Dämonenfluch (Gesamtausgabe) (German Edition)
überließ sie Tamiro, der alles lesen konnte, was auf Arabisch, Hebräisch, Ägyptisch oder Aramäisch geschrieben war.
„Glaubst du, wir werden jemals etwas finden?“, fragte sie Tamiro, der gerade sein letztes Buch zur Seite legte.
„Ja. Es ist nur eine Frage der Zeit.“
„Aber davon haben wir nicht genug. Wir müssen uns beeilen. Mein Onkel …“ Sariel brach ab. Den Gedanken, dass sie Alexander in diese Lage gebracht hatte und ihr Onkel für dessen Qualen verantwortlich war, wollte sie nicht an die Oberfläche ihres Bewusstseins lassen. Sie mochte dank des Zweikampfes einen Teil ihrer Schuld abgetragen haben. Trotzdem war sie nicht davon befreit. Nicht solange sich Alexander in der Gewalt Torsten Halders befand.
„Ich wünschte es gäbe Telefon und ich könnte Tim anrufen, um ihn zu fragen, wie es Alexander geht“, murmelte sie.
Tamiro stand auf und streckte seine Hand aus. „Es geht nicht. Also bringt es auch nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Morgen machen wir weiter. Irgendwann werden wir das finden, wonach wir suchen.“
42
Der Geschmack von Blut auf seiner Zunge war nicht neu. Es tropfte aus Mund und Nase seit Halder eine neue Reihe an Experimenten begonnen hatte. Nicht lange und er würde verbluten, denn selbst Halder konnte nicht alles kontrollieren. Vor allem dann nicht, wenn er neue Einfälle an Alexander ausprobierte.
Stöhnend rollte Alexander sich auf den Rücken. Der Gedanke an Sariel lenkte ihn für einen Augenblick von seinen Schmerzen ab. Er fragte sich, wie es ihr ginge, ob sie noch lebte. Der Aufenthalt in Dschinnanyar konnte tödlich für sie enden. Tatsächlich war das der wahrscheinlichste Ausgang ihrer Mission. Es sei denn, Saraswati gab ihr, wie sie es versprochen hatte, den Ring.
Wenn Sariel die Hilfe des Rings in Anspruch nahm, gab es eine winzige Aussicht auf Erfolg.
Wobei der Ausgang ihrer Reise immer nebensächlicher wurde. Sein Tod rückte näher. Halder hatte bereits alles, was er von ihm wollte. Die Versuche, die er noch an ihm durchführen konnte, waren nichts anderes als ein Bonus.
Alexander schloss die Augen. Hätte er nicht unter dem Fluch des Siegels gestanden, hätte er niemals …
Das Bild des Halbdämons, den er aufgespürt und zu Halder geführt hatte, flackerte in seinem Bewusstsein auf. Der Banker hatte dessen Blut benötigt, um wieder zu Kräften zu kommen. Alexander konnte niemanden töten. Dafür sorgte das Siegel, aber er konnte Aufträge ausführen, die den Tod desjenigen bedeuteten, den er Halder zuführte.
Ich hätte ihn genauso gut selbst umbringen können.
Das Blut des Halbdämons vermischt mit Alexanders Blut hatte dazu geführt, dass Halder die schwarze Hostie kreieren konnte. Damit war er zum mächtigsten und stärksten Menschen auf der Welt geworden.
Tag drei in der Bibliothek! Sariel ließ für einen kurzen Augenblick ihren Kopf auf einem der dicken Bände ruhen. Ich weiß alles, was es über König Salomo und Dämonen zu wissen gibt! Wo ist die verdammte Information, die ich brauche?
Hoffnungslosigkeit breitete sich in ihr aus. Sie hatte ihr Leben riskiert, um hierher zu gelangen. Alles, was sie bisher erfahren hatte, war interessant. Mehr aber auch nicht. Vielleicht hat der Rat der Sechs sich deshalb auf diese Übereinkunft eingelassen. Sie wussten von Anfang an, wie meine Suche ausgehen würde.
„Sariel schlaf nicht ein.“ Tamiros Ellbogen knuffte sie sanft in die Seite. Müde hob sie den Kopf. Der Gestaltwandler war ein guter Freund. Ihr einziger in dieser fremden Welt. Ohne ihn wäre sie wohl längst ein paranoides Bündel voller Ängste.
„Was ist? Hast du etwas Interessantes gefunden?“
„Ich weiß nicht“, murmelte Tamiro. „Könnte sein. Lass mich noch diesen Absatz lesen.“ Mit vor Konzentration gerunzelter Stirn beugte sich ihr Gefährte tiefer über das Buch, dessen Seiten mit irgendwelchen Hieroglyphen bedeckt waren. Ohne Tamiro hätte sie keine Chance gehabt, auch nur die Hälfte der Bücher zu lesen, die es zu diesem Thema gab.
„Das könnte uns weiterhelfen.“ Tamiro sah vom Buch auf. Ein Lächeln breitete sich langsam auf seinem Gesicht aus.
„Nun mach schon. Lies vor!“ Dieses Mal war es Sariel, die den anderen mit dem Ellbogen anstupste. Mit einem Mal konnte sie kaum stillsetzen.
„Es ist ein Rätsel“, sagte Tamiro, „aber es bezieht sich direkt auf das Siegel.“
„Ein Rätsel?“, stöhnte Sariel.
„Hör erst einmal zu“, beruhigte sie Tamiro.
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