Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
sein Ziel erreicht?“ Die Fragen schossen nur so aus Lilles Mund hervor.
Doro räusperte sich, während sie ihren Rücken dicht an Alexanders Körper schmiegte. Seine Nähe gab ihr Schutz und den nötigen Halt, die nächsten Sätze auszusprechen. „Lille, wenn es Heyder gelingt, die Zweiundsiebzig zu bannen… Dann ist er Gott. So einfach ist das.“
Lilles Gesichtszüge entgleisten zu einer maskenhaften Fratze. „Wie meinst du das?“
„Genauso, wie ich es sage. Er wäre der alleinige Herr über Leben und Tod und zwar über jede einzelne Kreatur, die auf diesem Planeten lebt. Er könnte willkürlich Krankheiten, Hungersnöte, Unfälle und vieles mehr über die Menschheit hereinbrechen lassen. Wir wären Heyder vollkommen ausgeliefert. Wenn er sein Ziel erreicht hat, ist Widerstand zwecklos, denn danach wird er jeden Krieg gewinnen. Mit Hilfe der Dämonen ist es für ihn kein Problem, sämtliche noch auf Erden verborgene Bodenschätze aufzuspüren. Und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass er alle ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen gnadenlos ausbeutet.“ Sie machte eine Pause und ließ ihre Worte wirken. „Und dann ist da noch eines“, fuhr sie fort, „Das seine Macht ins Unermessliche steigern würde. Er würde nicht nur die vier Elemente beherrschen, er wäre zudem in der Lage, die Naturgewalten zu kontrollieren. Mit einem Fingerschnippen könnte er Erdbeben, Schnee- und Wirbelstürme, Lawinenabgänge, Vulkanausbrüche und Flutkatastrophen heraufbeschwören.“
Lille war zu entsetzt für eine Antwort. Sie starrte Doro lediglich aus Angst geweiteten, grünen Augen an.
„Lille“, begann Doro mit heiserer Stimme. Sie fühlte, wie sich Alexanders Arme beschützend um ihren Körper legten. „Heyder darf niemals die Herrschaft über das Arcanum Daemonum bekommen.“
Alexander stand auf und warf ein weiteres Holzscheit in die Flammen. Es hatte nur selten Momente gegeben, in denen er gezeigt hatte, wie es in seinem Innersten aussah. Jetzt machte sein Mienenspiel kein Hehl daraus, dass ihm Doros Bericht ernsthafte Sorgen bereitete.
„Lass uns das Buch vernichten“, schlug Lille vor, „Wenn wir es verbrennen, kommt Heyder nicht mehr dran.“
„Das geht nicht“, gab Doro zurück, „Ich habe dir auch schon auf dem Weg hierher erklärt, warum.“
„Dann nimm noch einmal dieses Ding“, Lille zeigte hektisch auf das Arcanum , „und verbiete den Hauptgeistern, Heyders Befehlen zu folgen.“
Alexander hatte bisher geschwiegen. „Die Zweiundsiebzig lassen sich nichts verbieten.“
„Aber wenn Doro in der Lage ist, mit ihnen in Kontakt zu treten, dann kann sie Heyders Anordnungen doch…“
„Vergiss es, Lille“, fiel ihr Doro ins Wort, „Jeder Dämon verlangt für seine Hilfe einen Preis. Und der kann verdammt hoch sein. Im Klartext bedeutet das, ich müsste als erstes die Menschen opfern, die ich liebe. Und damit meine ich nicht nur Alexander. Du könntest ebenso auf der Forderungsliste stehen und genau solche Opfer kann und will ich nicht bringen. Sonst stünde ich auf einer Stufe mit Heyder.“
Alexander strich sich nachdenklich die dunklen Haare aus der Stirn. „Ich kann das Buch in der Mühle nicht mehr ausreichend schützen. Und auch für uns“, er nahm Doros Hand, „wäre es das Beste, wir wären nicht mehr hier, wenn Heyder herausbekommt, dass wir ihm eine Fälschunguntergeschoben haben.“
„Und das kann schneller passieren, als uns lieb ist“, murmelte sie.
Doro brauchte nicht lange über Alexanders Worte nachdenken, denn sie wusste, dass er recht hatte und sie alle schleunigst die Mühle verlassen mussten. In Windeseile sammelte sie die nötigsten Sachen zusammen, die sie für die kommenden Tage brauchten. Lebensmittel und warme Decken lagen bereits in Alexanders Geländewagen. Nach der vergangenen Nacht fühlte sie sich von dem Benutzen des Arcanums ausgelaugt, erschöpft und schläfrig, doch der Gedanke, in wenigen Augenblicken Heyders Zugriff zu entfliehen, wirkte wie ein Aufputschmittel. Sie musste nur noch das Buch einpacken…
Kapitel 31 - Enttarnt
Doros entsetzter Blick war starr auf Heyder gerichtet. Plötzlich war er aus dem Nichts aufgetaucht. Er trug denselben schwarzen Kaschmiranzug, wie an dem Abend, an dem sie sich das erste Mal in der Steinachmühle begegnet waren. Seine drahtige Gestalt füllte den schmalen Türrahmen fast vollständig aus. Das lackschwarze, kurze Haar glänzte unter der feinen Schicht Gel, die es zurückhielt und
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