloss. Die Wolfssinne waren keine Hilfe, weil sie nicht genau wusste, was sie aufspüren sollte.
    Gerta wölbte die Hand über den Augen und starrte in die Sonne. »Ich habe die Hütte nur von außen gesehen, aber sie war klein, vermutlich nur ein Raum. Die Fenster waren aus Farbglas, quadratische Scheiben, blau und rot. Ich entsinne mich an den Geruch von Blumen und an zwei Eichen, die beiderseits der Tür wuchsen. Sie erinnerten mich an Soldaten, die den Eingang bewachten.«
    »Wir könnten uns aufteilen«, schlug Danielle vor. »Wenn wir jede einer Gabelung folgen …«
    Talia strich über das schwarze Fell ihres Umhangs. »Dieser Umhang ist das Einzige, was Schnee daran hindert, uns zu finden. Wir bleiben zusammen.«
    »Vielleicht sollte mal jemand anders das Ding tragen«, meinte Gerta. »Du hast schon sehr lange ohne Pause gegen den Einfluss des Wolfs angekämpft.«
    »Es geht mir gut!«, brauste Talia auf. »Oder wird es mir jedenfalls, sobald du diese verdammte Hexe gefunden hast!«
    Gerta lächelte. »Siehst du, was ich meine? Das war gereizt, sogar für dich.«
    Talia setzte zu einer Erwiderung an, fing sich aber gerade noch. Gerta hatte recht. Die Zauberkraft des Umhangs verlieh ihr Kraft und Schnelligkeit, doch dafür musste sie auch einen Preis zahlen. Sie wollte jagen, kämpfen. »Also wie finden wir sie jetzt?«
    »Ich wurde aus Magie und Erinnerungen geschaffen.« Gerta trat einen Schneebrocken ins Wasser. »Ich muss diese spezielle Erinnerung noch einmal durchleben.«
    »Wie?«, fragte Danielle.
    Gerta öffnete die Spange an ihrem Umhang und reichte ihn Talia. »Uns war kalt. Schnee hatte nicht daran gedacht, zusätzliche Kleider mitzunehmen, und Magie zu benutzen traute sie sich nicht, aus Angst, unsere Mutter würde es merken.«
    Talias Nacken kribbelte, und ein brennender Geruch zeigte die Präsenz von Magie an, als Gerta einen weiten Kreis ummaß. Sie ging ihren Fußspuren noch einmal nach, dann ein zweites Mal, bis sich in der Mitte ein Schatten zu bilden begann.
    Jeder Schritt verfestigte die Illusion und malte ein junges Mädchen mit langen schwarzen Haaren und vor Kälte roten Wangen. Es schnürte Talia die Brust zusammen, als sie ein viel jüngeres Schneewittchen erkannte. Sie trug ein dickes blaues Kleid, aber ihre Hände waren unbedeckt, und sie presste die Arme an die Brust, um sie warm zu bekommen.
    »Bleib unten!«, zischte die junge Schnee. »Willst du, dass sie uns sieht?«
    Gerta duckte sich tief und spähte stromaufwärts nach etwas, was Talia nicht sehen konnte. »Was meinst du, wo sie hingeht?«
    Schnee warf Gerta ein kurzes Zahnlückenlächeln zu. »Wieso? Hast du Angst?«
    »Hab ich nicht!«
    »Du hast Angst, dass sie dich in einen Kessel werfen und dir das Fleisch von den Knochen kochen wird, stimmt’s?« Schnee versetzte Gerta einen Stoß an die Schulter. »Und dann wird sie dich von den Toten erwecken und jede Nacht tanzen lassen, nichts als ein Skelett, und deine Knochen werden auf dem Boden klappern!«
    Danielle ging näher heran. »Sie war ein makabres Kind, nicht wahr?«
    »Na ja, man muss sich nur ansehen, wer sie großgezogen hat«, entgegnete Talia.
    Gerta schien sie nicht wahrzunehmen, als sie sich zitternd neben Schnee kauerte. »Ich will nicht, dass sie uns wieder einsperrt.«
    »Sie kann uns nicht bestrafen, wenn wir uns nicht erwischen lassen.« Schnee wölbte die Hände vor dem Mund und blies hinein, dann klemmte sie sie wieder unter die Achselhöhlen. »Wahrscheinlich sammelt sie nur Zutaten für einen Trank oder so was.«
    »Allein im Wald?«, fragte Gerta. »Mitten im Winter?«
    »Vielleicht ist sie einem Elfenkomplott auf die Spur gekommen!«, meinte Schnee eifrig. »Sie könnte sich als eine von ihnen verkleidet haben, um ihre Geheimnisse zu erfahren!«
    »Es gibt keine Elfen in Allesandria«, belehrte Gerta sie selbstgefällig.
    Schnee streckte ihr die Zunge raus. »Das zeigt, dass du keine Ahnung hast! Erst letzten Monat hab ich einen Kobold am Himmel gesehen!«
    »Hast du nicht!«
    »Hab ich doch!« Schnee boxte Gerta auf den Arm. »Komm schon, bevor wir sie verlieren!«
    Sie folgten der größeren Gabelung des Flusses und eilten stromaufwärts, bis sie zu einer Steinbrücke kamen. Schnee rannte darüber und blieb nur kurz stehen, um einen Stein ins Wasser zu werfen. Sie und Gerta lachten und ermahnten sich gegenseitig zur Ruhe, während sie durch den Wald auf den kleineren Fluss zuliefen.
    Die Pferde folgten ihnen und blieben dicht bei Danielle.

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