Daemonenherz
gehört zur Hölle?»
Belial grinste. «Hier kommen die Verdammten durch. Du wirst sehen, warum das hier so aussieht.»
Ich folgte ihr den Pfad an den Klüften des Vulkans hinunter. Plötzlich hielt ich inne. Mein Blick blieb an einer Gruppe Menschen haften, die gerade von einer Horde keifender Chimären zu einer Fähre getrieben wurde, die am Flussufer vor Anker lag. Eine einfache Holzkonstruktion, auf der gerade vielleicht dreißig Personen Platz hatten.
Die Menschen waren nackt und ihre Körper von den Krallen der Chimären zerkratzt.
«Oh mein Gott», flüsterte ich erschrocken.
«Reiß dich zusammen. Das sind Menschen. Begründer der Grausamkeit und Abschaum, zumindest diejenigen, die hier landen.»
«Was ist mit den Neutralen?»
Belial lächelte und legte mir die Hand auf die Schultern. «Ich sehe, du hast Grips. Keine Sorge, die Neutralen werden anders behandelt. Sie sind nicht in Sheol, sondern in Niflheim. In die Pfuhle kommen nur jene, die es verdient haben. Komm jetzt.»
Ich mochte den Gedanken nicht, dass Menschen hier so behandelt wurden. Egal was auch immer sie verbrochen hatten. Aber ich war nicht hier, um die Welt zu verändern. Ich war nur hier, um darin zu überleben.
Wir begaben uns mit ihnen auf die Fähre. Verängstigt starrten sie mich an, als ich nach ihnen auf das Floß trat.
«Charion, hier», rief Belial und warf dem Fährmann vier Münzen entgegen.
«Es ist mir eine Ehre, Lady Belial», krächzte er.
Er war alt und runzlig und nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Seine Rippen stachen deutlich hervor und mit einem Blick auf seine dünne und geknickte Haltung hätte ich ihm nie zugetraut, ein solches Floß steuern zu können. Aber er tat es. Mit einem kräftigen Ruck stieß er die Fähre vom Ufer ab.
Die Chimären flatterten aufgeregt um das Schiff herum, keiften und schrien markerschütternd. Viele der Menschen hier saßen stumm da, andere weinten. Ich ertrug den Anblick nicht und wandte mich ab.
«He du», rief Belial plötzlich und trat einem der Menschen ans Bein. «Was hast du getan, das du hier bist.»
Der Angesprochene verzog sein eingefallenes Gesicht zu einem Grinsen. «Hab so ne Schlampe umgelegt, die mir nen Korb gegeben hat. Vorher hab ich mich aber noch ausgiebig um sie gekümmert.»
Er grinste breit und musterte mein Dekolleté.
Mir wurde schlecht. Ich wurde wütend. Furchtbar wütend.
«Hat es dir gefallen?» fragte Belial weiter und der Angesprochene kicherte.
«Und wie, der blöden Hure hab ich's richtig gegeben. Und wie sie…»
Ich drehte mich um und schlug dem Mann mit voller Wucht ins Gesicht. Nicht sehr fest, dafür hatte ich zu wenig Kraft, aber immerhin. Ich hatte ihm eine geknallt.
Er starrte mich entsetzt an, ehe er breit grinste.
«Dich würde ich auch gern mal nageln. Ich bin sicher du schreist wie eine kleine Hure.»
Ich kämpfte gegen den Impuls, ihm noch eine zu verpassen. Stattdessen musterte ich ihn ruhig.
«Was wird ihn erwarten?»
Belial grinste mich an. Ihr schien mein Gedankengang zu gefallen.
«Ihn? Zuerst wird er einige Jahre genau das erleben, was er getan hat. Immer und immer und immer wieder. Er wird tausend Tode sterben und in seinem Fall etwas anderes, das ihm überhaupt nicht gefallen wird.»
Der Mann erbleichte und ein seltsames Gefühl der Genugtuung machte sich in mir breit.
«Wir werden sehen, in welchen Pfuhl er geworfen wird. Vermutlich
Ira
. Dort wird er am eigenen Leib spüren, was Zorn wirklich bedeutet. Ich hoffe das Ganze», sie grinste boshaft. «Wird ihn
befriedigen
.»
Ich nickte, wandte ich mich ab und krallte meine Hände in die Reling. Es tat gut das zu hören.
«Besser?» fragte sie, als wir die Fähre verließen.
Ich nickte.
«Das Tolle an Menschen ist, dass es Feiglinge sind», meinte sie belustigt. «Vor allem die, die etwas ausgefressen haben. Die meisten sind zu feige, um eine Flucht zu wagen. Deshalb bleiben sie hier. Eines musst du über sie wissen. Menschen sind grausam. Ihre Verbrechen und ihre Brutalität gehen weit über deine Vorstellungskraft hinaus. Aber sie sind Teil dieser Welt. Teil unserer Welt. Alles ist verbunden.»
Das konnte ich nur schwer nachvollziehen. Ehrlich gesagt war es mir auch egal. Es stand mir nicht zu, über die Menschen hier zu richten. Das taten andere. Ich war hier nur eine Spielfigur auf einem riesigen Spielbrett. In einem Spiel, über das ich keine Kontrolle hatte. Ich sollte mir angewöhnen, mich nicht um die Sorgen und Probleme der anderen Spielfiguren zu
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