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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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noch, dachte sie. Reiß dich zusammen! Danach kannst du dich für den Rest deiner Tage von diesem Schock erholen. Aber jetzt ist nicht die Zeit zum Nachdenken. Sie rannte los, als wären Furien hinter ihr her. Mit voller Wucht rammte sie Sandrine, packte sie an den Haaren und zerrte sie mit sich. Die Überrumpelung war perfekt. Sandrine schrie auf, aber Anna hatte ihre allerletzten Kräfte mobilisiert. Nur noch drei Schritte. Anna flog weiter. In allerletzter Sekunde erreichte sie Weller und riss ihm den Vertrag aus der Hand. Dann stürzten sie in die Tiefe. Anna, die Imperatorin von Amerika und ein Papier, das Leben oder Tod bringen würde.
    Anna fiel. Sandrine schrie immer noch. Das Geräusch hätte Glas zerspringen lassen und bohrte sich in Annas Kopf. Doch Anna ließ sie nicht los. Sie hielt sie immer noch fest, den ganzen langen, nicht enden wollenden Fall in die verlöschende grüne Flut.
    Die Hitzewelle traf Anna wie ein Schlag und wirbelte sie durch die Luft. Sie öffnete die Hand. Sandrine schwebte mit weit geöffnetem Mund an ihr vorbei. Sie schrie immer noch, aber Anna konnte nichts mehr hören. Entweder war sie taub geworden, oder das Innere des Vulkans begann wieder zu arbeiten und übertönte alles mit seinem Grollen. Anna breitete die Arme aus. Sie schien zu schweben. Ein tiefes Glücksgefühl breitete sich in ihr aus. Sie hatte getan, was sie tun musste. Sie hatte alles gegeben für den Mann, den sie liebte. Nun mussten die Dämonen der Elemente zeigen, wie sie mit ihren Amazonen umgingen. Die Hitze wurde stärker, aber sie machte Anna nichts aus. Glutschwaden zogen an ihr vorbei, und sie spürte, dass sie langsam nach unten gezogen wurde, ihrem Schicksal entgegen.
    Und dem von Sandrine. Weit unter sich erkannte sie gerade noch die dunkle Silhouette ihrer Rivalin. Leblos wie der Scherenschnitt einer Puppe stürzte sie in die Lava. Gewaltige Stich flammenschossen hoch, doch sie verletzten Anna nicht. Alles, was sie erkennen konnte, war Sandrines Leib, der plötzlich wie von grünem Gold überzogen schien. Sandrine glitt immer tiefer in die spiegelnde Oberfläche hinein. Eine erstarrte Statue ihrer Schönheit, die sich in dem auflöste, das sie geboren hatte.
    Die Glut um Anna herum musste die Temperatur eines Hochofens haben. Sie erkannte ihre nackten Arme in der flimmernden Hitze. Sie schienen wie mit Metall überzogen. Ihre Kleidung musste schon längst verbrannt sein. Auch der Vertrag war verschwunden. Sie glitt immer tiefer in das Herz des Vulkans, und sie hatte nichts mehr, das sie schützen konnte. Noch nicht einmal ihr Stein war ihr geblieben, irgendwo hatte sie ihn verloren. Anna sah nach oben, doch die Öffnung des Kraters schien kilometerweit entfernt.
    Sie schloss die Hände zu Fäusten. Ihr Körper reagierte noch. Also schien auch ihr Gehirn zu funktionieren. Sie fasste sich an die Brust. Nichts. Kein Herzschlag. Kein Leben. Sie war in einer Sekunde der Ewigkeit hängengeblieben. Dann schien alles um sie herum zu erstarren. Sie musste den Grund des Vulkans erreicht haben. Die Luft wurde zu Sirup, die Glut zu einer zähen Masse, die sie in sich aufnehmen wollte und ihren Fall immer mehr verlangsamte. Sie merkte, dass sie schon lange aufgehört hatte zu atmen. Ihre Haut schimmerte wie grünes Quecksilber. Unter ihren Füßen leuchtete die Lava wie ein spiegelglatter See. Anna beugte sich hinab und wunderte sich nicht, dass sie direkt über der Oberfläche schwebte. Mit dem Zeigefinger berührte sie die geschmolzene Zeit. Ein kleiner Wellenring breitete sich kräuselnd aus. Der Kreis wurde größer und größer, ein Ring gebar den nächsten, und als sie den Wellen nachsah, stellte sie fest, dass der See unendlich groß war. Sie hatte noch nie eine so gewaltige, leere Fläche gesehen. Sie musste bis an den Horizont und noch darüber hinaus reichen. Die Leere war so groß, dass Anna das Gefühl hatte, die Unendlichkeit zu erblicken.
    Mühelos drehte sie sich um. Weit oben, kilometerweit entfernt, war die Spitze des Vulkans. Der bleiche Schein des Him melswurde sofort von den Kraterwänden verschluckt. Sie erinnerte sich an das Licht der Morgenröte, das sie am Horizont wahrgenommen hatte. Bald wurde es Tag, bald war alles zu Ende. Würde sie die Aufgabe meistern, oder war es schon zu spät? Noch funkelten die Sterne am Himmel. Große, kleine, bleiche, strahlende. Das winzig kleine Stückchen Firmament erschien ihr wie ein letzter Gruß des Himmels. Traumverloren schaute sie nach oben; so lange,

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