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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Reiff
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konnte, in welcher Sprache die Texte abgefasst waren. Den vielen Akzenten auf den Buchstaben nach zu urteilen, vermutete sie in Französisch.
    Das erste Drittel des Buches bestand aus reinem Text, ab und an von einer Überschrift unterbrochen. Danach folgte ein Teil aus vielen einzelnen Kapiteln. Jede neue Passage begann mit einer Art grafischen Strichzeichnung, die von eigentümlichen Schriftsymbolen begleitet wurde. Unter den Hieroglyphen folgten einige Zeilen Fließtext, dann ein Absatz, eine Zwischenüberschrift, an die sich ein deutlich längerer Textblock anschloss. Doro hatte weder eine Ahnung vom Aufbau noch vom Inhalt eines Beschwörungsbuches oder ob es so etwas überhaupt gab. Aber wahrscheinlich war das der Abschnitt, in dem einzelne Dämonen oder deren Arten beschrieben wurden. Sie blätterte mehrere Seiten weiter. Die Lichtverhältnisse hatten sich in den letzen Sekunden verändert. Das helle Licht des Mondscheins war in ein trübes Steingrau übergegangen. Sie blickte von den vergilbten Seiten auf. Schwere, weiße Wolken schoben sich auf ihrer Wanderung über den Nachthimmel vor die Mondsichel und entließen erste, federige Flocken in die Freiheit. So lange sie mit ihrem erfolglosen Entzifferungsversuch beschäftigt gewesen war, hatte sie die Stille kaum bemerkt, für sie war sie, genau wie die Glasvitrinen, ein Bestandteil dieses Zimmers gewesen. Doch plötzlich brach diese bedrückende Geräuschlosigkeit, die sie umgab, über ihr zusammen und sie spürte, wie sich ihr Herz mit jedem Schlag schmerzhaft gegen ihre Rippen presste. Ihr Mund war trocken und ihre Lippen fühlten sich spröde an.Ihr Magen krampfte sich zusammen, als müsse er glühende Backsteine verdauen und ihr Puls beschleunigte sich auf eine schwindelerregende Taktzahl. Und dann war es wieder da, dieses beklemmende Gefühl, mit dem sich drohendes Unheil ankündigte.
     
    Zuerst war es mehr eine dunkle Vorahnung, als dass sie seine Anwesenheit wirklich spürte. Doch es gab keinen Zweifel daran; er war mit ihr in diesem Raum. Sie hatte ihn nicht bemerkt, denn nichts hatte sein Eindringen verraten. Da war kein Knarren der alten Dielen gewesen, kein Kreischen der verzogenen Tür, keine Geräusche von Schritten, kein Atmen. Nichts. Nur die Gewissheit, dass er hinter ihr stand.
    Doros Augen waren starr geradeaus gerichtet. Sie wagte nicht, sich in diesem Augenblick zu bewegen. Draußen herrschte mittlerweile dichtes Schneetreiben. Die Flocken tanzten in demselben planlosen Durcheinander vor dem Fenster auf und ab, wie die Gedanken in ihrem Kopf. Der Mond war gänzlich hinter den Wolken verschwunden und das immer spärlicher werdende Licht, das durch die kleinen Sprossenfenster fiel, verbreitete in dem Zimmer eine zunehmend geisterhafte Atmosphäre.
    „Leg das Buch weg“, hörte sie ihn sagen. Der eisige Klang seiner Stimme war ohne jedes Gefühl und seine Worte schienen aus bodenlosen Tiefen an ihr Ohr zu gelangen, in denen nichts mehr außer dunkler Leere zu existieren schien.
    Zögernd klappte sie das Grand Grimoire zu, legte es zurück auf den Schreibtisch und rückte es danach noch hektisch das Buch auf der matt glänzenden Ledereinlage des Tisches zurecht. Denn ein aberwitziger Drang in ihr zwang sie plötzlich, das Buch exakt wieder so zu platzieren, wie sie es vorgefunden hatte.
    „Dreh dich um“, forderte er sie auf.
    Doro blieb reglos stehen. Es war nicht ihr Verstand, der das Ausführen seines Befehls verweigerte, es waren ihre Beine. Sie fühlten sich tonnenschwer an und Doro hatte keinen Zweifel daran, dass sie das letzte bisschen Halt verlor, sobald sie sich bewegte.
    „Du sollst dich umdrehen“, zischte er noch einmal. Seine Geduld war am Ende. Unvermittelt packte sie eine Hand an der Schulter und riss sie mit Wucht herum.
    Sie stolperte über die Ungelenkigkeit ihrer Beine. Alexander fing sie jedoch auf, während sich seine Finger mit der Festigkeit eines Schraubstocks um ihren Oberarm schlossen. Seine freie Hand ergriff ihr Kinn und drehte ihren Kopf in seine Richtung. Er war nackt, seine Haut schimmerte im diffusen Licht gleißend bläulich und alles an ihm schien auf seltsame Weise kraftvoller und muskulöser, als sie es in Erinnerung hatte.
    „Was tust du hier?“, fragte er.
    Doro sah ihm in die Augen. Alexanders Gesicht hatte jede Attraktivität verloren. Momentan schien es nur aus leuchtenden grüngoldenen Augen zu bestehen, die sie stechend fixierten. Sie hob wortlos die Schultern. Es hatte keinen Zweck, ihm

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