Dämonen zum Frühstück
liegen müssen. Unruhig rutschte ich auf meinem Sitz hin und her und spielte mit dem Handy. Wie jeder gute Katholik habe ich auch eine besonders enge Beziehung zu meinem schlechten Gewissen, und mir gefiel die Vorstellung gar nicht, einfach ohne Larsons Zustimmung loszufahren. Noch weniger gefiel mir allerdings die Idee, nichts zu unternehmen. Wenn noch jemand zu Tode kommen sollte … Dann hätte ich wirklich schwer an meinem Schuldgefühl zu tragen.
Da der Richter nicht zu erreichen war, entschloss ich mich, den Vatikan anzurufen. (Das gehört zu den coolen Vorteilen eines Jägerdaseins. Wie viele Berufe gibt es, in denen man einfach mal so den Vatikan anrufen und um Hilfe bitten kann?) Ich hatte nicht daran gedacht, die Zeitverschiebung zu berechnen, aber die Dame an der Vermittlung stellte sofort die Verbindung zu Padre Corletti her. Wie erleichtert war ich, seine Stimme zu hören!
»Katherine, mia cara. Com’é bello sentire la tua voce!«
»Ich freue mich auch, Ihre Stimme zu hören, Padre.«
»Warum rufst du an? Ist etwas passiert?«
»Nein … Ja … Ich meine, nein, wir wissen noch nicht mehr über Goramesh, aber etwas ist passiert.« Ich erklärte ihm in groben Zügen, was vorgefallen war. »Ich weiß, dass ich mich nicht an die Regeln halte, wenn ich Sie anrufe, obwohl ich einen alimentatore habe, aber Larson geht nicht ans Telefon, und ich muss etwas unternehmen«, fuhr ich fort. »Ich möchte es tun, aber ich befürchte, dass Larson es für keine gute Idee halten wird. Oder zumindest für sinnlos.«
»Ich verstehe …« Er sprach nicht weiter. Ich kannte den Padre gut genug, um zu wissen, dass er sich mögliche Alternativen durch den Kopf gehen ließ. »Du darfst deinen Instinkt nicht missachten, mein Kind. Dein alimentatore ist dein Mentor, dein Berater, aber er steht nicht über dir. Letztendlich musst du deinen eigenen Weg gehen.«
Ich atmete auf. Moralische Unterstützung ist wirklich etwas Wunderbares. »Vielen Dank. Wilson hat mir das auch immer gesagt.«
Ich vernahm sein tiefes Lachen am anderen Ende der Leitung. »Auch dein jetziger alimentatore wäre bestimmt derselben Meinung.«
»Larson erzählte mir, dass sie sich kannten.«
»Das stimmt. Ihre berufliche Verbindung war sehr eng, aber noch enger war ihre Freundschaft.«
»Danke, dass Sie mir das gesagt haben.« Irgendwie brachte mich das Wissen, dass Larson meinem früheren alimentatore so verbunden gewesen war, dem Richter noch einmal ein ganzes Stück näher. Dumm, ich weiß, aber Gefühle sind nun einmal nicht rational.
»Aber da ich dich jetzt schon mal am Telefon habe, kannst du mir gleich noch sagen, ob sich Edward als nützlich erwiesen hat.«
Edward? »Wer zum Teu … Wer ist Edward?«
»Ein Jäger, der sich ebenfalls aus dem aktiven Dienst zurückgezogen hat«, erwiderte der Padre. Er klang überrascht. »Ein kluger Kopf mit genauso guten Fähigkeiten als Kämpfer. Er ist bereits seit einiger Zeit nicht mehr im Dienst gewesen. Aber ich hatte gehofft, dass er vielleicht ein paar Ideen hätte, die er zu der ganzen Angelegenheit mit Goramesh beisteuern könnte.« »Ein Jäger? Ich dachte, es gäbe hier keine weiteren Jäger.«
»Larson fand erst vor Kurzem heraus, dass Edward in eure Gegend gezogen ist. Er hat mich natürlich sofort informiert. Ich nahm an, dass du den Mann kennst. Aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
»Das haben Sie«, sagte ich, während sich mein Magen zusammenkrampfte. »Edward und ich sind einander noch nicht vorgestellt worden.« Momentan wollte ich allerdings nichts mehr, als diesen Mann kennenzulernen.
ZWÖLF
Wenn man bedenkt, wie angespannt ich war, ist es ein kleines Wunder, dass ich keinen Unfall baute, als ich mitten in der Nacht zum Campus raste. Noch ein Jäger? Warum hatte Larson mir das nicht erzählt?
Ich konnte mir keine Antwort auf diese Frage denken, weshalb sie mir ununterbrochen im Kopf herumging. Sie lenkte mich ab und erhöhte meinen Blutdruck um einiges. Zweimal noch versuchte ich, Larson sowohl auf seinem Handy als auch zu Hause zu erreichen, aber ich hatte wieder kein Glück. Diesmal sprang nicht einmal seine Voicemail an. Ich fühlte mich wie eine persona non grata, und es fiel mir schwer, mich zu sammeln. Ich wusste natürlich, wie wichtig gerade Konzentration in solchen Situationen war, aber ich konnte meine Wut nicht so leicht abschütteln. Doch was blieb mir schon anderes übrig? Wenn mir der verdammte Hund entkam, hätte ich genauso gut zu Hause bleiben können.
Komm schon,
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