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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Reiff
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Zeit geben. Sollte ihr Artikel bis dahin nicht stehen, würde sie zu Sattmann gehen und ihm ihren neuerlichen Fehler beichten. Lille hatte zwar versprochen, ihr zu helfen, aber in den letzten Wochen hatte sie bereits mehr als einmal ihren Kopf gerettet. Und das reichte.
    Das plötzliche Klingeln des Telefons ließ sie unweigerlich zusammenzucken. „Bergmann“, meldete sie sich halblaut.
    „Sattmann hier! Guten Morgen, Frau Bergmann, wären Sie wohl so freundlich und würden kurz in mein Büro kommen.“
    In Doros Hals bildete sich ein dicker Kloß, der versuchte, ihre Stimmbänder außer Funktion zu setzen.
    „Jetzt, gleich?“, fragte sie heiser.
    „Natürlich, jetzt gleich!“, Sattmann klang ungehalten, „Oder passt es Ihnen gerade nicht?“
    „Doch, Herr Sattmann. Ist es wegen dem Bericht über den Dämonenforscher?“, versuchte sie Zeit zu schinden.
    „Ja, um was soll es dennsonst gehen?“
    „Ich komme sofort, ich muss nur noch den Text aus…“, sie brach ab. Es gab nichts zum Ausdrucken, denn sie hatte vor wenigen Minuten ihren gesamten Aufschrieb gelöscht.
    „Sie haben mir Ihren Artikel doch bereits mit der ersten Hauspost geschickt.“
    Doro stutzte. Sie war sich völlig sicher, ihre Unterlagen hatten dieses Zimmer nicht verlassen. „Entschuldigung, das muss mir wohl entfallen sein“, murmelte sie nachdenklich.
    Sattmann atmete hörbar aus. „Frau Bergmann, was ist bloß heute wieder los mit Ihnen?“
    Sie wusste, dass ihr Chef keine Antwort auf seine Frage erwartete, denn eigentlich war ständig etwas mit ihr los.
    „Ich bin schon auf dem Weg, Herr Sattmann“, gab sie zurück und legte den Telefonhörer auf.
     
    Doro grübelte fieberhaft darüber nach, wie der Artikel in Sattmanns Reichweite kommen konnte. Noch merkwürdiger war jedoch, wie gelassen er darauf reagiert hatte. Sattmann war für seine aufbrausende Art bekannt, wenn ihm die Texte missfielen. Und die Qualität ihres Geschreibsels hätte ihn eigentlich an den Rand eines Tobsuchtsanfalls treiben müssen. In wenigen Sekunden würde sie mehr wissen, versuchte sie sich selbst zu beruhigen, bevor sie mit zitternden Fingern sie an Sattmanns Bürotür klopfte.
    „Kommen Sie rein, Frau Bergmann.“
    Doro trat ein und schloss die Tür hinter sich. Sattmann saß hinter seinem Schreibtisch. In einer einladenden Geste bot er ihr den Stuhl ihm gegenüber an.
    „Nehmen Sie Platz“, sagte er.
    „Danke“, gab Doro zurück.
    „Noch einen kleinen Moment, bitte, dann können wir über ihren Artikel sprechen.“ Sattmann widmete sich noch einmal seiner Unterschriftenmappe.
    Sie beobachtete, wie er den schildpattbelegten Montblanc-Füllfederhalter in die rechte Hand nahm und seine große, geschwungene Unterschrift unter die einzelnen Dokumente setzte. Die Art zu unterzeichnen passte zu ihm, denn an Eugen Sattmann war alles in irgendeiner Form voluminös. Sein Leibesumfang, seine Körpergröße, seine Stimme, seine Gestik.
    Sattmann legte den Füller zur Seite. Er fuhr sich mit einer Hand nachdenklich durch die raspelkurzen, grauen Haare, dann zog er mit der anderen Hand ein mehrseitiges Manuskript unter der dicken, schwarzen Mappe hervor.
    „Das, was Sie mir hier abgeliefert haben…“, er machte eine Kunstpause, die Doros Puls in schwindelerregende Höhen katapultierte, „ Was soll ich sagen? Dieser Artikel ist wirklich gut.“
    Sie traute ihren Ohren nicht. „Wie bitte?“
    „Ihr Text gefällt mir sehr gut!“, brüllte Sattmann.
    Ich bin nicht taub, sondern irritiert, dachte sie und gab ein ratloses „Danke“ zurück.
    „Nein, wirklich. Saubere Arbeit. So viel Können hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Bislang waren Ihre Texte immer etwas farblos. Aber dieser hier ist gut. Machen sie genau so weiter.“ Sattmann beschäftigte sich wieder mit dem Inhalt seiner Unterschriftenmappe.
    „Ich werde mir Mühe geben“, entgegnete Doro und wandte sich zum Gehen. Sie hatte beinahe die Tür erreicht, als sie noch einmal Sattmanns Stimme hinter ihrem Rücken hörte: „Halt, Frau Bergmann, Ihnen ist wohl aus Versehen auch der Datenstick in den Umschlag gerutscht. Hier, fangen Sie auf.“
    Doro hielt den silberfarbenen UBS-Stick fest umschlossen, als sie das Büro ihres Chefs verließ. Am Treppenabgang blieb sie stehen und betrachtete den Datenträger, den sie gedankenverloren zwischen ihren schlanken Fingern drehte. Der Stick gehörte ihr nicht, da war sie sich sicher, trotzdem trug er einen kleinen Aufkleber, auf dem ihr Name stand.

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