DÄMONENHASS
Wratha in wilder Freude auf, als Mauerwerk und Knorpelleisten von dem zerschmetterten Balkon umherflogen und aus dem Schutt eine erstickende Staubwolke emporwallte. Und als der Gifthauch des Untiers sich durch die Vorhangfetzen fraß, die an seinem grässlichen Kopf hingen, rief sie: »Nun, Vormulac, willst du den hier etwa auch ›beschlagnahmen‹?«
Wie alle Wamphyri-Krieger war auch dieses Wesen eine abscheuliche Mischkreatur – ein Frevel wider alle Gesetze der Schöpfung –, aber in diesem Fall umso abscheulicher. Auf der Alten Sternseite waren schlimmere, größere und weit scheußlichere Kreaturen aus Menschen und dem wandelbaren Gewebe von Vampiren erschaffen worden, aber hier in Turgosheim hatte kein Auge je dergleichen erblickt.
Der weiche Unterleib war von roten Flecken übersät, der Rücken, auf dem sich grell der Widerschein der Gaslaternen im Saal brach, silbrig geschuppt – das Wesen wirkte wie eine lebendige Maschine, ein Instrument des Wahnsinns, todbringender Raserei. Ohne jeden Zweifel war es von Canker Canisohn erschaffen worden, denn sein riesiges ›Gesicht‹ glich dem eines Fuchses! Über der Stirn funkelten rote, im Halbkreis angeordnete Augen, weitere Sehorgane reihten sich auf den gepanzerten Flanken, aber die Kiefer ...
Der Kopf war mit gleich drei Kieferpaaren versehen. Eins wies nach vorn, die beiden anderen klafften an den Seiten; alle offenbarten die Zähne eines urtümlichen Raubtiers. Hinter den tödlichen Zahnklingen klafften Schlünde, die einen Mann zur Gänze verschlingen konnten. Das zottige Wesen wies Cankers rötlichen Haarwuchs auf, der es noch fuchsähnlicher erscheinen ließ. Zwischen den einander überlappenden Schuppen sprossen eng anliegende Haarbüschel hervor, und steife, rote Stachelhaare schützten den Unterleib.
Entlang der Unterseite waren über Brust und Bauch des Kriegers die Schuppen beweglich und legten sich so über die nunmehr eingefahrenen Gasblasen. Von dem zackenbewehrten Rückgrat zogen sich entsetzliche Reihen von Greifklauen, Scheren, Stacheln, Keulen und scharfen Chitinplatten an den Flanken herunter. An seinem Körperende setzten beiderseits des Anus’ Stoßröhren, die denen eines Tintenfisches glichen, abscheuliche Dämpfe frei. Vom Kopf bis zum Schwanz maß das Wesen gut vierzig, in der Mitte neun Fuß. Der Staub hatte sich gelegt, und seine zahlreichen Augen nahmen mit starren Blicken die Szenerie in sich auf. Das winzige Hirn wartete auf einen Befehl – ganz gleich wie er lauten mochte – seines Erzeugers und Meisters.
Man konnte den großen Saal auch auf einem anderen Weg als durch den Torbogen verlassen. In der Rückwand hinter Vormulac, der wie erstarrt am oberen Ende der Tafel stand, waren Schlupflöcher eingelassen. Doch selbst wenn er fähig gewesen wäre, auf Wrathas höhnische Frage bezüglich der Beschlagnahme dieses Ungeheuers zu antworten, wäre es ihm unmöglich gewesen. Denn in dem Augenblick, als er verdutzt blinzelte und die Schocklähmung abzustreifen begann, stieß der gewaltige Eindringling ein markerschütterndes Kampfgebrüll aus!
Das reichte den Lords und Ladys. Mit Ausnahme zweier Unglücklicher, die bei der verheerenden Ankunft der Kreatur niedergestreckt worden waren, flohen sie. Als die verwundeten Jung-Lords sich aus dem Schutthaufen befreiten, gerieten sie in Reichweite der Kampfbestie.
Töte sie!, sandte Canker Canisohn seinen Gedankenbefehl aus. Der Krieger fiel über die angeschlagenen Lords her und beutelte sie wie ein Wolf, der einem Hasen das Genick bricht. Einen schleuderte er schreiend durch das zerborstene Fenster, den anderen zertrampelte er, bäumte sich auf und ließ sich auf den Tisch fallen, dessen Stücke in alle Richtungen flogen.
Und das reichte nun auch Vormulac!
Als er seinen fliehenden Gästen durch den Geheimgang folgte, sandte er dem verdatterten Geist seines kleinen Wächters ähnliche Anweisungen: Töte sie – alle sechs!
Sofort warf sich das Geschöpf auf Wratha und ihre fünf Kumpane. Sie streckte ihm ihre Waffe entgegen, drückte auf die Blase und entleerte ihren Inhalt direkt ins Gesicht der angreifenden Bestie.
Die Kreatur atmete sämtliche Tröpfchen in ihre vampirischen Lungen, ihren Organismus ... wich aufbäumend zurück, ließ alle Glieder zugleich rasseln ... stürmte mit neuer Entschlossenheit vor, röchelte jedoch und schüttelte heftig den gewaltigen Schädel.
Mittlerweile hatte Canker seinen Krieger herbeigerufen.
Mit einem kurzen, Übelkeit erregenden
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