Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
Brunnen, Parkanlagen, Alleen und öffentliche Plätze. Alles war sauber und gepflegt und verströmte den Geruch von Mandeln und Zitronen. Nur Bewohner fehlten.
Und dann endlich war es so weit. Der Labrador, Sariel hatte ihn inzwischen auf den Namen Tamiro getauft, blieb vor einem Haus stehen. Der imposante Bau nahm einen gesamten Straßenblock ein. Die Eingangstür war fast so groß wie die Stadttore. Mit einem Mal kam Sariel sich klein und unbedeutend vor. Wie konnte sie glauben, ein mächtiger Dämon würde ihr helfen? Sie wusste nichts über Ibrahim Ebn Abu Ayub, außer, dass er Alexanders Mentor war.
Mit dem Gefühl einen Fehler zu begehen, betätigte Sariel den großen Türklopfer in Form eines Löwenkopfes. Sie zuckte zusammen, als der mit einem lauten Krachen auf das Holz fiel. Jetzt wusste die ganze Stadt, dass sie hier Einlass begehrte. Wenn es denn Bewohner gab.
Viel zu schnell wurde die Tür aufgerissen. Vor ihr stand ein Mann - ein Wesen, kein Mensch. Seine Gesichtshaut war von durchscheinendem Alabaster. Das Gesicht zeichnete sich durch hohe Wangenknochen aus, die scharf konturiert waren. Seine Augen waren silberfarben und die Haare, die ihm bis zur Hüfte gingen, so schwarz wie die Nacht. Er war in einen hellblauen Burnus gehüllt, der seine schlanke hochgewachsene Figur betonte.
„Tritt ein. Der Herr erwartet dich!“ Seine Stimme war ein melodisches Windspiel. Trotzdem schaffte er es gereizt zu klingen, so als hätte sein „Herr“ schon viel zu lange warten müssen.
„Ibrahim Ebn Abu Ayub erwartet mich?“ Trotz der einladenden Handbewegung mit dem ihr Gegenüber ihr bedeutete einzutreten, rührte sich Sariel nicht von der Stelle. Tamiro, der geduldig neben ihr stand, bellte einmal laut auf, so als wolle er ihr zu verstehen geben, sie solle sich in Bewegung setzen.
„Natürlich.“ Der Mann drehte sich um und verschwand im Inneren des Hauses, ohne darauf zu warten, ob sie ihm folgte. Sariel überwand die Angst, die in ihr brodelte. Sie war hier, um Alexanders Mentor zu treffen. Je eher sie es hinter sich brachte, desto besser. Zumindest scheint er nicht gefährlich zu sein , dachte sie, während sie ihrem Führer durch eine verwirrende Anzahl von Gängen folgte. W enn Tims Aussage irgendeinen Wahrheitsgehalt hat .
Fast hätte sie den Dienstboten umgerannt, denn ohne Vorwarnung blieb dieser vor einer Tür stehen, öffnete diese und verkündete „Sariel Halder!“
Mit Tamiro an ihrer Seite betrat sie einen Saal, dessen Wände und Fußboden schwarz waren. Es war als herrschte ewige Finsternis, nur durchdrungen vom flackernden Licht der Fackeln, die die Wände säumten. Der einzige Farbklecks in diesem seltsamen Gemach bildete eine weiße Empore, auf der ein Thron stand. Eine schwarz gekleidete Gestalt saß darauf, Abu Ayub, wie Sariel vermutete. Darunter, eine Stufe tiefer, waren mehrere Stühle angeordnet auf denen ebenfalls schwarz gekleidete Wesen Platz genommen hatten.
Mit zögernden Schritten ging Sariel auf Abu Ayub, der laut Alexander einer der mächtigsten Dämonen in Dschinnanyar war, zu. Kurz vor seinem Thron blieb sie stehen und musterte Alexanders Mentor. Abu Ayub, wie sie seinen Namen in Gedanken mittlerweile verkürzte, hatte kurz geschnittenes graues Haar und einen gestutzten Vollbart. Sein Gesicht war wie das seines Dieners von durchscheinender weißer Farbe und wirkte, als gäbe es in seinem Körper keinen Tropfen Blut. Seine Gesichtszüge waren vollkommen regungslos und gaben keine Emotionen preis.
Tamiro legte sich neben sie auf den Boden, so als wäre er zufrieden damit, Sariel zu dem Mann gebracht zu haben, den sie aufsuchen wollte.
Unsicher, wie sie sich verhalten sollte, verbeugte Sariel sich knapp.
„Sariel Halder. Deine Reise hat länger gedauert, als wir annahmen.“ Obwohl Sariel Abu Ayub genau musterte, war seinem Gesicht noch immer kein Gefühl zu entnehmen. Nur seine Lippen bewegten sich. Dann sah sie zu einem der Stühle nach unten. Bis jetzt hatten die Männer, die dort saßen, ebenfalls keinen Muskel gerührt und fast so leblos wie ihr Gebieter gewirkt. Jetzt aber konnte sie der Mimik des Mannes, der am weitesten links saß, so etwas wie Missbilligung entnehmen.
„Es tut mir leid. Ich bin zum ersten Mal in Dschinnanyar.“ Sariel brach ab. Sich zu entschuldigen, kam ihr seltsam vor. Immerhin hatte sie ihre Absicht Abu Ayub zu besuchen niemandem außer Tim und Saraswati mitgeteilt. Woher also wusste er davon?
Der Mann, der ganz rechts von ihr
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