Dämon
geschlossen wurde.
»Wie geht es Brogan?«, fragte McKenna aus der Küche.
»Er kommt gleich her. Er sucht nur einen Parkplatz.«
Augenblicke später klopfte es an der Wohnungstür, und Brogan betrat leise das Apartment.
»Hallo, Brogan!«, rief McKenna aus der Küche. »Kommen Sie rein. Ich mache uns gerade Tee. Möchten Sie auch einen?«
»Gern.« Brogan blickte sich suchend in McKennas Wohnzimmer um, betrachtete das kleine Ledersofa, die beiden Korbstühle. »Ich nehme an, du möchtest neben McKenna sitzen?«, sagte er zu Jefferson.
»So ist es.«
Brogan seufzte und quetschte sich in einen der Korbsessel. Das Möbel ächzte unter seinem Gewicht.
»Dräng dich nie zwischen einen Partner und seine Freundin«, sagte Brogan.
McKenna kam mit einem Tablett mit drei Bechern aus der Küche, gab den Männern den Tee und setzte sich neben Jefferson aufs Sofa. Die heiße Flüssigkeit dampfte, und Jefferson spürte die Wärme durch das Porzellan des Bechers. In der schummrigen Beleuchtung sah der Tee fast schwarz aus. Er nahm einen kleinen Schluck und genoss das Aroma.
»Ich bin die Handschriften von Sir Gerard durchgegangen«, sagte McKenna, holte den ledergebundenen Folianten, den sie von Ugriumov in den Katakomben erhalten hatten, und legte ihn sich in den Schoß. Langsam blätterte sie die Seiten um. Die Handschrift war wundervoll gleichmäßig, und jede Seite war mit Illustrationen versehen. Lose Blätter klemmten zwischen den Seiten – die englische Übersetzung des Textes. »Ich beschäftige mich damit, seit wir zurück sind.«
»Und was haben Sie herausgefunden?«, fragte Brogan.
»Genug, um schlaflose Nächte zu bekommen«, antwortete McKenna und blickte auf die handgeschriebenen Seiten, die wächsern aussahen und im Licht der Zimmerbeleuchtung glänzten. »Wie Ugriumov bereits erwähnte«, fuhr McKenna fort, »war Sir Gerard ein Templer, der Angehörige eines Ritterordens, der gegen Ende des Ersten Kreuzzugs gegründet wurde. Im Verlauf späterer Kreuzzüge gelangten sie bis nach Syrien und Ägypten, wo sie an der Seite von Richard Löwenherz kämpften.
Im Jahre 1187 durchquerte die Armee der Templer die Wüste um den See Genezareth und wurden vom Heer Saladins belagert. Sie saßen in der Falle, eingeschlossen in der Wüste, ohne Wasser. Sir Gerard schildert in seinen Aufzeichnungen, wie die Kräfte der Templer nach und nach schwanden. In der zweiten Nacht der Belagerung tauchten vier dunkle Gestalten auf und griffen die Templer an. Es waren Sidina und seine drei Gefährten. In jener Nacht töteten sie Dutzende von Rittern, bevor sie in der Dunkelheit verschwanden. In der nächsten Nacht griffen sie erneut an. Geschwächt von den Scharmützeln mit den Truppen Saladins brachten die Ritter kaum die Kraft auf, sich zu verteidigen, und als der Tag anbrach, erkannten sie das Ausmaß des Massakers. Sir Gerard schreibt, die Toten seien so schrecklich zugerichtet gewesen, dass es unmöglich ein Mensch getan haben konnte.«
Sie fuhr mit dem Finger über das Blatt und las die Übersetzung vor: »›Als es Tag wurde, fanden wir dreißig tote Ritter in einem Einschnitt. Ihre Leichen waren gehäutet und so schlimm zugerichtet, dass der Mut selbst unserer Tapfersten ins Schwanken geriet. Auf den Rücken der Toten war das Zeichen des Dämons, drei tiefe Schnitte, die der Teufel ihnen persönlich beigebracht hatte, der in diesem Teil des Landes herrschte.‹«
»Also war Sir Gerard überzeugt, dass er es mit Dämonen zu tun hatte?«, fragte Jefferson.
»Er glaubte, dass Sidina von einem Dämon besessen war, und er gab diesem Dämon auch einen Namen.«
»Welchen Namen?«
»Dschinn.«
»Warum glaubte er, dass es ein Dschinn war?«
»Nun, Sir Gerard kannte Sidina und die Legende von seinem Dämon aus den Geschichten, die man sich unter den Templern erzählte. Sidina hatte die Templer schon viele Jahre immer wieder angegriffen, bei jedem Kreuzzug ins Heilige Land, und sein Name war unter den Kriegermönchen berüchtigt und gefürchtet. Die Angriffe hatten im Jahre 1096 begonnen, während des Ersten Kreuzzugs, doch Sir Gerard schwört, dass es genau dieser Sidina war, der bei der Schlacht von Hattin im Jahre 1187 erneut erschienen war, mehr als neunzig Jahre später. Entweder hat Gerard sich gründlich geirrt – was aber unwahrscheinlich ist angesichts der Tatsache, dass er Sidina und seine Männer so genau gekannt hat –, oder Sidina verfügte über übermenschliche Kräfte, zumal sein Name nicht nur bis zum
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