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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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bestimmt ein edler Stoff aus einer italienischen Wollmanufaktur. Doch am bemerkenswertesten war das sympathische Lächeln, mit dem er sich jetzt von ihr abwandte, auf Vicky zutrat und ihr die Hand reichte.
    »VerzeihenSie. Ich habe mich nicht vorgestellt. Carl Weller.«
    Vicky sprang auf und stolperte vor Übereifer fast über ihre eigenen Füße.
    »V… Viktoria Luise Rie… m… meister. Sehr erfreut!«
    Wenn Weller ihr Stottern überraschte, so ließ er sich nichts anmerken. Damit punktete er zumindest etwas bei Anna, die es nicht ertragen hätte, eine spöttische Äußerung über die Freundin zu hören.
    »Ich erinnere mich an Sie«, fuhr er fort und ließ Vickys Hand immer noch nicht los. »Sie waren gestern im Kurpark, nicht wahr?«
    »J… ja.« Viel fehlte nicht, und Vicky würde einen Hofknicks machen.
    »Leider hat Ihre Kollegin versäumt, uns miteinander bekannt zu machen. Ist sie immer so unhöflich?«
    Anna schoss erneut die Röte ins Gesicht. Sie stand auf, umrundete ihren Schreibtisch und streckte nun auch Weller die Hand entgegen, damit er die völlig verunsicherte Vicky endlich aus seinen Klauen ließ.
    »Dann auch Ihnen einen Guten Morgen, Herr Weller. Was ist denn durcheinandergeraten bei Ihren vielen Terminen? Ist Ihre Sekretärin krank? Streikt der Hofstaat? Haben Sie sich in der Datumsgrenze geirrt?«
    Weller ließ Vicky los, ignorierte aber Annas ausgestreckte Hand. Immer noch lächelte er, doch seine Augen hatten sich um genau die Winzigkeit verengt, die aus einem herzlichen einen gefährlichen Gesichtsausdruck machte.
    »Ich irre mich nie. Deshalb wäre es vielleicht gut, wenn wir Ihre und meine Vorstellungen eines Terminkalenders besser synchronisieren?«
    Anna hob den Arm und blickte einen Hauch zu überrascht auf ihre Uhr. »Ein guter Vorschlag, denn ich habe jetzt leider überhaupt keine Zeit für Sie. Aber ich sehe gerne nach, wann ich Sie empfangen kann.«
    Weller drehte sich blitzschnell zu Vicky um, die Anna mit of fenemMund anstarrte und sich wohl gerade zu fragen schien, was in ihre Geschäftspartnerin gefahren war, dass sie einen möglichen Kunden so kühl behandelte. Als sie bemerkte, dass Weller sich an sie richtete, klappte sie erschrocken den Mund wieder zu. Mit ausgesprochener Liebenswürdigkeit fragte er: »Ob ich wohl einen Kaffee bekommen könnte?«
    »A… aber natürlich. Selbstverständlich. Leider f… funktioniert unsere Kaffeemaschine gerade nicht. Ich geh runter in den Coffeeshop. Sofort. Gleich. A… also jetzt. Latte? Capp… puccino? Espresso?«
    »Kaffee«, bat Weller freundlich. »Einfach nur Kaffee.«
    Vicky verschwand. Anna verschanzte sich wieder hinter ihrem Schreibtisch. Es schien ihr ratsam, eine stabile Barriere zwischen sich und Weller zu bringen, der schlagartig alle Umgänglichkeit verlor. Soweit sie sich erinnerte, hatte sie ihren gesamten Freundeskreis gebraucht, um die Tischplatte hier hochzuwuchten. Weller sah aus, als ob er die Platte samt Muranoglasvase mit einer Hand durchs geschlossene Fenster werfen könnte.
    »Ich gebe grundsätzlich keine Interviews.«
    Anna versuchte, seinem Blick standzuhalten, was ihr nicht leichtfiel. »Der Mann hat die Herausgabe der Fotos davon abhängig gemacht. Irgendetwas musste ich ihm dafür anbieten.«
    »Dann sprich das in Zukunft mit mir ab.«
    »Es gibt keine Zukunft. Nicht für uns beide.«
    Sie sah ihn mit der unschuldigsten Miene an, die sie im Moment aufbringen konnte. Weller war der Mann, der ihr noch nicht einmal einen »Kaffee danach« angeboten hatte. Ganz davon zu schweigen, mit welchen Gefühlen außer nagendem Hunger sie sonst noch das Hotel verlassen hatte. Sie wollte keinen Job von ihm. Alles in ihr wehrte sich gegen die Vorstellung, auch nur eine Minute länger die gleiche Luft zu atmen wie er. Er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, dass diese Nacht etwas für sie bedeutet hätte.
    Sein Blick durchbohrte sie. Sie spürte, wie ihre Hände anfingen zu zittern. Reine Nervosität, beruhigte sie sich. Und die Übermüdung.Wahrscheinlich spielt er sich bei jedem so auf, der sich nicht mit fünf Memos und zwanzig Aktennotizen abgesichert hat.
    Genau so ein Flattern hattest du, als Mama in der Klinik lag und der Professor mit uns sprechen wollte. Über zwei Stunden mussten wir auf ihn warten. Und dann hatte er genau dreieinhalb Minuten Zeit für uns. Zweihundertzehn Sekunden, um zu erklären, warum das Leben plötzlich seine Farbe verliert. Mama hat Georgia O’Keeffe geliebt. Sie hatte eine Kopie

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