Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
saß, runzelte die Stirn. Dann hob Abu Ayub wieder zu sprechen an: „Alexander sollte alt genug sein, sich selbst zu helfen, ich weiß nicht, warum er ein Mädchen schickt, um sich aus dieser Situation zu befreien.“
Sariel verbeugte sich erneut, obwohl die Bewegung gegen ihren Willen geschah. Irgendetwas oder irgendjemand zwang ihr diese Ehrfurchtsbezeugung auf. „Alexander ist im Moment nicht in der Lage sich selbst zu befreien“, murmelte sie. „Aus diesem Grund hofft er auf Eure Hilfe.“ Die Anrede im Pluralis Majestatis klang seltsam. So als bestünde Abu Ayub aus mehreren Persönlichkeiten.
Ein weiterer der fünf Männer erwachte zum Leben. Sein Gesicht sah zornig aus. „Alexanders Aufgabe war es, Halder zu töten und dich vor Unheil zu bewahren. Er hat versagt. Es gibt keinen Grund ihm zu helfen.“
„Aber er ist in diese Lage nur gekommen, weil er mein Leben gerettet hat“, protestierte Sariel.
Der Zornige, wie sie Abu Ayubs Untergebenen in Gedanken nannte, richtete seinen durchdringenden Blick auf sie, während Abu Ayub weiter sprach: „Das ist ohne Belang. Alexander hat seine Mission nicht erfüllt.“
„Aber …“ Weiter kam Sariel nicht. Eine unsichtbare Hand drehte sie um, schob sie zum Ausgang und verwehrte ihr jedes weitere Wort.
„Wir gewähren Obdach für eine Nacht“, sagte eine Stimme in ihrem Rücken. Mit lautem Knall fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
Abu Ayubs Diener wartete bereits auf sie. Mit Erleichterung bemerkte Sariel, dass Tamiro noch immer an ihrer Seite war.
Der Diener führte sie erneut durch schmale, von Fackeln nur schwach beleuchtete Gänge. Trotz der Enttäuschung atmete Sariel auf. Der Raum in dem Abu Ayub residierte, war nicht nur einschüchternd gewesen, sondern hatte sich wie ein dunkler Schatten auf ihre Seele gelegt. Erst jetzt, nachdem sie ihn verlassen hatte, merkte Sariel, dass sie sich mit jedem Schritt besser fühlte. Wie befreit von einer unsichtbaren Last.
„Warum ist niemand auf den Straßen?“, fragte sie den Rücken des Mannes, der noch immer vor ihr herging, ohne ihre Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Er reagierte nicht. Erst Minuten später, als sie schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, murmelte er „Manchmal ist das so.“
„Aha.“ Sariel zog eine Grimasse. Er hätte genauso gut schweigen können, statt diese nichtssagende Aussage zu machen . Nach den Gesetzmäßigkeiten dieser Welt müsste er einer meiner besten Freunde sein , dachte sie ironisch.
„Ioni, wir haben einen Gast. Bitte gib ihr etwas zu essen und zu trinken.“ Die Anweisung riss Sariel aus ihren Gedanken. Ohne, dass sie es bemerkt hatte, waren sie in einem riesigen Raum angelangt, der die Küche sein musste. Hier könnten Armeen verköstigt werden .
Ioni, die Frau, die ihr Führer angesprochen hatte, sah … seltsam aus. Auf den ersten Blick war zu erkennen, dass sie keine Dämonin war. Aber was war sie dann? Ihre durchscheinende Gesichtshaut spannte sich straff über hohe Backenknochen. Jede einzelne Vene und Ader war in einem blassen Blauton zu erkennen. Ihre Haare sahen aus wie gesponnenes Gold. Sie war schlank und eher kleinwüchsig, denn sie ging Sariel nur bis zur Schulter. Um ihre Körpermitte hatte sie eine schwarze Schürze gebunden.
Ohne Sariels offenkundige Verwirrung zu beachten, verneigte sich Ioni und wies mit der der Hand auf einen Tisch. „Bitte nehmt Platz. Ich werde Euch sogleich zu Diensten sein.“
„Ihr braucht nicht, nennt mich einfach Sariel. Diese förmliche Anrede ist nicht notwendig.“
„Das geziemt mir nicht.“
„Oh. Ja, dann …“ Sariel wurde rot. Ionis Ablehnung machte ihr einmal mehr deutlich, wie fremd sie sich in Dschinnanyar fühlte und wie wenig sie von dieser Welt wusste. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, setzte sie sich an den Tisch und nutzte die Pause um sich umzusehen. Die Küche war nicht nur riesig, sondern auch auf das Beste ausgestattet, zumindest soweit sie es beurteilen konnte. Der Tisch bot sechzehn Personen Platz. In der Feuerstelle gegenüber könnte ein Mensch aufrecht stehen. Der eigentliche Herd verfügte über etliche Kochfelder.
Der Duft von frischgebackenem Brot hing in der Luft. Sariel lief das Wasser im Mund zusammen. Auch wenn Abu Ayub ein sehr seltsamer Dämon war, so war sie ihm doch dankbar, die Nacht in seinem Haus verbringen zu dürfen und etwas zu essen zu bekommen.
„Ich hoffe, es schmeckt Euch.“ Mit diesen Worten stellte Ioni einen mit Hähnchenkeule, Reis und
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