Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
im Angesicht des Todes alle Emotionen freigesetzt, zu denen sie bis dahin fähig waren. Sie haben um ihr Leben gebettelt und die Letzte hat sogar geplaudert wie bei einem Kaffeekränzchen. Sie dachte, wenn sie mir alles über dich verrät, würde ich sie verschonen, weit gefehlt, es hat nur ein bisschen länger gedauert, bis…“ Er nahm eine Hand von ihrem Gesicht und imitierte mit einer raschen Bewegung seines knochigen, langen Zeigefingers das Aufschlitzen einer Kehle, „…sie tot war.“ Gelal legte seine Hand wieder an ihre Wange, „Du hast Alexander und mich hintergangen, meine kleine Magische . Du hast uns schamlos ausgenutzt. Deine Gefühle waren blanke Heuchelei. Von Anfang an ging es nur darum, für Heyder das Arcanum aufzuspüren und ganz nebenbei Angaraths verdorbenem Charakter zu neuem Glanz zu verhelfen. Du hast mich bitter enttäuscht, meine Braut, und du hast dich gegen mich entschieden.“ Gelals Hände wanderten von ihren Wangen hinab zu ihrem Hals. „Wenn du tatsächlich die Macht einer Magischen besitzt, ist jetzt vielleicht deine letzte Chance gekommen, deine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.“ Seine Finger schlossen sich enger um ihren Hals. „Zeig mir, dass du die bist, für die ich dich halte.“
Doros Puls raste. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Noch einmal nahm sie all ihren Mut zusammen. „Ich schwöre, ich habe nicht die leiseste Ahnung, welche außergewöhnlichen Fähigkeiten ich haben soll. Im Grunde ist mir auch das Buch scheißegal. Ich will nur eines…“, in einer flinken Bewegung schlug sie Gelals Arme von ihrem Hals weg, „…aus diesem Horror aufwachen und mein kleines, unbedeutendes Leben weiterleben“, schluchzte sie.
Die Heftigkeit ihrer Reaktion überraschte Gelal, denn anstatt sie erneut zu packen, starrte er sie nur ungläubig an.
„Glaubst du, allen Ernstes, ich habe mir das ausgesucht“, fuhr sie fort, ihre Stimme wurde fester, „Nein, bestimmt nicht. Ihr habt mich doch erst in dieses Spiel hineingezogen. Am Anfang wollte ich nur dieses verdammte Interview mit Alexander Maar machen. Mehr nicht. Zu keinem Zeitpunkt habe ich eine Karriere bei Heyder angestrebt und ich wollte auch nie nach verschollenen Beschwörungsbüchern suchen. Das ist alles einfach passiert und ich bin zwischen die Fronten geraten. Vielleicht bin ich auf Grund meiner Herkunft eine Magische , aber leider fühle ich mich nicht wie eine, sondern wie ein ganz normaler Mensch.“
Gelals Blick haftete weiterhin auf ihr. Ob er Mitleid, Neugier oder auch nur Irritation empfand konnte sie nicht einschätzen, aber wenigstens machte er keine Anstalten sie anzugreifen. In ihr regte sich leise Hoffnung. Wenn in diesem Wesen vor ihr noch irgendein Rest von Alexander steckte, musste sie alles daransetzen, um ihn aufzuspüren. Sie zwang sich und ergriff Gelals knochige, blutverschmierte Hand. „Ich habe Alexander nicht benutzt, denn ich habe mich in ihn verliebt. Und ich habe auch nie beabsichtigt, ihm zu schaden. Ganz im Gegenteil. Als ich erkannte, in welch hinterhältiges Spiel ich geraten war, habe ich versucht auszusteigen. Aber ihr ward es. Heyder, Eric und du, die mich immer tiefer in diese Sache hineingezogen haben. Als einzigen Ausweg, dem allem zu entfliehen, habe ich Alexander verlassen und meine Stelle bei Heyder gekündigt. Aber ich habe mich bei Heyders Kaltblütigkeit verkalkuliert. Das Leben meines Vaters liegt nun in seiner Hand und Heyder hat mir gegenüber keine Zweifel offen gelassen, dass er Eric großen Schaden zufügen wird, falls ich mich seinem Willen nicht beuge. Auch, wenn Eric nach dämonischem Ermessen unverzeihliche Dinge getan hat, sehe ich das als Mensch, von einer anderen Warte. Eric ist mein Vater; er hat mich großgezogen, er hat für mich gesorgt und uns verbinden tiefe Gefühle, die sich nicht so leicht ausradieren lassen. Und genau deshalb kann ich ihn auch nicht seinem Schicksal überlassen. Meine Gefühle kannst du mit Sicherheit nicht nachvollziehen, aber dann begreife wenigstens, dass ich, solange ich Heyder verpflichtet bin, zumindest so tun muss, als ob ich ihm zu Diensten stehe. So läuft das nun einmal in unserer Welt.“
„Was soll das heißen?“, fragte Gelal herausfordernd.
„Dass ich mich mit Heyder arrangieren muss und es bedeutet auch, dass solange ich bei Heyder arbeite über seine nächsten Schritte Bescheid weiß. Ganz simpel ausgedrückt, ich habe ihn ein Stück weit unter Kontrolle. Und wenn ich mich recht erinnere, warst du es,
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