Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
sein fein geschnittenes, jungenhaftes Gesicht wirkte blasser als sonst. Vielleicht lag es auch an dem dunklen Bartschatten, der Wangen und Kinn in akkurat gezogenen Linien umschloss. Hätte sie in diesem Augenblick das Bildnis eines Racheengels zeichnen müssen, wäre Thomas Heyder die perfekte Vorlage gewesen.
Immer noch blitzten seine Augen Doro zornig entgegen. Er hob den Arm und drehte seine Hand in Richtung seines Rückens. Einer der Begleiter reichte ihm ein Buch. Sie erkannte es sofort; es war die Kopie des Arcanums . Heyder blätterte gelangweilt in den alten Seiten.
„Netter Versuch“, sagte er, während sein Blick halb forschend halb lauernd zwischen Doro, Lille und Alexander hin und her wanderte. Er schlug geräuschvoll das Buch zu und hielt es in die Höhe. „Wer ist auf diese schwachsinnige Idee gekommen?“, wollte er wissen.
Alexander trat vor. „Ich“, gab er ruhig zurück.
Heyder grinste bösartig und schüttelte den Kopf. „Nein, mein Freund.“ Sein Zeigerfinger richtete sich in Zeitlupentempo auf Doro. „Es war ihre Idee. Auf so etwas kann nur ein Mensch kommen. Zugegebener Maßen, ich habe mich kurzfristig täuschen lassen, aber nachdem ich Ähnliches erwartet hatte, habe ich das Buch überprüfen lassen. Umschlag und Inhalt passen nicht zusammen. Unterschiedliche Entstehungszeiten. Das Buch selbst ist in Eblaitisch geschrieben. Keine Sprache, die oft auf Papier vorkommt, sondern eher auf Steintafeln zu finden ist. Für einen guten Archäologen ist es trotzdem kein Problem herauszufinden, was in dem Buch geschrieben steht. Und es ist sicher keine Überraschung für euch, wenn ich euch sage, dass es mit den Zweiundsiebzig nicht das Geringste zu tun hat. Es sind Kriegsberichte aus der Zeit der Kreuzzüge. Mehr nicht.“ Heyder warf das Buch achtlos auf den Boden und kam auf Doro zu. Hinter ihm drängten die beiden muskelbepackten Hohlköpfe vom Vormittag samt Eric in den Raum. Dicht vor Doro und Alexander blieb er stehen.
Er musterte Alexander von Kopf bis Fuß. „Wenn man überlegt, was ich heute Früh mit dir angestellt habe, muss ich zugeben, du siehst gut aus.“ Er drehte das Gesicht zu ihr herüber. „Was man von dir leider nicht behaupten kann“, knurrte er und nickte in Alexanders Richtung, „Ihm kann ich nichts anhaben, aber du bist dafür um so verletzlicher.“ In einer schnellen Bewegung hatte er ihren Arm ergriffen und schmerzhaft auf ihren Rücken gebogen. Instinktiv beugte sie ihren Rumpf nach vorn, um den unnachgiebigen Druck abzumildern, mit dem ihre Gliedmaßen verdreht wurden.
„Du tust mir weh“, rief sie.
„Das soll es auch, Liebes. Denn nur so kapiert unser dämonischer Freund vielleicht endlich, wie ernst die Lage ist.“
Alexander machte einen Schritt auf Heyder zu.
Heyders zweiter Arm legte sich um Doros Hals und verdrehte ihren Kopf, bis sie erneut aufschrie. „Bleib stehen oder ich schwöre dir, ich breche ihr das Genick. Es gibt noch andere Magische und ich bin mir sicher, im Gegensatz zu diesem kleinen Biest hier würden sie mir mit Freuden dienen. Der Verlust wäre demnach für mich zu verschmerzen. Es würde mich lediglich etwas mehr Zeit kosten. Für dich hingegen würde es alles andere als einfach werden, eine neue Braut zu finden. Oder irre ich mich da etwa?“
Alexander funkelte ihn zornig an, wich aber zurück. Er hatte das ausgesprochene Glück gehabt, dass ihm Doro zugesprochen worden war, so blieb ihm ein langer, Kräfte zehrender Kampf um eine etwaige Braut erspart. Von seinen Gefühlen zu ihr ganz zu schweigen.
Heyders Griff um Doros Hals lockerte sich. Er schob sich mit ihr zusammen auf die Sessel vor dem Kamin zu. Ihr Vater klebte an Heyders Seite wie ein Schatten. Mehrmals trafen sich Doros und Erics Blicke. Sie konnte nicht genau definieren, was sie von ihm erwartet hatte. Auf jeden Fall war es irgendeine Form der Hilfe gewesen, väterliches Mitgefühl oder eine Geste, die ihr verriet, dass er unvermittelt doch noch die Seiten wechselte und erkannte, welchen Wahnsinnsplan Heyder verfolgte. Aber nichts dergleichen stand in seinen Augen, außer einer abgrundtiefen Leere und die bedingungslose Treue zu seinem Herrn und Meister, Thomas Heyder. Sie fühlte, wie sich die klammernde Hand von ihrer Kehle löste. Heyder deutete mit einem Kopfnicken zu dem abgegriffenen Buch auf dem Trommeltischchen hin.
„So sieht also das echte Arcanum Daemonum aus“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu den im Raum Anwesenden. Er richtete das Wort
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