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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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wissen müssen. Ihr kommt am besten rein.«
    Talia betrat die Hütte als Erste. Falls dies eine Falle war, so hätte sie die beste Chance, sie zu überwinden.
    Noita blieb stehen, um auf eine geflochtene Matte im Eingang aufzustampfen. Ihr Zuhause war klein und spärlich möbliert, machte aber einen gemütlichen Eindruck. Dicke blaue Vorhänge bedeckten die Fenster. Das Feuer im Kamin prasselte fröhlich, aber ohne Rauch. Gespaltenes Feuerholz säumte die Wand neben dem Kamin, und Talia fragte sich verwundert, wo es herkam. Noita sah jedenfalls nicht stark genug aus, um es selbst gesammelt zu haben. An der Decke hingen getrocknete Blumen; ein paar der verwelkten, papierartigen Blütenblätter fielen auf den Boden, als Noita die Tür hinter ihnen schloss.
    Bei vier Personen gab es kaum Platz zum Stehen. Noita arbeitete sich zu einem Schaukelstuhl neben dem Kamin durch, dem einzigen Stuhl in der Hütte. An der Wand stand ein viereckiger Holztisch und auf diesem, nahe der Tischkante, eine Schale mit reifen Kirschen. Die daneben verstreuten Kerne und Stängel erklärten die dunkelroten Flecken an Noitas Fingerspitzen. »Bitte, bedient euch.«
    Gerta ging auf den Tisch zu, aber Talia hielt sie zurück. »Reifes Obst mitten im Winter?«
    Noita lächelte. »Habt Ihr gedacht, Hexerei sei nur dazu gut, schöne Jungfrauen zu verfluchen?« Sie steckte sich eine Kirsche in den Mund und spuckte den Kern auf den Tisch. »Schneewittchen hat also den Spiegel ihrer Mutter mitgenommen, als sie aus aus Allesandria floh. Und jetzt hat er sich gegen sie gewendet, ja?«
    »Sie hat meinen Sohn entführt«, sagte Danielle.
    »Hab diesem Spiegel nie getraut.« Noita schürzte die Lippen. »Rose dachte, sie könnte ihn kontrollieren. Sie war arrogant, davon überzeugt, dass sie schlauer und stärker als alle anderen war. Normalerweise war sie das auch, aber nicht dieses Mal. Dieser Spiegel hat sie umgebracht.«
    »Wie meint Ihr das?«, fragte Gerta.
    »›Wer ist die Schönste im ganzen Land?‹ Eine ganz einfache Frage, nicht wahr?« Noita biss in eine weitere Kirsche, und ein Rinnsal dunklen Safts lief ihr am Kinn hinunter. Sie tupfte es mit dem Ärmel ab. »Allerdings eine Frage des Geschmacks, oder? Ein Bauernjunge schaut seine erste Liebe an und erklärt, dass sie die schönste Frau auf der Welt ist. Ein gebildeter Städter schaut sie an und sieht ein Landei, dreckig und unscheinbar. War das junge Schneewittchen wirklich die Schönste im ganzen Land? Manche mögen das sagen, aber was weiß ein Spiegel schon von Schönheit? Wieso hat er sich für sie entschieden, sofern er nicht wusste, was diese Entscheidung mit sich bringen würde?«
    Talia stützte sich mit den Händen auf den Rand des Tischs, der unter dem Gewicht knarrte. »Wir wissen über den Dämon Bescheid.«
    Noitas Stimme kam wie aus weiter Ferne. »Ich habe Rose davor gewarnt, aber sie wollte die Macht. Wir hätten diese verfluchte Kreatur niemals in diese Welt bringen dürfen. Sie hat sich befreit, stimmt’s?«
    »Sie hat von Schnee Besitz ergriffen«, antwortete Danielle.
    »Dann ist Schneewittchen tot.« Noitas Worte, die so nüchtern gesprochen wurden, bohrten sich in Talias Brust.
    »Ihr habt meiner Mutter geholfen, den Dämon einzusperren«, sagte Gerta.
    »Ja, obwohl der Preis ein Fleck auf unserer beider Seelen war.« Sie rollte eine Kirsche zwischen den Fingern. »Ich habe keinen Zweifel, dass er sich daran erinnert, was ich getan habe.« Sie seufzte und ließ sich in den Stuhl zurücksinken. Das Knarren ihres Schaukelns und das Knistern des Feuers waren eine Zeit lang das einzige Geräusch, bis Talia schon dachte, sie sei eingeschlafen.
    »Noita?«, fragte Gerta.
    »Ich warnte sie«, sagte Noita. »Dies war kein geringeres Wesen, sondern ein echter Dämon, praktisch unsterblich. Ihr Spiegel war das Werk eines Genies, aber er konnte nicht ewig halten. Ich blickte in die Zukunft, und ich sah, was passieren würde, wenn dieser Spiegel versagte.«
    »Was habt Ihr gesehen?«, fragte Talia.
    »Meinen Tod.« Noita fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und ihr Blick huschte zur Hintertür der Hütte. »Feuer und Chaos. Tod und Wahnsinn, die sich über ganz Allesandria verbreiteten. Selbst mit unseren gemeinsamen Anstrengungen hatten Rose und ich kaum die Kraft, den Dämon einzusperren. Jetzt, wo er frei ist und Ermillinas Macht seiner eigenen hinzugefügt hat, kann ich keine …«
    »Sie hat unseren Sohn entführt!«, unterbrach Danielle sie. »Ihr habt geholfen, diese

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