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Dämonen zum Frühstück

Dämonen zum Frühstück

Titel: Dämonen zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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auch Anzeichen
einer Nachricht in unsichtbarer Tinte. Ich begutachtete sogar
eingehend den Ledereinband und suchte nach Schatzkarten, die
im Buchrücken versteckt sein mochten. Nichts. Soweit ich das
sehen konnte, handelte es sich um eine ganz gewöhnliche
Familienbibel ohne weitere Geheimnisse.
Als ich das Buch beiseitelegte, war es bereits fast vier. Die Kathedrale wurde gleich geschlossen. Außerdem musste ich dringend Timmy abholen. Sobald ich in die reale Welt zurückkehrte, erinnerte ich mich natürlich auch wieder an die realen
Probleme, mit denen ich mich augenblicklich herumzuschlagen
hatte. Während ich mich im Keller der Kirche befunden hatte,
waren Eddie und Stuart vergessen gewesen. Doch jetzt rückten sie dafür umso aufdringlicher ins Zentrum meiner Aufmerk
samkeit.
Ich vermutete, dass Stuart einen guten Grund gehabt hatte,
hierherzukommen. Wenn ich nicht so getan hätte, als wäre ich
auf einmal die frommste Katholikin aller Zeiten, hätte er mich
wahrscheinlich bemerkt und alles erklärt. Da es dumm war, mir
Gedanken über etwas zu machen, wovon ich keine Ahnung
hatte, zwang ich mich dazu, für den Moment nicht weiter
darüber nachzudenken. Er würde mir sicherlich heute Abend
alles erzählen. Und falls er es nicht tat … Nun gut, dann musste
ich ihn eben fragen.
Was Eddie betraf, so sah die Sache schon schwieriger aus. Als
ich auf den Parkplatz vor Timmys Kindertagesstätte einbog,
wusste ich noch immer nicht, was ich mit dem alten Mann
anfangen sollte. Ich verstand nicht einmal so recht, warum ich
mir Gedanken darüber machte, überhaupt etwas mit ihm
anzufangen.
Momentan stellte Eddie nämlich das geringste meiner Probleme dar. Hinter diesen Türen befand sich ein Zweijähriger, der
hoffentlich nicht zu Tode erschrocken war, weil er sich zum
ersten Mal außerhalb der gewohnten elterlichen Obhut befunden hatte.
Ich parkte den Wagen und stieg aus. Erst da fiel mir auf, dass
mir der Magen knurrte. Ich hatte den ganzen Tag über das
Handy eingeschaltet gelassen, ohne einen panischen Anruf von
Nadine oder Miss Sally zu erhalten. So hegte ich zumindest die
Hoffnung, dass mein Kind in der Zwischenzeit in keinen
schrecklichen Unfall oder sonst etwas verwickelt worden war. In Grunde machte ich mir auch weniger Sorgen um einen Unfall als vielmehr um den Ausdruck, den ich als Erstes in seinen Augen sehen würde. Einen Ausdruck, der besagte: »Wo bist du gewesen, Mami? Warum hast du mich bei Fremden
zurückgelassen?«
Als Dämonenjägerin hätte ich eine gute Antwort parat gehabt. Als Mutter aber würde ich nicht wissen, was ich sagen
sollte.
»Es lief ganz toll«, erklärte Nadine, als ich an der Rezeption
vorbei zu dem Raum ging, in dem die Gruppe der kleinen
Forscher untergebracht war. Beinahe wäre ich stehen geblieben,
um sie einem Kreuzverhör zu unterziehen (Was heißt »toll
gelaufen«? Sagen Sie das nur, damit ich mich besser fühle? Wird
mir mein Sohn jemals vergeben, dass ich ihn hier bei Ihnen
gelassen habe?). Aber ich unterdrückte das Bedürfnis und
marschierte tapfer weiter.
Das Angenehme an KidSpace war die Tatsache, dass man
durch große Fensterscheiben in die Spielzimmer sehen konnte.
Für mich als Mutter war das ausgesprochen toll, und so nutzte
ich die Gelegenheit, meinen süßen Racker ein Weilchen zu
beobachten. Da saß er, der kleine Mann, und spielte mit einem
Plastiklaster auf dem Fußboden. Neben ihm hockte ein anderer
Junge, der einen Dinosaurier in einem Schubkarren hin und her
rollen ließ.
Timmy lächelte. Er war glücklich. Für mich bedeutete das ein
kleines Wunder. Ich hatte eine gute Entscheidung getroffen.
Mein Kleiner war nicht traumatisiert. Er brauchte keine Therapie. In zwanzig Jahren würde er nicht bei Oprah Winfrey im
Fernsehen auftreten und eine Hasstirade gegen mich loslassen.
Er schien vielmehr seine Zeit hier genossen zu haben. Das Leben war gut.
Ich öffnete die Tür und streckte meine Arme aus … um dann
voll Verzweiflung zu beobachten, wie Timmy bei meinem
Anblick sogleich in Tränen ausbrach.
»Mamimamimamimami!« Der Lastwagen war vergessen,
und er stürzte auf mich zu. Ich schloss ihn in die Arme, hob ihn
hoch und klopfte ihm beruhigend auf den Rücken. So viel zu
meinem Eigenlob, was meine elterlichen Entscheidungen betraf.
Ich hatte es hier ganz offensichtlich mit einem sehr gestressten
kleinen Junge zu tun.
»Er hat sich heute den ganzen Tag über wirklich wohlgefühlt«, erklärte Miss Sally, während ich über seine Schultern
strich und beruhigend auf

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