Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Gefährlichkeit weißt, verstehe ich umso weniger, warum du mich nicht getötet hast?“
„Aus dem gleichen Grund, warum du mir gegenüber gnädig warst: Weil ich dich liebe.“
Kapitel 26 – Die Diener des Chaos´
„Mach die Augen zu und sieh nicht hin“, riet ihr Alexander beim Verlassen der Hütte.
Doro folgte seiner Empfehlung. Sie presste die Lider fest aufeinander, hielt seine Hand umklammert und ließ sich von ihm führen. Ein paar Mal war sie beim Gehen an Gegenstände angestoßen, deren Oberfläche sich unter ihren Sohlen erschreckend weich und nachgiebig anfühlte und die in ihrer Vorstellung die Kampfszenen wieder zum Leben erweckten. Erst als sie die Lichtung hinter sich gelassen hatten, wagte sie den Blick in die Dunkelheit.
Alexander und sie gingen dicht nebeneinander durch den nachtstillen Wald. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander, sondern lauschten angespannt auf jedes noch so kleine Geräusch, das ihnen einen weiteren Angriff ankündigen konnte. Fast eine Stunde hatten sie sich durch das unwegsame Gelände gekämpft, als sich endlich die Silhouette der Steinachmühle vor ihnen abzeichnete. Alexander blieb abrupt stehen.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Siehst du das nicht?“, rief er ihr zu und rannte los.
Erst jetzt fiel ihr das Unwirkliche an der Situation auf. Die hell erleuchteten Fenster derMühle hatten zunächst ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit in ihr ausgelöst, nun kehrte sich das Ganze. Sie hatten die Mühle am Nachmittag verlassen. Zu einem Zeitpunkt, an dem sie noch kein Licht brauchten…
Sie rannte Alexander hinterher.
Atemlos hangelte sie sich am Geländer die Sandsteintreppe hoch. Die Eingangstür stand offen; vorsichtig betrat Doro den Flur. Die alten Dielen knarrten unter ihren derben Wanderschuhen. In jedem Raum im Erdgeschoss brannte Licht. Sie blickte sich um. Der Deckel der alten Truhe im Kaminzimmer war hochgeklappt und der Inhalt war auf dem floral gemusterten Orientteppich verstreut. Sie ging weiter ins Wohnzimmer. Auch hier waren Schranktüren geöffnet worden. Ein paar Zeitschriften lagen auf dem Boden… Aus dem oberen Stockwerk drang ein polterndes Geräusch, das an das Umfallen eines großen Möbelstückes erinnerte. Sie hastete in die Diele und blieb am Fuß der geschwungenen Treppe stehen.
„Alex?“, rief sie.
„Ich bin hier oben“, knurrte er.
Doro eilte die Treppe hinauf und den schmalen Flur entlang, an dessen Ende Alexanders Arbeitszimmer lag. Im Vorbeilaufen fiel ihr Blick kurz ins Schlafzimmer, auch hier waren Bett und Schränke durchwühlt worden.
Alexander stand mitten in dem Chaos, das sich ihr beim Eintreten präsentierte. Die klimatisierten Bücherregale waren aufgebrochen und die wertvollen Folianten lagen achtlos auf dem Boden verteilt. In den gemeinsamen Monaten hatte Alexander selten Gefühlsregungen gezeigt, doch jetzt lagen Fassungslosigkeit und Entsetzen auf seinen ebenmäßigen Gesichtszügen. Und sie brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu erraten, wer dieses Durcheinander veranstaltet hatte und wonach die Eindringlinge gesucht hatten. Schließlich war sie es gewesen, die Heyder den Tipp gegeben hatte, dass sich das Arcanum in der Mühle befand.
Alexander begann die Bücher vom Boden einzusammeln und Doro half ihm dabei. Neben einem besonders prachtvollen Exemplar ging sie in die Hocke. In goldgeprägten Lettern stand Grand Grimoire auf dem brüchigen Ledereinband. Sie hob das Buch auf und hielt es behutsam in den Händen. „Ist das hier, das Original?“, fragte sie leise.
Alexander nickte nur. Seine Finger strichen geradezu liebevoll über die raue Oberfläche.
Sie legte ihre Hand auf seine. „Ich bin schuld“, flüsterte sie. Er sah sie verständnislos an. „Alex, ich habe Heyder gesagt, dass sich das Arcanum in der Mühle befindet.“
Alexander riss ihr das Grimoire aus den Händen, seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Warum hast du das getan?“, fragte er. In seiner Stimme lag wieder dieses Zischen.
Sie wollte aufspringen, doch Alexanders Hand schnellte nach vorn und packte sie unnachgiebig am Arm und zog sie wieder hinunter auf den Boden.
„Bitte glaub mir, ich wollte dich nicht verraten. Aber irgendetwas musste ich doch unternehmen, damit Heyder mir nach der Geschichte mit der Kündigung wieder vertraut.“
Alexander starrte ihr hasserfüllt entgegen. „Und deshalb hast du ihm empfohlen, die Mühle zu durchsuchen?“, zischte er.
„Nein, aber ich
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