DÄMONENHASS
auf die Sternseite entführt«, sagte er, und seine Stimme wurde hart. »Wenn sich die Dinge anders ergeben hätten, wäre sie vielleicht mein geworden. Jedenfalls nahmen wir uns keine Liebhaber und warteten aufeinander.«
»Ah, die wahre Liebe!« Maglore klimperte mit langen, fast pelzigen Wimpern und seufzte sarkastisch. »Canker, der alte Köter, hat sie bekommen, ja?« Er schüttelte den Kopf und gab ein mitfühlendes Schnalzen von sich. »Ich hoffe doch, dass du sie vergessen hast? Falls nicht, solltest du es nun tun.«
Darauf erwartete er keine Antwort.
»Versuche doch mal, meine Sorge, meinen Zorn zu begreifen«, sagte Maglore beschwichtigend. »Wenn du von einer meiner Kreaturen verführt wirst, bist du die längste Zeit Herr deiner selbst gewesen und von keinerlei Nutzen mehr für mich. Ich beabsichtige, dein Blut, deinen Leib und auch deinen Geist von allen Einflüssen frei und rein zu halten – mit Ausnahme jener, die von mir kommen. Denn ich habe die Vampire satt, und mitunter geht mir die Speichelleckerei der Sklaven nur noch auf die Nerven. Diese Situation ist indes nicht einzigartig; du bist nicht die erste zur Gänze menschliche Person, die in Runenstatt lebt ...« Er schwieg einen Moment und fuhr dann fort:
»Nun ja, zweifellos fragst du dich, warum ich hier bin. Da ich gerade hier entlangkam, wollte ich bei dir vorbeischauen und dich, vorausgesetzt, du seist wach, mit an meine Tafel nehmen. Du sollst sämtliche Mahlzeiten mit mir einnehmen, denn manchmal lechze ich nach der Gesellschaft gewöhnlicher Menschen. Außerdem hat es den Anschein, als müsste ich dich – zumindest vorläufig – in sicherer Verwahrung halten, bis ich andere Vorkehrungen treffen kann.« Seine Worte klangen nachdenklich, als spräche er zu sich selbst. Doch dann raffte er sich auf.
»Komm«, sagte er und ging zur Tür. »Du kannst dich in meinen Gemächern waschen, und während wir speisen, werden wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Ich wünsche dich näher kennenzulernen, mein Sohn. Schließlich liegt dein Wohlergehen in meiner Hand ...« Maglore warf einen Seitenblick auf Nathan, der sich mühte, mit ihm Schritt zu halten, aber die Gedanken des Seher-Lords waren nun so unergründlich wie sein Gesichtsausdruck.
Als sie aus dem Flur in den großen Saal traten, stand Nathan auf einmal vor dem Vampirmädchen, das versucht hatte, ihn zu verführen. Sie wandte sich sofort ab, aber Maglore hatte sie schon gesehen. Er verhielt im Schritt, nickte grimmig und rief sie zu sich. Lächelnd und dienstbeflissen trat sie mit dem schrecklichen, lautlos gleitenden Gang der Vampire näher.
»Aha«, sagte Maglore. »Also Magda. Du warst es.«
Sie funkelte Nathan böse an und wandte sich Maglore aufrecht zu, entschlossen, dies durchzustehen. »Aber er gehört doch zu deinen Sklaven, die du nach Runenstatt gebracht hast, Herr. Ich wollte ihn vor den anderen haben, das ist alles, und er gab mir Gelegenheit, als er sich bei mir nach dem Weg zu seinem Zimmer erkundigte. Aber wie der Zufall so spielt, ist er wohl eines von drei Dingen: ein Eunuch, eine Schwuchtel oder ein Kind, das immer noch denkt, sein Schwengel sei nur zum Pinkeln da! Ich ziehe jedoch einen Mann mit Rückgrat vor. Daher ist auch nichts passiert. Außerdem hatte ich ja keinerlei anderweitige Anweisungen.«
»Zu der Zeit vielleicht nicht«, sagte Maglore, nickte und stupste sie fast zärtlich unter das Kinn.
Sie rieb sich an ihm und streifte seine Schulter mit ihrer Wange. »Dann habe ich also keinen Fehltritt begangen?«
Maglore hatte eben noch fast gelächelt. Doch nun fiel die Maske ab, und er rief nach einem seiner Männer. Beim Klang seiner Stimme legte sich Schweigen über die Halle. Dann kam mit langen Schritten ein Offizier heran, und Magda versuchte zurückzuweichen. Maglore hielt sie jedoch fest.
Nathan überflog rasch die große Halle. In der Nähe grub sich eine Gruppe bleicher Knechte mit Meißeln in eine Bimssteinader hinein. Aber die Arbeit kam zum Erliegen, als die hageren, eingefallenen Gesichter sich dem Drama zuwandten. Tierhafte Augen schienen in morbider Vorfreude und so etwas wie grimmiger Erwartung aufzuleuchten. Einige Frauen, die an einem spärlich fließenden Wassergraben Wäsche walkten, sahen auf und stießen sich grinsend mit den Ellbogen an. Die meisten waren Arbeiterinnen, älter als Magda und wahrscheinlich eifersüchtig auf sie.
Maglore bemerkte sie ebenfalls. »Habt ihr ihn unter euch ausgelost?«, fragte er, als sein Offizier sich
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