Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
seinen Namen konzentrieren, dann wirst du ihn finden. Dschinnanyar sieht jeden Tag anders aus. Die Dämonen, die dort wohnen, vertreiben sich ihre Zeit mit Magie. Sie erbauen Dschinnanyar jeden Tag neu. Heute ist es vielleicht eine mittelalterliche Stadt, morgen eine Südseeinsel, übermorgen kann es sein, als wärest du in New York. Eines aber gilt immer: Du musst auf der Hut sein. Traue niemandem, achte stets auf einen freien Rücken und schlafe so wenig wie möglich!“
„Hört sich toll an“, murmelte Sariel. „Ich freue mich schon darauf.“ Dann seufzte sie. „Danke, Saraswati. Noch eine letzte Frage: Wo würdest du suchen, um herauszufinden wie man Alexander helfen kann?“
„In der Bibliothek der Jahrtausende. Dort ist alles archiviert, was jemals geschrieben wurde. Das einzige Problem ist die Bibliothek zu finden, ihre Existenz wird geheim gehalten und nur wenige haben Zutritt.“
„Warum sollte es auch einfach sein?“, murmelte Sariel und verbeugte sich vor Saraswati. „Vielen Dank für den Unterricht. Ich hoffe, ich erweise mich als würdige Schülerin.“
Saraswati verbeugte sich ebenfalls, dann legte sie ihre rechte Hand aufs Herz. „Es war mir eine Ehre.“ Die Dämonin richtete sich auf und streifte einen Ring vom Mittelfinger ihrer linken Hand ab. Sie legte ihn auf ihre Handfläche und bot ihn Sariel dar. „Dies ist ein Kalari-Ring. Ein Meister gibt ihn seinem Schüler, wenn die Ausbildung beendet ist. Für dich habe ich Magie hineingewebt“ Saraswati lächelte. „Wenn du in Not bist - in wirklich großer Not - wird er dir helfen.“
„Danke! Vielen Dank.“
Saraswati sah sie mit einem ernsten Blick an. „Es gibt nichts zu danken. Du hast dich als würdig erwiesen.“ Mit diesen Worten löste sie sich auf. Eine schlanke Rauchsäule stieg in die Luft, ähnlich denen, die den Eingang zu Dschinnanyar bewachten. Zu spät fiel Sariel ein, dass sie die Inderin nicht gefragt hatte, wie der Ring ihr helfen würde.
Dschinnanyar. Der Eingang zu dieser fremden Welt wartete auf sie. Angst stieg in ihr hoch. Wer war sie, zu glauben, es mit mächtigen Dämonen aufnehmen zu können? Wie sollte sie deren wahre Beweggründe durchschauen und Freund von Feind unterscheiden?
31
Je näher Sariel dem Ausgang der Schlucht kam, desto stärker wurde der Drang, umzukehren. Jeder Schritt war ein bewusster Widerstand gegen diesen Zwang, der drohte übermächtig zu werden.
Nur noch fünf Meter , dachte Sariel und betrachtete die Felswände, die das Ende der „normalen“ Welt markierten. Sobald sie diese Wände passiert hatte, begann Dschinnanyar. Falls sie die letzten Schritte schaffte. Eine unsichtbare Barriere schien in der Luft zu stehen. Sariel musste sich dagegen stemmen, als erschwerte ihr ein starker Wind das Vorankommen. Aber es wehte kein Wind. Im Gegenteil, kein Lüftchen regte sich. Um sie herum nichts als undurchdringliche Stille. Nicht einmal der Gesang der Vögel war zu hören.
Wie in einem Vakuum.
Sie holte tief Luft und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nur noch drei Schritte dann hatte sie ihr Ziel erreicht. Sie hoffte nur, dass sie in Dschinnanyar diese Barriere überwunden hätte, denn lange würde sie es nicht mehr durchhalten, dagegen anzukämpfen.
Zwei Schritte.
Die Kräfte, die auf sie einwirkten, drückten sie zusammen und nahmen ihr den Atem.
Ein Schritt.
Es war, als müsste sie ihr Bein aus Treibsand ziehen, so schwer war dieser, letzte Schritt. Doch dann war es geschafft. Mit einem Mal befand sie sich auf der anderen Seite der Schlucht, inmitten eines Tals, durch das eine sanfte Brise wehte. Verwundert sah sie sich um. Die Luft war diesig, so als löste sich der Morgennebel gerade auf. Als sie sich umdrehte, zogen sich die Bergwände zurück. Das Tal wurde zu einer mit saftigem Gras bewachsenen Ebene. Die Halme gingen ihr fast bis ans Knie. Sie sah keine Bäume.
Der Himmel über ihr strahlte, und in weiter Ferne, konnte sie die Umrisse einer Stadt erkennen.
„Dschinnanyar“, flüsterte sie ehrfürchtig. Sie machte einen zögerlichen Schritt, dann noch einen. Aufatmend bemerkte sie, wie leicht es ihr wieder fiel, zu gehen.
Ibrahim Ebn Abu Ayub . In Gedanken sprach sie den Namen laut aus. Wenn Saraswati recht hatte, brauchte sie sich nur auf ihn zu konzentrieren, um den Weg zu seinem Haus zu finden. Ich habe keine Ahnung, was ich hier tue und wie ich mein Ziel erreichen soll . Der Gedanke war ebenso unwillkommen wie die
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