Daemonenherz
Körper.
«Das nächste Mal trag ich dich nicht mehr.»
«Spass» à la Lucifel
Die beiden ließen mich allein. Mir blieb nichts anderes übrig, als in meinen Gedanken zu versinken.
Meine einzige Ablenkung bestand in den regelmäßigen Besuchen verschiedenster Dämonen, die einen Blick auf mich werfen wollten. Hier schien mich wirklich jede Kralle zu kennen. Der Celebrity unter den Gefangenen.
Ich fühlte mich schwach. Ausgelaugt. Allein. Leer. Verlassen. Alles in einer Kombination. Einem tödlichen Cocktail aus allen möglichen Gefühlen. Wenn ich es denn Gefühl nennen konnte. Ich hatte aufgegeben. Es gab nichts mehr weiter zu tun, als auf den Tod zu warten. Nein, zu
hoffen
.
Müde hob ich den Blick, als Belial meine Ketten löste.
«Was ist los?» fragte ich, aber sie schwieg. Ich bohrte nach. «Belial?»
Sie hob mich auf die Beine, packte meine Schultern und musterte mich eindringlich. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
«Lucifel will dich sehen.»
«Ist das schlecht?»
«Er sagt, du bekommst zu viel Aufmerksamkeit.»
«Aufmerksamkeit?» Ich zog eine Augenbraue hoch und folgte ihr brav.
«Du bist das Gesprächsthema Nummer eins. Du hättest alle um den Finger gewickelt.»
«Genau», knurrte ich. «In welcher Parallelwelt lebt der?»
Ich folgte ihr hinaus und stieg möglichst gelassen in die Kutsche vor Ygdrasil.
Ich hatte eine Scheiß-Angst. Obwohl ich es nicht darauf anlegte, hier zum Popstar erhoben zu werden, schien es so zu sein. So extrem, dass der Chef der Hölle es für nötig empfand, mir seine Zeit zu widmen.
Eine ruhige Stimme in meinem Hinterkopf murmelte die rettenden Worte: Who cares?
Sterben würde ich ohnehin bald. Ich lehnte zurück.
Meine Entspannung war nur von kurzer Dauer. Das ungute Gefühl überkam mich sofort wieder, als ich den Palast betrat. Wir durchquerten die Eingangshalle und betraten einen Saal.
Andächtig sah ich mich um. Durch die Glaskuppel konnte ich die Sonnenfinsternis sehen. Der schwarze Stein des Saales war geschliffen und pulsierte im silbernen Licht der verdunkelten Sonne. Hohe Säulen flankierten den Raum und ließen ihn mächtig und – zugegeben – furchteinflößend wirken.
Belial ging neben mir in die Knie und richtete ihren Blick auf den Boden.
Im fahlen Licht, das denn Saal erhellte, erkannte ich Lucifel am anderen Ende. Er saß auf einer Art Thron. Eine ziemlich protzige Sitzgelegenheit aus schwarzem Fels, die nicht einmal besonders bequem aussah. Wenigstens ein Kissen für den Hintern hätte ich mir zuallererst angeschafft.
Natürlich war er nicht allein. Zwei Weiber waren gerade mit ihm beschäftigt und bearbeiteten seinen halbnackten Körper mit ihren Lippen – oder Zähnen. Ich wandte beschämt den Blick in Richtung Bodenfliesen. Keine Fussel. Die sollten die Putzfrau mal bei mir vorbei schicken.
Seine Stimme lenkte meine Gedanken wieder auf ihn.
«Irial», rief er und richtete sich auf, sehr zum Unbehagen seiner Gespielinnen.
Sie jammerten wehleidig, als er einige Schritte in meine Richtung ging.
Was für ein Theater.
«Wie machst du das?»
Seine Stimme war sanftmütig und eiskalt zugleich. Eine Stimme, die mich zutiefst verwirrte. Ich mochte das Gefühl nicht, dass es in mir auslöste. Eine Mischung aus Panik, Verlangen, Angst und Sehnsucht. Echt beschissen.
«Ich», begann ich. «Ich weiß nicht, wovon du sprichst.»
«Sicher weißt du das.»
«Ich habe nichts getan!» wehrte ich mich.
Mein Herz raste.
«Natürlich nicht. Aber es nervt mich. Ich will, dass das aufhört.»
«Und was willst du tun?» platzte ich heraus.
Augenblicklich biss ich mir auf die Zunge. Aber wenn ich schon mal damit angefangen hatte, den Teufel persönlich anzublaffen, konnte ich doch auch gleich damit weiter machen.
«Willst du mich zu den Verdammten werfen? Oder soll ich mich ein bisschen in den Scherben da draußen wälzen? Was auch immer! Du hast mein Leben bereits zerstört. Überleben werde ich das alles vermutlich sowieso nicht. Also was willst du tun, hm?»
Ihm schien der Atem im Hals stecken zu bleiben. Einige Sekunden starrte er mich fassungslos an. Er begann zu lachen. (Das gefiel mir wiederum gar nicht.)
«Nein», antwortete er süffisant. (Das gefiel mir noch weniger.) «Du überraschst mich. Weißt du», begann er und kam näher. «Ich mag Menschen wie dich. Die ständig heulen. Rumjammern. Unglücklich durch ihr Leben stolpern. Solche wie dich gibt es wie Sand am Meer. Nur bei mir bist du ziemlich an die falsche Adresse
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