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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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Flüchen gekostet hatte. Vor den Fenstern hatten sie blassviolette Jalousien angebracht und an die Wände mehrere Drucke von Blütenbildern in Weiß, Lila und Rosa gehängt. Vickys Büro war das erste, das die Besucher betraten. Dort hatte sich mittlerweile ein sehr gemütliches Chaos ausgebreitet, während Annas Büro relativ geordnet wirkte. Wenn sie wenig zu tun hatte, räumte sie auf. Das strukturierte die Gedanken und gab zudem noch das gute Gefühl, dass ein so verbrachter Tag nicht völlig sinnlos gewesen war. Die glänzende, schwarze Schreibtischplatte wischte sie jeden Tag ab, und eine Vase aus grauschwarzem Muranoglas füllte sie wöchentlich mit einem frischen Strauß Blumen. Anna brauchte Blumen, um sich wohl zu fühlen. Sie erinnerten sie an ihre Kindheit und die langen, nicht enden wollenden Sommer im Garten ihrer Eltern, wennRhododendron und Hibiskus, Rosen und Dahlien ein Feuerwerk an Farben entfachten, das bis weit in den Herbst hinein anhielt. Ein Foto ihrer Eltern, aufgenommen inmitten der paradiesischen Blütenfülle, stand direkt neben ihrem Monitor.
    Carl Weller hatte ihr den Rücken zugedreht und betrachtete die Bilder an der Wand, als bestätigten sie ein lange und mit Hingabe gepflegtes Vorurteil. Anna fühlte, wie die Hitze durch alle Poren ihrer Haut nach außen kroch. Es gab keinen Grund, sich zu schämen. Es waren hochwertige Drucke von Georgia O’Keeffe, und wenn sie sich die Originale hätte leisten können, dann säße sie jetzt nicht hier vor einem Terminkalender, dessen einzig ausgefüllte Zeile das Kommen des Gerichtsvollziehers ankündigte.
    »White Flower on Blue Earth« , sagte Weller, der sich ganz in den Druck zu ihrer Linken vertieft hatte. »New Mexico, 1944. Kennen Sie das Original?«
    Anna und Vicky schüttelten synchron die Köpfe, als hätten sie wochenlang dafür geübt.
    »Ich habe es der Smithsson Art Gallery gestiftet.«
    Das war eindeutig zu viel. Sogar für Vicky. Ihre Freundin betrachtete Weller, als habe sich ein Außerirdischer gerade in der Haustür geirrt. Weller drehte sich um und lächelte sie an.
    »Das war ein Scherz.«
    »Ach so«, erwiderte Vicky erleichtert. »Ich … ich dachte schon …«
    »Ich habe es ihr für vierzehn Millionen verkauft.«
    »Vier … vierzehn Millionen? Euro?«
    »Dollar. Leider.« Weller nickte betrübt und wandte sich noch einmal dem Bild zu. »Selbstverständlich viel zu wenig. Aber es ist eine gemeinnützige Stiftung, und ich neige in diesen Fällen dazu, meine Vorstellungen nach unten zu korrigieren. – Nur in diesen Fällen.«
    Sein Blick fiel auf Anna, die puterrot anlief. Sie hatte damit gerechnet, ihn nie wiederzusehen. Dass er nun in ihrem Büro stand und darüber plauderte, welches unerschwingliche Original er welcherkommunalen Galerie in New Mexico verkauft hatte, machte es für sie nicht leichter.
    »Bei anderen hingegen lege ich ziemlich hohe Maßstäbe an. Zum Beispiel, was meine PR-Arbeit angeht. Ich habe heute Mittag einen Termin, von dem ich nichts weiß. Könnten Sie mir das bitte erklären?«
    Er hätte sie ruhig weiter duzen können. Es war klar, dass Vicky alles wusste. Sie hatte wieder diesen Ich-auch-Blick. Den bekam sie immer, wenn am Nebentisch in Restaurants ein Gericht serviert wurde, das wesentlich leckerer aussah als das, das sie bestellt hatte. Vicky hatte einen Hang dazu, sich die falschen Dinge zu bestellen. Beim Kellner wie beim Leben. Auch darin sind wir uns ähnlich, dachte Anna. Sie beugte sich vor und musterte ihren Terminkalender mit gerunzelter Stirn.
    »Merkwürdig. Da muss so einiges bei uns durcheinandergeraten sein. Ich weiß auch nichts von einem Termin mit Ih nen.«
    Sie sah hoch, direkt in Wellers atemberaubend schönes Gesicht, in dem sich neben Ungeduld und mühsam zurückgehaltenem Ärger noch etwas anderes spiegelte, das Anna nicht deuten konnte. Er sah umwerfend aus. Es würde Anna immer ein Rätsel bleiben, wie andere Leute es schafften, nach einer Nacht ohne Schlaf und diversen zügellosen Ausschweifungen immer noch auszusehen wie aus dem Ei gepellt. Seine leicht gebräunten Wangen waren glatt und glänzten wie frisch rasiert. Die Haare fielen ihm gewollt leger in die Stirn, er trug ein blütenweißes Hemd, das genauso neu aussah wie jenes, das sie am gestrigen Tag an ihm bemerkt hatte. Was den Schluss nahelegte, dass er bestimmte Kleidungsstücke wohl nur ein einziges Mal trug. Die Manschetten lugten genau zwei Zentimeter aus den Ärmeln hervor. Sein Anzug schimmerte matt,

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