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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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unheimliche Stille kam auf. Vom Scharren der Stiefel und dem Tropfen des Wassers von der Decke abgesehen, gab es nicht das leiseste Geräusch. Eric hob das Feuerzeug höher, um zu sehen, woher das Wasser kam. Im flackernden Schein der schwachen Flamme bemerkte er merkwürdig geschwungene Schriftzeichen an der Decke, wie er sie noch nie gesehen hatte.
    Alabama stieß einen leisen Pfiff aus. »Seht euch das an! Wer hat das alles auf die Wände gekritzelt?«
    »Ich kann nicht mal sehen, wo es aufhört«, sagte Jersey. »Die ganze Höhle scheint voll gemalt zu sein.«
    Auch Zeichnungen waren an der Decke zu erkennen, primitive menschliche Gestalten, die sich auf die eine oder andere Weise ähnelten. Eric spürte, dass ein Muster dahinter steckte. Dann wurde ihm klar, dass die Zeichnungen chronologisch angeordnet waren und sich durch die Zeit erstreckten. Näher am Boden, auf Höhe ihrer Köpfe, befanden sich Abbildungen motorgetriebener Schiffe. Darüber waren verschiedene Typen von Segelschiffen zu sehen, einige mit Masten und Takelage, andere mit einfachen Quersegeln.
    Warum ausschließlich Schiffe?, fragte sich Eric. Dann kam ihm die Erkenntnis. Alle diese Schiffe schienen irgendwann im Lauf der Zeiten die Insel angelaufen zu haben. Wer oder was immer diese Zeichnungen angefertigt hatte, befand sich seit Hunderten von Jahren auf dieser Insel, vielleicht noch viel länger. Die Schiffe waren der einzige Kontakt mit der Außenwelt, den das Wesen gehabt hatte, das für diese Zeichnungen verantwortlich war.
    In einer Ecke an der Decke sah Eric ein ungelenk gezeichnetes Schiff mit langen Rudern und einem einzelnen Segel. Ringsum waren überall kleine Kratzer auf dem Stein. Bei näherem Hinsehen erkannte Eric, dass es sich bei den Kratzern um die Darstellung winziger Menschen handelte. Sie fielen über Bord, mit ausgestreckten Armen und entsetzt aufgerissenen Mündern. Ein Schiffsunglück, das sich vor Hunderten von Jahren, vielleicht sogar vor Jahrtausenden ereignet hatte. Wer immer diese Zeichnung angefertigt hatte – er war da gewesen und hatte das Unglück mit eigenen Augen gesehen.
    »O Mann«, flüsterte Jersey und deutete hinauf zur Decke. »Seht euch das an!«
    Eric wandte den Kopf und sah eine Zeichnung an der Decke, die ihm auf unheimliche Weise vertraut erschien. Die Zeichnung stellte ein weiteres Schiff dar, ein modernes Schiff mit einem schnittigen Bug und zwei hintereinander liegenden Schornsteinen. Eine Zahl stand an der Seite auf dem Rumpf. Die Zahl 302. Es war ihre Nummer.
    Es war ihr Transportschiff. Unter all den anderen gesunkenen Schiffen aus den verschiedensten Epochen war tatsächlich ihr Transportschiff an die Wand gezeichnet.
    »Was hat das zu bedeuten?«, flüsterte Alabama.
    »Ich weiß es nicht. Aber es gefällt mir genauso wenig wie dir«, antwortete Eric. Sein Rucksack scharrte an der Wand, als er weiterging.
    Irgendetwas war ihnen gefolgt, seit sie auf der Insel gelandet waren.
    Die Zeichnungen verblassten in der Dunkelheit, als Eric und die anderen Marines tiefer in die Höhle vordrangen. Eric drehte ein letztes Mal den Kopf, doch die Zeichnungen waren schon nicht mehr zu erkennen.
    Er hoffte inbrünstig, dass sie zurückkehren und das Schiff wiedersehen würden.
    Der Boden der Höhle war so glatt, dass Eric Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu wahren. Hin und wieder fegte eine Windbö von draußen durch die dunklen Gänge, brachte die Flammen der Benzinfeuerzeuge zum Flackern oder heulte dumpf über Vorsprünge und um Ecken im Felsengang. Eric wusste nicht zu sagen, ob es draußen immer noch regnete, und ohne einen Blick auf die Uhr wusste er nicht, wie viel Zeit bereits verstrichen war.
    Es war ein Gefühl, als wären sie tief unter der Meeresoberfläche, abgeschnitten von allem, was sich über dem Wasser befand, verloren in einer Welt ewiger, trüber Dunkelheit. Wenn er hinaufsah, erwartete er fast, fremdartige, leuchtende Tiefseebewohner mit phosphoreszierenden Augen in der unglaublich einsamen Nacht zu erblicken. Die Wände waren feucht, der Boden mit feinem schwarzem Staub bedeckt. Eric bückte sich und zerrieb etwas von dem Staub zwischen den Fingern. Sie waren schwarz, als er sich wieder aufrichtete.
    »Es ist vulkanisch«, meinte Jersey nach einem Blick auf Erics Fingerspitzen. »Der ganze Berg ist ein Vulkan. Der Mount Bagana, der zentrale Berg der Insel. Ich hab mal was darüber gelesen.«
    »Ist der Vulkan erloschen?«
    »Der Mount Bagana ist eine Ewigkeit nicht mehr

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