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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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Glauben, der ihm vielleicht aus Kindertagen geblieben war, aus seinem Geist gebrannt.
    Jefferson wusste nicht, ob er die Kraft besaß, zum Glauben zurückzufinden.
    McKenna ging schweigend neben ihm her. Ihre Haare wogten in der sanften Brise, die vom Platz herüberwehte und das Wasser im Kanal kräuselte. Sie bogen von der Hauptstraße ab und betraten einen breiten gepflasterten Weg, der parallel zum Kanal verlief. Die Straßenlaternen wurden bereits eingeschaltet, und allmählich senkte sich die Dunkelheit herab. Die rechte Seite des Weges war von Bäumen gesäumt, die den Fußweg von der Straße trennten, auf der mehr Radfahrer als Autos unterwegs waren.
    Paare spazierten Arm in Arm am Kanal entlang, lachten und unterhielten sich leise, gefangen in ihrer eigenen Welt – einer Welt, die sich sehr von der Jeffersons und McKennas unterschied, von ausgeweideten Mordopfern und Dämonen.
    Sie bogen vom Pfad ab und gingen über eine Brücke, die unmittelbar über der Wasserfläche zu verlaufen schien. Die Brücke war aus Steinen gemauert, mit kunstvoll verzierten Geländern aus Schmiedeeisen. Wellen plätscherten leise gegen die Pfeiler. Paare standen am Geländer und blickten hinaus auf das Wasser und die untergehende Sonne.
    »Es ist wundervoll hier«, sagte McKenna. »Man möchte Boston glatt vergessen.«
    »Manche Dinge kann man nicht vergessen.«
    »Ich weiß. Und meist sind es die schlimmen Dinge.«
    Jefferson legte sich die Hand auf die Brust, an die Stelle, wo sich die kleinen Narben befanden.
    »Nicht immer«, sagte McKenna. »Aber manchmal schon. Man nimmt das Übel für das Gute in Kauf.«
    »Dämonen und Engel.«
    »Ja«, sagte McKenna und schwieg für einen Augenblick, während sie nachdachte. »Ich glaube, dass es Dämonen gibt, genau wie ich an die Existenz von Engeln glaube. Es gibt zu viele Geschichten, zu viele Ähnlichkeiten über alle Kulturen der Welt hinweg, als dass sie bloße Erfindung sein könnten.«
    »Jede Kultur hat ihre Dämonen.«
    »Ja. Ihre Geschichten unterscheiden sich bisweilen zwar beträchtlich, doch das Wesen bleibt im Grunde gleich. Das kann einfach kein Zufall sein. Es muss mehr dahinter stecken …«
    Am nächsten Tag flogen sie nach Boston zurück. Es waren zwei Sechs-Stunden-Flüge, einer von St. Petersburg nach London, der zweite von London nach Boston. Jefferson verbrachte den Nachmittag damit, Brogan darüber zu informieren, was sie in Russland herausgefunden hatten. Anschließend ging er schlafen, um seine innere Uhr wieder auf Bostoner Zeit umzustellen.
    Am nächsten Morgen fuhr er zusammen mit Brogan zu McKennas Wohnung. Während Brogan den Häuserblock auf der Suche nach einem Parkplatz umfuhr, stieg Jefferson die Stufen zu McKennas Wohnung hinauf.
    »Hi«, begrüßte sie ihn und öffnete einladend die Tür. »Lange her, Fremder.«
    »Hast du mich vermisst?«
    »Ich hatte schon Entzugserscheinungen.«
    »Es ist ein ganzer Tag vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Von daher sind deine Entzugserscheinungen verständlich.«
    »Bilde dir bloß nichts ein.« McKenna grinste. »Möchtest du reinkommen?«
    Jefferson nickte und schob sich an ihr vorbei. Ihr Parfüm stieg ihm in die Nase, ein angenehmer, vertrauter Duft. Ihre Wohnung war gemütlich und warm. Sie hatte die Beleuchtung bis auf eine Lampe auf einem kleinen Tisch in einer Ecke ausgeschaltet. Die Lampe verbreitete ein angenehm warmes Licht. Auf einem Wohnzimmertisch aus Sandelholz stand ein Kerzenleuchter aus schwarzem Metall mit drei brennenden Kerzen darauf. Hinter dem Wohnzimmertisch, unter zwei großen Fenstern, stand ein Sofa.
    An den Wänden hingen Kunstdrucke. Ein Gemälde von einem Park im Dämmerlicht und ein dunkelblauer Ozean. Am Boden schlief ein großer weißer Hund auf einem Orientteppich. Als Jefferson den Raum betrat, musterte das Tier den fremden Besucher, ohne sich zu regen.
    Hinter Jefferson wurde die Tür geschlossen, und McKenna kam zu ihm.
    »Möchtest du was zu trinken?«, fragte sie. »Tee?«
    »Ja, danke.«
    »Setz dich aufs Sofa.« Sie machte eine einladende Handbewegung ins Wohnzimmer, dann zeigte sie auf den Hund. »Keine Angst, er ist ein freundlicher Bursche. Und viel zu alt, um gemein zu sein.«
    Jefferson ließ sich aufs Sofa sinken und streckte die Beine aus. McKenna verschwand in einem anderen Zimmer. Er sah, wie ein Licht eingeschaltet wurde und der Schein von der Decke zurückfiel; dann hörte er das Geräusch von Geschirr und einer Schranktür, die geöffnet und

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