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DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Hand aus. Sie umklammerte den Unterarm des anderen, und Nathan sagte: »Ich bin Nathan Kiklu von den Szgany Lidesci.«
    Der andere lächelte freudlos. »Szgany, sagst du? Die Szgany Lidesci? Von Siedeldorf? Na ja, es stimmt schon, dass zumindest der alte Lardis mal ein Wanderer war! Ich bin Nikha Sintana, und das sind meine Leute. Wir sind letzte Nacht ebenfalls in Zwiefurt gewesen, und ich verlor ebenfalls einen Bruder. Zumindest jemanden, der mir ein Bruder geworden wäre. So viel zur Sicherheit in den Dörfern! Und was das Davonlaufen betrifft ...«
    Sofort erkannte Nathan seinen Fehler und lenkte ein. »Dich zu kränken oder zu beleidigen, lag nicht in meiner Absicht!«
    »So habe ich deine Worte auch nicht aufgefasst.« Der andere schüttelte den Kopf. »Wir laufen tatsächlich weg, oder? Sollen wir denn in einem brennenden Baum sitzen bleiben, vergiftetes Wasser trinken, uns Steine um den Hals binden und sie in den Fluss schleppen? Sollen wir in einem Dorf leben und große Gemeinschaftsfeuer entfachen, um die Wamphyri zum Festmahl zu bitten?« Wieder schüttelte er den Kopf. »Ich glaube, dass nun ziemlich viele fortlaufen werden, so wie ich und die meinen. Aber die letzte Nacht – was für ein Fehler! Ausgerechnet diese Nacht mussten wir uns aussuchen, um sie in Gesellschaft von Sesshaften zu verbringen!«
    Während Nikha Sintana sprach, musterte Nathan ihn eingehend. Das tat er ganz offen; es entsprach der Art der Szgany im Umgang mit Fremden. Und was er erblickte, beeindruckte ihn.
    Nikha war, nun, vermutlich zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig Jahre alt. Die genaue Zahl seiner Lebensjahre war nicht zu bestimmen. Seine durchdringenden, hellwachen braunen Augen, die wettergegerbte Haut, die geschmeidigen, schlanken, muskulösen Arme und seine mühelos unverkrampfte Haltung ließen ihn alterslos erscheinen. Wenn Nikha sich gegen einen Baum lehnte, dann sank er nicht etwa dagegen. Der Baum schien ihm nicht nur eine Stütze zu sein, sondern wurde eins mit ihm und ließ seine Kraft auf ihn übergehen. Tatsächlich schien die Kraft der Natur aus jeder seiner Bewegungen zu sprechen.
    Seine Hakennase war fast so scharf gebogen wie der Schnabel eines Habichts, wirkte jedoch nicht grausam. Hinter seinen undurchdringlichen Augen verbarg sich ein wacher Verstand. Dennoch wich die breite Stirn so flach zurück wie die eines Wolfes. Er hatte schmale Lippen, die so zerfurcht waren wie alte Baumborke und wohl nicht oft lächelten, doch zur gleichen Zeit kam Nathan nicht umhin, die Lachfältchen um Augen und Mund zu bemerken. Alles in allem erinnerte ihn Nikha Sintana mit seinem dunkelgrauen, schulterlangen Haar an nichts so sehr wie an eine große, hagere Jagdeule.
    Der Wanderer schwieg und wartete darauf, dass Nathan etwas erwiderte. »Es tut mir leid, dass du jemanden verloren hast«, sagte Nathan. »Ich fühle mit dir und kenne deinen Schmerz gut. Denn so wie ich hast auch du einen Bruder verloren.«
    Nikha nickte. »Das Leid meiner Schwester ist allerdings größer. Sie wollte ihn heiraten. Das hätte ihn zu meinem Bruder gemacht.«
    »Ah!«, sagte Nathan leise.
    Er sah sich um. Die Zigeuner hatten ihre Tiere in den Schatten des Waldes geführt. Mehrere Zelte wurden errichtet. Unter einem Dreibein aus grünen Ästen rauchte bereits ein Kochfeuer, das mit trockenem Rindenzunder gespeist wurde. Wie Schatten bewegten sich Männer unter den Bäumen. Eine Armbrust surrte, und eine Taube fiel auf die sonnengesprenkelte Lichtung. Ein Junge strebte mit einer Angelrute dem Flussufer zu und sammelte dabei Larvenköder ein. Diese ganze, fast unbewusste Betriebsamkeit hatte etwas sehr Natürliches, etwas sehr Ansprechendes an sich. Nathan fühlte sich in Gesellschaft dieser Menschen ... behaglich. Nur war Behagen ein Gefühl, das er sich nicht leisten konnte.
    Er straffte die Schultern und sagte: »Ich sollte meine Suche fortsetzen.«
    Nikha ergriff ihn am Arm. »Ab und zu haben wir in Siedeldorf Halt gemacht. In den alten Zeiten und den neuen Tagen war Lardis Lidesci uns stets ein Freund. Ich bin kein Mann, der Schulden auf sich lädt, doch wenn sie auftreten, versuche ich sie stets zu begleichen. Du bist erschöpft, Nathan Kiklu. Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen. Du kannst genauso gut bei Freunden schlafen statt allein am Fluss, und wenn du dich ausgeruht hast, iss mit uns. Auf diese Weise wird irgendwann in der Zukunft meine Schuld auf dich übertragen sein. Aus kleinen Schulden dieser Art werden

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