DÄMONENHASS
Gewohnheiten.
Die kleinen Fledermäuse waren Insektenfresser. Ihre großen Vettern ... tranken Blut! Was Shaitan nur würdig und recht erschien: dass nämlich kleine Lebensformen sich ernähren sollten, indem sie noch kleinere Formen verspeisten. Größere Lebensformen nährten sich, indem sie ... nun, die Quelle des Lebens selbst zu sich nahmen! Nun glaubte er zu begreifen, warum er mit der gewöhnlichen Nahrung der wilden Tiere so unzufrieden war. Beeren, Früchte, Gräser? Was war das schon für jemanden wie ihn? Wasser? Was für ein Trank sollte das sein?
»Nein, nein!«, gelobte Shaitan sich. »Davon will ich nichts mehr zu mir nehmen. Das ist für die Huftiere und wimmelnden Pflanzenfresser dieser Welt. Doch für mich ... ist das Blut das Leben!« Und in ihm ergötzte sich (wenngleich geistlos und instinktiv) das noch unreife Sporenwesen, denn es war von gleicher Art und Einstellung – oder würde es bald sein.
Hinter den Bergen versank die Sonne. Die letzten gelben Strahlen verschwanden selbst von den höchsten Gipfeln. Im Norden leuchteten die Sterne heller und schienen sich wie verstreute Edelsteine über das Himmelsgewölbe auszubreiten. Ein eiliger Mond zog seine rastlose Bahn und verlockte die wilden Wesen im Gebirge zu ihren Lobgesängen. Unheimliche Wolfsstimmen hallten durch die Nacht der Sternseite, und Shaitan war beeindruckt von dem Geheul der jagenden Rudel.
Erneut griff er mit seinen stärker werdenden Vampirsinnen hinaus, um sie zu berühren und ihnen seinen Willen aufzuzwingen, wie er auch den Fledermäusen geboten hatte. Doch scheuten diese Kreaturen seine Berührung. Denn obwohl sie ungezähmt waren, verfügten sie über ein hohes Maß an Klugheit – das die Intelligenz der Fledermäuse bei Weitem übertraf – und waren argwöhnisch. Außerdem hatten sie eigene Anführer, die ihre Gewalt über das Rudel eifersüchtig wahrten.
»Hunde!«, nannte Shaitan sie da, knurrte seinen Zorn hervor und schmähte sie mit seiner Geistesstimme. Daher kam es (zumindest in dieser Welt) nie zu einer völligen Herrschaft der Wamphyri über die Wölfe. Spätere Vampir-Generationen, die allesamt Shaitan entsprangen, brachten hin und wieder einen Lord hervor, der diesen oder jenen einzelnen Wolf beherrschte oder sich mit ihm anfreundete, aber in den meisten Fällen wahrten die Grauen Brüder ihre wölfische Eigenständigkeit ...
Nach dreihundert Meilen, die ihn am Nordwestrand des Grenzgebirges entlangführten, traf Shaitan auf seinen ersten Stamm von Menschen oder dergleichen. Die Trogs – graue, lederhäutige Höhlenbewohner, die langsam dachten und sich ebenso langsam bewegten – hatten schon vor der Ankunft des Grauen Loches kaum ein urtümliches Stadium überschritten gehabt, doch nun, im siebten Jahrhundert nach der Katastrophe, waren sie wirklich primitiv geworden. Sie hatten eine ausgeprägte Angst vor dem Licht, zogen sich bei Sonnauf in ihre Höhlen zurück und gingen bei Sonnunter auf die Jagd. Sie lebten hauptsächlich von den Maden einer riesigen Mottenart, deren Flügelspanne eine ganze Männerhand maß, von Pilzen und kleinen Fledermäusen, die sie in Netzen fingen und dann rösteten. Dennoch waren sie Menschen; sie verstanden sich auf den Umgang mit Feuer und hatten eine eigene Sprache. Daher gaben sie für Shaitan die idealen Untertanen ab, die er seinem Willen unterwerfen konnte.
So geschah es.
Er sah, wie eine Gruppe von ihnen eine braune Bergkatze zur Strecke brachte, die sich auf die Hänge der Sternseite verirrt hatte. Sie fingen das Tier mit Netzen, schlugen es mit Keulen bewusstlos und machten ihm mit Knochenmessern ein Ende. Als sie ihm die Haut abziehen wollten, trat Shaitan aus dem Schatten eines Felsens hervor, in dem er geruht hatte, und erschien plötzlich unter ihnen. Sie erschraken und starrten ihn mit offenen Mündern an. Denn auch wenn sie sich ihrer eigenen Hässlichkeit nicht bewusst waren, war Shaitans Schönheit doch unübersehbar.
Nackt und stolz stand er im Glanz der Sterne vor ihnen, und sein Erscheinen wie aus dem Nirgendwo besaß nachgerade Zauberwirkung. Während die Trogs gebückt und unbeholfen liefen, war er von hohem, geradem Wuchs. Er lächelte auf seine finstere, spöttische Weise, wo sie nur gaffen und plappern konnten, und war wie ein Lichtstrahl, der unter die Schatten geraten war. Was allerdings den Tatsachen ganz und gar widersprach, denn in Wahrheit war er der Große Verderber, der sich unter die Unschuldigen begeben hatte.
Als sie näher kamen,
Weitere Kostenlose Bücher