Dämon
gezogen haben«, sagte Jefferson.
»Wenn das wahr ist, müssen wir unbedingt herausfinden, mit wem der Dämon sonst noch Kontakt hatte. Er könnte in jeder Gestalt erscheinen, oder?«
»Und nicht nur er, auch die drei anderen«, erinnerte McKenna. »Es gibt eine alte Parabel von einem Kaufmann namens Heiblus, dessen Frau von einem Irren ermordet wurde, der von einem Dschinn besessen war. Dem Kaufmann bricht es das Herz, als er seine Frau begräbt, doch eines Nachts erscheint sie ihm. Er glaubt, dass sie wieder zum Leben erwacht ist und folgt ihr tagelang tiefer und tiefer in die Wüste, bis er vor Hunger und Durst völlig entkräftet ist und keinen Schritt mehr weiterkann. Als er die Hand nach ihr ausstreckt, verändert sich ihr Erscheinungsbild, und sie verwandelt sich in einen zweiten Dschinn, noch grauenhafter als der erste. Und dieser zweite Dschinn foltert den Kaufmann als Strafe für seine Dummheit grausam zu Tode.«
»Diese Parabel kannte ich noch gar nicht«, sagte Jefferson.
»Die Dschinn sind eigentlich bekannt aus den Geschichten aus Tausendundeiner Nacht und dem Knaben Aladin.«
Brogan nickte. »Eine Geschichte, die fast jeder kennt. Der Junge, der in einer Höhle eine Lampe findet und sie mit einem Lappen poliert, bis der Dschinn herauskommt.«
»Genau. Doch die ursprüngliche Geschichte basiert auf mündlichen arabischen Überlieferungen und dem Glauben, dass Dschinn tatsächlich existiert haben. In der Geschichte verspricht der Dschinn aus der Lampe dem Knaben die Erfüllung von Wünschen, die zu Aladins Vermögen und Ruhm und der Heirat mit der schönen Prinzessin führen. Die traditionellere arabische Variante jedoch spricht von einem hohen Preis, den man dafür zahlen muss, dass Dschinn Wünsche erfüllen.
Dschinn haben die Menschen seit Jahrtausenden in Versuchung geführt. Sie existieren in sämtlichen Religionen und erscheinen in den verschiedensten Verkleidungen. In Indien werden sie in der Dhammapada erwähnt. Dort steht, dass die Folgen der Versuchungen durch einen Dschinn nicht gleich offensichtlich werden, genauso, wie Milch nicht schlagartig gerinnt. Sie bleiben im Geist der Versuchten haften und verfolgen sie von diesem Leben ins nächste, um sie langsam zu verbrennen – wie das Feuer, das heimlich unter der Asche glimmt.«
»Also ist es wie in dem alten Sprichwort?«, fragte Jefferson. »Die Seele dem Teufel verkaufen … Der Dschinn führt den Menschen in Versuchung, indem er ihm verspricht, seine Wünsche zu erfüllen, doch am Ende ist man ihm ausgeliefert. Man zieht auf jeden Fall den Kürzeren bei diesem Handel.«
»Genau«, sagte McKenna. »Sir Gerard glaubte, dass Sidina und seine drei Gefährten von Dschinn besessen waren. Als Sidina und die drei anderen Assassinen getötet wurden, kehrten die Dschinn in ihre ursprüngliche Form als Geister zurück. Das Band der Besessenheit führt in beide Richtungen – daher waren die Dschinn gezwungen, nahe bei den sterblichen Überresten Sidinas und der anderen zu bleiben, auch dann noch, als sie in entlegene Winkel der Erde verschleppt wurden. Sie konnten sich nur dann entfernen, wenn sie die Erlaubnis erhielten, einen reinkarnierten Körper zu besitzen.«
»Das heißt also, diese Dschinn mussten Sir Gerard und den anderen Templern folgen, ganz gleich, wohin sie die Toten brachten?«, fragte Jefferson.
»Das ist richtig.«
»Und was in Qumran geschehen ist«, sagte Jefferson und schnippte mit den Fingern, »muss das Gleiche sein, was in den 1690er-Jahren draußen auf Blade Island geschehen ist!«
»Was meinst du damit?«
»Nun, Older zufolge wurden die ersten Kolonisten in der Gegend von nächtlichen Angriffen heimgesucht. Older schreibt, dass viele Kolonisten in den Nächten ermordet und verstümmelt wurden. Offensichtlich haben sie unbeabsichtigt in einer Gegend gesiedelt, wo Sir Gerard und seine Ritter die Überreste Sidinas oder eines seiner Gefährten beigesetzt haben. Wenn es tatsächlich stimmt, dass der Geist eines Dschinn gezwungen ist, dem Leichnam des Verstorbenen zu folgen, hatten die Kolonisten in einer Gegend gesiedelt, in der dieser Geist gegenwärtig war. Wenn die Geister stark genug waren, die Stadt Qumran anzugreifen, war einer von ihnen wohl auch stark genug, um die kleine Siedlung der ersten Kolonisten zu überfallen. Older schreibt, dass die Angriffe irgendwann endeten. Vielleicht, weil die Siedler die Überreste Sidinas fanden und tief genug vergruben, dass sein Geist unter der Erde gefangen
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