Dämonen zum Frühstück
wusste ich natürlich, dass sich
ihr »Beruhige dich« genauso auf Timmy wie auf mich bezog. »Wir sind völlig ruhig«, verkündete ich und schenkte Marissa ein Hol-sofort-den-Bären-zurück-oder-du-stirbst-du-Zicke
Lächeln.
»Lass mich mal sehen, ob ich Danielle überzeugen kann, dass
sie den Bären zurückgibt«, erklärte Marissa, die offenbar die
Gefahr, in der sie sich befand, spürte.
»Superidee«, erwiderte ich.
Dann sah ich entsetzt und fasziniert zu, wie sie tatsächlich
eine geschlagene Viertelstunde damit verbrachte, mit ihrer
zweijährigen Tochter zu verhandeln. Und das Ergebnis? Kein
Bär.
Die Spielstunde war inzwischen offiziell beendet. Die anderen Mütter (die wahrscheinlich die Gefahr witterten) verabschiedeten sich und verließen eilig mit ihrem Nachwuchs das
Haus. Marissa schien weder zu bemerken, wie unpassend der
Auftritt ihrer Tochter und auch ihr eigener war, noch dass ich
inzwischen vor Wut kochte. Sie hockte noch immer vor ihrem
Kind und versuchte, Danielle Boo Bear zu entlocken. Inzwischen hatte Timmy alle Tränen vergossen, die er besaß, und ich
hatte ihn mit der Erklärung auf das Sofa gesetzt, dass Boo Bear
Danielle gerade besuchte und bestimmt ganz bald zu ihm
zurückkehren würde.
Am liebsten hätte ich Marissa beiseitegestoßen und Danielle
den Bären aus ihren gierigen kleinen Händen gerissen. Aber ich
wusste, dass ein solches Verhalten jedem Erziehungsratgeber
widersprochen hätte. Also wartete ich ab. Meine Wut wurde
immer größer, während ich zusah, wie Marissa bettelte und
sanft auf ihre Tochter einredete und Danielle im Grunde dazu
erzog, eine selbstsüchtige Zicke zu werden (das arme Kind). Nach einer Zeitspanne, die der Länge einer durchschnittlichen Eiszeit zu entsprechen schien, versprach Marissa ihrem Mädchen Eiscreme, ein neues Spielzeug und einen Ponyritt im Zoo. Endlich kletterte Danielle vom Stuhl herunter und marschierte zu Timmy, um ihm gehässig Boo Bear ins Gesicht zu schleu
dern.
»Danke«, sagte Timmy (Und er sagte es, ohne von mir daran
erinnert zu werden, wobei sie sowieso keinen Dank verdient
hatte.) Ich spielte gequält die höfliche Gastgeberin, bis die
beiden aus der Tür waren. Doch sobald ich diese hinter ihnen
geschlossen hatte, wandte ich mich entnervt an Laura. »Diese
Frau ist eine –«
»Du darfst sie nicht umbringen.«
»Wenn sie ein Dämon wäre, schon.« (Sie können sich gar
nicht vorstellen, wie sehr ich mir wünschte, sie wäre einer
gewesen.)
»Sie ist aber kein Dämon.«
Ich warf einen Blick auf Timmy, der noch immer auf dem
Sofa saß, an seinem Daumen nuckelte und ein wenig verloren in
die Gegend starrte. Mir krampfte sich das Herz zusammen.
»Für mich schon«, sagte ich. »Für mich ist sie eindeutig ein
Dämon.«
Die beiden Mädchen waren gemeinsam nach oben gegangen, aber nur Allie kam in ihren Sportklamotten wieder herunter. Mindy trug noch immer ihre Schulkluft. Sowohl Laura als auch ich sahen sie fragend an. »Hast du dich für den realistischen Straßenkampf-Look entschieden?«, fragte ich. »Du wirst zwar zugegebenermaßen eher in deinen Straßenklamotten überfallen, aber es ist doch besser, in Shorts und einem T-Shirt zu trainieren.«
Mindy schien sich plötzlich ausgesprochen für meinen Teppich zu interessieren. »Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt mitmachen will.«
»Überhaupt mitmachen?«, wiederholte Laura. »Was soll das heißen – du bist dir nicht sicher?«
Mindy zuckte mit den Schultern. Sie sah ihre Mutter aus großen Augen an. Offensichtlich verstand sie nicht, warum sich ihre Mutter plötzlich für die Welt des Kickboxens so zu begeistern schien.
Allie hatte sich neben mich gestellt, und ich sah sie fragend an. »Sie hat Angst, vor Cutter dumm dazustehen«, flüsterte mir meine Tochter zu. »Sie findet ihn nämlich ziemlich süß, weißt du.«
»Mindy Jo Dupont«, sagte Laura in scharfem Ton. »Kate hat sich wirklich große Mühe gegeben, euch für diesen Kurs anzumelden. Warum willst du jetzt auf einmal nicht mehr mitmachen?«
»Ich habe einfach so viele Hausaufgaben.« Sie steckte die Hände in die Hosentaschen. »Du weißt schon.«
»Was ich weiß, junge Dame, ist vor allem eines: Da draußen gibt es viele seltsame und unheimliche Leute.« Laura sprach mit einer Entschlossenheit, die ich bei ihr sonst nicht kannte, aber ich konnte sie verstehen. Ich hatte ihre sichere kleine Welt ins Wanken gebracht. Und das war etwas, was sich nicht mehr leugnen ließ.
»Du wirst diesen Kurs besuchen und
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