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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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seine Mütze ersetzt und sah immer noch leichenblass aus. Hubschrauberflüge waren nichts für ihn. Vor allem nicht, wenn Weller am Steuerknüppel saß. Aber das konnte er Jean-Baptiste jetzt nicht ersparen.
    »Ist der Vogel wieder aufgetankt?«
    Jean-Baptiste nickte mühsam.
    »Dannmach dich bereit. Wir nehmen die Cessna ab Neu-Isenburg.«
    Jean-Baptiste nickte wieder, wie man das von einem anständigen Untergebenen erwarten konnte. Aber er sah nicht fröhlich aus.
    »Und wohin, wenn ich fragen darf? Soll ich den Piloten informieren, damit er weitere Vorkehrungen trifft?«
    »Ja. Die Limousine soll in Luton bereitstehen.«
    Der Chauffeur ließ sich nichts anmerken. Allenfalls ein leichtes Zucken der linken Augenbraue deutete darauf hin, dass er ahnte, wohin die Reise gehen würde.
    »Aye, aye.«
    Weller ließ den Bildschirm erlöschen und lehnte sich zurück. Dann legte er die rechte Hand auf die Brust, hielt den Atem an und lauschte in sich hinein. Es war eine harte Nacht gewesen. Nicht nur die Umstände hatten ihn bis an den Rand seiner Möglichkeiten getrieben, auch die Entscheidung, die er hatte fällen müssen.
    Es war klar, dass er Annas Erinnerung an die fürchterliche Szene hatte löschen müssen. Es gab Dinge, mit denen ein normales menschliches Hirn einfach überfordert war. Er hatte erlebt, wie andere reagiert hatten: Sie waren wahnsinnig geworden, zusammengebrochen, einfach in Ohnmacht gefallen, an Ort und Stelle vor Schreck gestorben. Als Jean-Baptiste ihm erzählt hatte, dass Anna all das, was sich in und vor dem Haus ihres Vaters abgespielt hatte, einfach nur für einen schlechten Traum gehalten hatte, war die Lösung einfach gewesen: Er ließ sie in dem Glauben. Er löschte alles, woran sie sich erinnern könnte, ließ aber eine schwache Kopie der Ereignisse zurück. Allerdings montierte er sie zusammenhanglos, so dass Anna Traum und Wirklichkeit im Nachhinein nicht mehr unterscheiden würde.
    Es war einfach, in ihre Gedanken zu dringen, wenn sie sich nicht wehrte. Ein paar sehr unterhaltsame Momente lang hatte er sich sogar das Vergnügen gestattet, in ihnen spazieren zu gehen. Was er sah, gefiel ihm gut.
    Annawar drauf und dran, sich in ihn zu verlieben. Sie hatte die Fähigkeit zu leidenschaftlicher Bindung und Hingabe – wenn diese auch bisher nicht sonderlich in Anspruch genommen worden war. In einer hinteren Ecke hatte er ihren Exmann entdeckt. Er war das, was Weller erwartet hatte: eine hübsche Larve mit einem verrotteten Kern. Nicht unbedingt bösartig, aber feige, faul und einer von denen, die bewusst den Weg des geringsten Widerstands gingen. Einen Moment lang hatte er erwogen, ihn zu einem der Diener zu machen und ihn ein wenig nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Dann hatte er sich dagegen entschieden. Dieser Mann mit der Willenskraft eines Engerlings hatte die Privilegien eines Ghuls nicht verdient. Plötzlicher Reichtum – wenn auch überschaubar – und eine kleine Karriere waren das, was diesen Wesen normalerweise reichte, um ihr irdisches Dasein zu verpfänden. Weiter dachten sie nicht als von hier bis zu ihrem Porsche Carrera. Dieser Michael wäre letzten Endes genauso unbrauchbar, wie Guyot es für Sandrine gewesen war. Auszulöschen mit zwei Eimern Wasser.
    Noch immer musste Weller lächeln, wenn er daran dachte, wie Jean-Baptiste die Eliminierung von Guyot beschrieben hatte. Es war die älteste Sache der Welt: Feuer tilgte man mit Wasser. Weshalb die Herrscher des Feuers achtgeben sollten, wohin sie ihren Fuß setzten. Auf den Kontinenten anderer Imperatoren konnte es schnell gefährlich für sie werden. Sandrine hatte weder um Erlaubnis gebeten noch ihr Kommen angekündigt. Sie hatte sein Territorium in feindlicher Absicht betreten. Sie hatte ihm den Krieg erklärt.
    Europa war sein Gebiet, Amerika ihres. Der alte Vertrag hatte diese Teilung exakt festgelegt, bis hin zu den genauen Längengraden, damit sogar seine Frachtschiffe genau auf Kurs blieben und ihre Hoheitsgewässer nicht verletzten. Rund hundert Jahre war das gutgegangen. Dann aber häuften sich die Verluste. In den Medien war vom Bermuda-Dreieck die Rede. Von rätselhaften tektonischen Phänomenen weit unten auf dem Meeresboden, die dazu führten, dass Schiffe plötzlich für immer spur losverschwanden. Aber Weller wusste es besser. Sandrine hatte den Vertrag verletzt. Sie wollte mehr als einen Kontinent. Sie wollte die Welt.
    Das war auch der Sinn und Zweck ihres lächerlichen Versuchs, an ihm vorbei mit Qatar

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